Nicolo Salsano Wann der Fusions-Boom nach Deutschland kommt

Nicolo Salsano, Leiter des Investmentbankings Deutschland und Österreich der Credit Suisse, rechnet 2016 mit mehr Fusionen und Übernahmen in Deutschland. Ein Interview.

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Zwei Menschen schütteln sich die Hände Quelle: Tanusha - Fotolia

WirtschaftsWoche: Herr Salsano, 2015 war weltweit ein Rekordjahr bei Fusionen und Übernahmen. An deutschen Unternehmen ging der Boom jedoch weitgehend vorbei. Warum?

Salsano: Die Hintergründe hierfür sind vermutlich vielschichtig: Die deutschen Unternehmen stehen derzeit in der Breite recht robust da, sie verfügen über viel Liquidität und Eigenkapital, auch ihre Börsenbewertungen sind tendenziell gut. Diesen Status möchten viele Unternehmen halten, anstatt ihn mit einer größeren und möglicherweise komplexen Transaktion zu verändern. Vor diesem Hintergrund mag es durchaus sein, dass deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich bei M&A-Themen insgesamt zurückhaltender und risikoaverser vorgehen. Der im Verhältnis zum US-Dollar schwächere Euro hat 2015 aber sicher auch eine Rolle gespielt, weil er Zukäufe in den USA beziehungsweise in US-Dollar verteuert  hat.

Wird sich das im kommenden Jahr ändern?

Ich denke schon. Investoren fragen zunehmend nach der mittelfristigen Strategie, sie wollen wissen, wo künftig das Wachstum herkommt. Und durch die weltweiten Zusammenschlüsse werden in einigen Branchen die Karten ganz neu gemischt. Auch das setzt deutsche Unternehmen unter Druck. Wenn sie nicht handeln, drohen sie, international zurückzufallen.  

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Das wirtschaftliche Umfeld wird unsicherer, Übernahmen sind damit riskanter.

Sicher beobachten deutsche Manager sehr genau, wie sich zum Beispiel die chinesische Wirtschaft entwickelt. Dort ist es zu einer Abkühlung gekommen, gleichzeitig wächst die chinesische Wirtschaft aber immer noch. Außerdem richtet sie sich neu aus und schafft neue Strukturen, auch das mag mittelfristig zu einer Erholung der chinesischen Wirtschaft führen. Die Rahmenbedingungen für Transaktionen bleiben prinzipiell günstig – auch die US-Konjunktur beispielsweise entwickelt sich insgesamt derzeit gut. Und Finanzierungen sind weiterhin verfügbar und das zu guten Konditionen.

Die US-Notenbank Fed hat kürzlich erstmals seit fast zehn Jahren die Leitzinsen erhöht. Welchen Effekt hat das?

Die Kapitalmärkte hatten den Schritt ja erwartet und an sich ist das eine gute Nachricht, weil sie die Stärke der amerikanischen Wirtschaft zeigt. Was genau passiert, wenn 2016 noch weitere Schritte folgen, lässt sich derzeit schwer abschätzen. Durch das Auseinanderfallen der Zinsentwicklung in den USA und Europa wird der Euro im Verhältnis zum Dollar möglicherweise weiter nachgeben. Das hat auch Auswirkungen auf das Fusionsgeschäft . Noch 2014 haben einige deutsche Unternehmen große Zukäufe in den USA getätigt. Nun könnte sich der Wind wieder drehen und US-Käufer könnten sich vermehrt für Deutschland interessieren.

Werden deutsche Unternehmen also zunehmend zum Ziel auch feindlicher Übernahmen, wie sie etwa der kanadische Potash-Konzern 2015 beim deutschen Düngemittelhersteller K+S versucht hat?

Einzelne, nicht freundliche Transaktionen wird es vermutlich geben, aber die Mehrzahl wird nach meiner Einschätzung einvernehmlich ablaufen.  Feindliche Übernahmen sind in Deutschland nicht so leicht zu bewerkstelligen.

2015 fanden die größten Transaktionen in Deutschland zwischen Immobilienunternehmen statt, zum Beispiel bei der noch nicht abgeschlossenen Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia. Wo erwarten Sie 2016 die meiste Aktivität?

Der Konsolidierungsdruck ist in vielen Branchen groß. Stand heute gehe ich aber davon aus, dass wir beispielsweise in der Chemiebranche sowie in der Telekom- und Medienindustrie erhöhte Aktivität sehen werden.

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