Nach dem schwarzen Montag Computerbasierte Händler weisen Mitschuld für Börsenbeben von sich

Nach dem Börsencrash am vergangenen Montag suchten viele die Mitschuld bei computerbasierten Händlern. Nun melden sich diese zu Wort.

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Algorithmen können automatisch riesige Handelsvolumina bewegen. Ob sie auch Crashs beschleunigen können? Quelle: dpa

Düsseldorf Wer ist für den schwarzen Montag an der Wall Street und die auf ihn folgenden, weltweiten Börsenschocks verantwortlich? Jedenfalls nicht Algotrader, wenn es nach Luke Ellis, CEO von Man Group, geht. Sein Hedgefonds setzt massiv auf Algorithmus basierten Handel. Zwar hätten Futures-Händler, die mittels Algorithmen auf Aktienkurse wetten, ihre Positionen verkauft. „Aber das ist nicht wahllos geschehen“, so Ellis in einem Interview mit der Finanznachrichtenagentur Bloomberg.

Stattdessen hätten Ellis zufolge die Sorgen um den Anstieg der Inflation in den USA den Crash am Markt verursacht. „Eine hohe Inflation könnte zu einem Ausverkauf auf dem Anleihemarkt und damit auch zu einer Anpassung der Aktienpreise führen“, sagt Ellis. So wären die aktuellen Bewertungen der Aktien aus seiner Sicht nur gerechtfertigt, wenn die Renditen für Anleihen im Schnitt bei drei Prozent lägen. „Steigen sie über vier Prozent, sind Aktien nicht mehr korrekt bewertet.“

Mit dieser Meinung ist Ellis nicht allein. Auch Adena Friedman, CEO der Technologie-Börse Nasdaq, glaubt nicht daran, dass Computer eine Mitschuld am Crash tragen: „Die Bewegung, die wir in den vergangenen Tagen an den Märkten gesehen haben, ist vor allem auf menschliche Emotionen zurückzuführen“, sagte Friedman in einem Interview mit dem US-Sender CNBC.

Auch er glaubt, dass vor allem die Sorge um steigende Inflation und damit noch nicht erwartete Zinssteigerungen durch die Fed für den Kursrückgang verantwortlich sein müssten. „Ich glaube, dass Menschen nach wie vor für die Entscheidungen an den Märkten verantwortlich sind“, so Friedman. Algorithmen würden diese Entscheidungen lediglich verstärken.

Hedgefonds und Händler, die wie die Man Group auf computerbasierten Handel setzten, sind immer wieder Thema, wenn es an den Börsen rapide auf- oder abwärts geht. Das Problem: Anders als bei aktiven Fondsmanagern, die Kraft ihres Verstandes und Erfahrung handeln, entscheidet bei Computerhändlern der Algorithmus, wann gekauft und wann verkauft wird. Werden also bestimmte Marken durchbrochen, werfen die Trading-Roboter automatisch Aktien auf den Markt – und treiben die Kurse weiter in die Tiefe.

Seit der Dow Jones am 5. Februar binnen weniger Stunden beinahe fünf Prozent einbüßte und auch die Börsen in Europa und Asien beträchtlich Federn ließen, sehen einige Strategen und Manager eine Mitschuld an der Heftigkeit der Korrektur bei solchen computerbasierten Händlern.

Für Union-Investment-Stratege Benjardin Gaertner etwa waren die Sorgen um die steigende US-Inflation nur der Initialzünder des Kursrückgangs, nicht aber der Beschleuniger. „Was wir aber am Montag und in der Nacht zum Dienstag gesehen haben, waren vor allem technische Reaktionen auf diese initiale Marktbewegung. Hier haben unter anderem systematische und quantitative Investoren Verkaufssignale umgesetzt“, sagte er im Interview mit dem Handelsblatt.

Inzwischen haben sich die Börsen etwas erholt. Der Dax beschloss den heutigen Dienstag mit einem – gemessen an den Schwankungen der vergangenen Tage – moderaten Verlust von 0,7 Prozent auf 12.243 Punkten. Der US-Leitindex Dow Jones notierte zuletzt 0,3 Prozent höher bei 24.669 Punkten.

Übrigens: Der Technik zum Trotz konnten die computerbasierten Hedgefonds ihre Anleger nicht vor Verlusten bewahren. Insgesamt haben Hedgefonds, die eine trendbasierte Strategie verfolgen, in der vergangenen Woche rund acht Prozent Rendite verloren, zeigen Bloomberg-Daten.

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