Norwegischer Pensionsfonds Staatsfonds entscheidet über Private Equity – und die Zukunft des Mittelstands

Der 1998 aufgesetzte Fonds investiert in Aktien, Anleihen und Immobilien aus 77 Staaten. Quelle: dpa

Norwegens Staatsfonds ist legendär – wegen seines Volumens, aber auch wegen seiner Performance. Die soll mit Private Equity nun weiter angekurbelt werden. Ein umstrittener Plan, der auch deutsche Firmen berühren würde.

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Staatsfonds gelten normalerweise nicht unbedingt als schillernd, doch der Staatliche Norwegische Rentenfonds ist definitiv eine Ausnahme. Mit einem Volumen von knapp 900 Milliarden Euro gilt er als größter Aktionär Europas. Zudem konnte er 2017 eine Rekordrendite von 13,7 Prozent vorweisen – die höchste Verzinsung seit Gründung des Fonds.

Doch jetzt tobt ein Streit über die zukünftige Ausrichtung des Fondsgiganten. Um die hohen Erträge auch künftig zu sichern, schlug der Chef des Fonds, Yngve Slyngstad, im Januar vor, künftig auch in Private Equity investieren zu dürfen, also in nicht-börsennotierte Unternehmen. Aus Insiderkreisen heißt es nun, dass noch diese Woche über Slyngstads Vorschlag entschieden werden soll. Es wäre eine weitreichende Entscheidung, die die Ausrichtung des Fonds neu definieren würde. Auch deshalb ist sie so umstritten.

Dazu kommt: Die Gräben zwischen den Fronten sind tief. Auf der einen Seite steht neben Fondschef Slyngstad auch Zentralbankchef Øystein Olsen. Beide argumentieren, dass Private-Equity-Beteiligungen und möglicherweise auch Hedgefonds gut in das Risikoprofil des Staatsfonds passten. Das Kalkül: Eine breitere Streuung soll auch langfristig die hohe Rendite sichern. Aus Anlegersicht eine gute Entscheidung, wie Holger Schmieding erklärt, Chefvolkswirt der Berenberg-Bank: "Für einen so großen Fonds halte ich es für richtig, Anlagen weit zu streuen und damit auch in Private Equity zu investieren."

Schon 2016 war der Aktienanteil von 60 auf nahezu 70 Prozent aufgestockt worden, festverzinste Anteile angesichts des Zinstiefs hingegen zurückgefahren. Aktuell hält der Fonds Aktienbeteiligungen an fast 9000 Unternehmen aus aller Welt, darunter an Giganten wie Apple, Nestlé, Royal Dutch Shell, Microsoft oder der Google-Mutter Alphabet. In Deutschland sind die Norweger an fast allen Dax-Unternehmen beteiligt, darunter etwa an Siemens, SAP, Adidas, der Deutschen Bank, Volkswagen und BASF.

Kritikern hingegen wird der Staatsfonds zu groß und zu unkontrollierbar. Der stetig wachsende Anteil an risikobehafteten Anlagen passt für sie schlecht zu einem Instrument, das von der Politik kontrolliert wird und den Wohlstand des Norwegischen Volkes absichern soll. Verantwortlich für den Fonds ist das Finanzministerium in Oslo, dem Gesetz nach ist er auch kein Pensionsfonds, sondern ein Instrument der Haushaltspolitik.

Ausgerechnet im Rekordjahr 2017 wurden die Stimmen aus der Politik immer lauter, die Aktivitäten des Staatsfonds einzudämmen. Im Gespräch ist etwa, nicht mehr in unsichere Sektoren wie Öl- und Gasfirmen zu investieren. Zudem sollen die Kontrollmöglichkeiten der Politik gestärkt werden. Manche fordern gar die Zerschlagung in zwei Teile, um den Fonds besser kontrollierbar zu machen.

Wie sich die Norweger entscheiden, könnte direkte Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben. Schon heute ist der Staatsfonds der größte Einzelaktionär im Dax. Dürfte er künftig zusätzlich in Private Equity investieren, könnte der Staatsfonds seine Fühler dann auch nach nicht-börsennotierten Unternehmen ausstrecken. In einem Interview mit dem "Focus" hatte Fondschef Slyngstad erst kürzlich Interesse am deutschen Mittelstand signalisiert. Es gebe viele erfolgreiche Unternehmen, in die er gerne investieren wolle, es aber bislang nicht dürfe, sagte Slyngstad. "Wir hoffen, dass sich das in diesem Jahr ändert."

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