Nachhaltige Geldanlage Mehr Klarheit auf zwei Seiten Papier

Eine neue Plattform soll nachhaltige Geldanlagen transparenter machen. Das Angebot der FNG ermöglicht direkte Vergleiche der Fonds. Allerdings gibt es Unterschiede in der Bewertung.

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Kundenberater und Kunde nach Abschluss eines Gesprächs. Quelle: dpa

Mehr als 375 nachhaltige Publikumsfonds existieren im deutschsprachigen Raum. Sie verwalten ein Anlagevolumen von 34 Milliarden Euro in verschiedenen Konzepten. Anleger und Finanzberater beklagen dabei bisher mangelnden Durchblick. Das soll sich ändern: Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) veröffentlicht seit gestern auf www.forum-ng.de Fondsprofile zur kostenfreien Nutzung. Auf zwei Seiten werden die wesentlichen Elemente der jeweiligen Anlagestrategie beschrieben. So werden die Fonds vergleichbar gemacht. Den Start bilden rund 40 solcher kompakten Profile.

„Wann für alle Fonds Profile verfügbar sind, hängt von den Anbietern ab“, sagt Volker Weber, Vorstandschef des FNG, dem 170 Finanzakteure, Nichtregierungsorganisationen und Wissenschaftler angehören. Das Forum hat in zweijähriger Arbeit auch mit externen Experten eine Matrix entwickelt, die als Werkzeug online steht: Detaillierte Daten zu Inhalten und Methodiken ermöglichen direkte Vergleiche der Fonds. Berater und Anleger können sie mit einigen Mausklicks nach vielen Kriterien durchforsten und solche finden, die zu den eigenen Vorstellungen passen. Denn: „Matrix und Fondsprofile bieten eine Sortierhilfe, keine Werturteile“, betont Ingo Scheulen, Vorstand des Berater-Netzwerks Ökofinanz21, das die Beratungshilfe angeregt hatte, um mehr Transparenz in den Markt zu bringen.

„Die Werkzeuge entbinden Berater nicht von der selbstständigen Überprüfung des Marktes und der Produkte“, so Weber. „Die neutral vergleichenden Fondsprofile sind ausgesprochen gut, um Marktteilnehmer besser zu informieren“, kommentiert Thomas Kohrs von der Frankfurt School of Finance & Management. Die Daten liefern die Anbieter, das FNG überprüft sie teilweise und verdichtet sie.


Für Franzosen ist Atomstrom Klimaschutz

Ein Profil zeigt auf einen Blick, ob ein Fonds für Umwelt, Ethik & Soziales und Unternehmensführung (internationales Kürzel: ESG) Ausschlusskriterien hat und/oder einen Themenfokus. Und ob er andere Strategien verfolgt, etwa Auswahl von Branchenbesten („Best-in-Class“), Engagement durch aktive Firmendialoge, Stimmrechtsausübung oder eine „Integration“ von ESG-Aspekten in die Titelanalyse.

So wird ersichtlich, ob ein Best-in-Class-Fonds Atomenergie meidet und ein Umwelttechnikfonds auch Arbeitsrechte im Blick hat. Matrix und Profile listen die Ausschlusskriterien mit Toleranzschwellen auf sowie Positivkriterien, Allokation der Anlageklassen, Risikoklasse und einiges mehr. Das FNG strebt mittelfristig eine Überprüfung aller Daten wie vergleichbare Instrumente für Zertifikate, geschlossene Fonds und Produkte für Institutionelle an. Zudem widmet es sich der oft verlangten Kategorisierung in hell- und dunkelgrüne Fonds. Der Vorstand setzt sich für ein Qualitätssiegel mit Mindeststandards ein. Ihm schweben abgestufte Siegelvarianten vor, um unterschiedlichen Anlegerpräferenzen gerecht zu werden.

Eine Arbeitsgruppe ist eingerichtet. Rasche Ergebnisse sind jedoch nicht zu erwarten, da es schwierig ist, Mindeststandards festzulegen. Viele Interessengruppen sind einzubeziehen, um international akzeptierte und verbindliche Standards für das vielschichtige Thema Nachhaltigkeit zu etablieren. Kulturelle, geografische, gesellschaftliche und religiöse Rahmenbedingungen und Wertvorstellungen sind regional sehr verschieden.

Ein Beispiel: Für Deutsche ist Atomstrom tabu, für Franzosen ist er aktiver Klimaschutz. Man wird es nie allen recht machen können. Das gilt auch für Anlagestrategien. So kritisierte kürzlich eine Grünen-Studie den Best-in-Class-Ansatz, der keine Branchen ausschließt. Auf die Analyse von nur zehn Fonds folgte eine Verurteilung aller Fonds. Doch der Autor verkennt Sinn und Wirkung der Anlagekonzepte. Sie lösen einen globalen Wettbewerb um öko-soziale Leistungen aus.

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