Nach dem Zinsentscheid Erdogan wettert gegen Zinserhöhung - Lira wieder unter Druck

Präsident Recep Tayyip Erdogan verliert offenbar die Geduld mit den türkischen Notenbankern. Analysten warnen bereits vor einer neuen Lira-Schwäche.

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Türkei: Die türkische Lira gibt wieder nach Quelle: Reuters

Istanbul Nach der Zinserhöhung in der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdogan die Notenbank erneut heftig kritisiert. Seine Geduld habe Grenzen, sagte er am Freitag vor Vertretern der regierenden AKP über die Zinspolitik der Währungshüter. Am Donnerstag hatten diese gegen den erklärten Wunsch des Staatschefs den geldpolitischen Schlüsselsatz kräftig um 6,25 Prozentpunkte auf 24 Prozent erhöht. Es sei der Notenbank binnen 15 Jahren nicht gelungen, ihr Inflationsziel einzuhalten, sagte Erdogan, der die Arbeit der Währungshüter bereits kurz vor dem Zinsentscheid harsch verurteilt hatte.

Das von einer Währungskrise und Kapitalflucht heimgesuchte Land hatte unter Investoren vor allem deshalb an Vertrauen verloren, weil Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank aufgekommen waren. Erdogan sagte nun, man werde nach der Zinserhöhung die Ergebnisse der Unabhängigkeit der Notenbank sehen können.

Der Staatschef forderte zugleich alle Türken auf, Vertrauen in ihre Währung zu haben. Sie sollten sämtliche Ersparnisse in Lira umtauschen. Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank hatten mit dazu beigetragen, dass die Lira seit Jahresbeginn mehr als 40 Prozent an Wert verloren hat.

Nach dem Zinsentscheid vom Donnerstag wertete die Lira zunächst deutlich auf, geriet nach den Äußerungen Erdogans jedoch wieder unter Druck: Ein Dollar verteuert sich zur türkischen Devise um 0,4 Prozent auf 6,10 Lira, ein Euro kostet 7,13 Lira. Laut Erdogan ist die Talfahrt der Lira Ergebnis einer „abscheulichen wirtschaftlichen Attacke“, die nach einer Serie von Äußerungen aus den USA in Gang gekommen sei.

Analysten warnten bereits vor einer neuen Schwäche der Lira, die in diesem Jahr bereits rund 40 Prozent an Wert verloren hat. „Die Zinserhöhung war der richtige Schritt, aber wichtig ist jetzt, wie der türkische Präsident sich zur Straffung der Geldpolitik positioniert“, sagte Ökonom Kota Hirayama vom Brokerhaus SMBC Nikko Securities. Es sei naiv zu glauben, Erdogan respektiere die Unabhängigkeit der Zentralbank.

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