Novartis, Bayer, Roche Die Chemie stimmt

Novartis, Roche, Bayer und Fresenius: Bei den Pharmakonzernen laufen die Geschäfte gut. Zwar mussten die Eidgenossen Kursrücksetzer hinnehmen. Doch das lag nicht an ihrer Qualität, sondern an Währungsturbulenzen.

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Trotz der Währungsturbulenzen bleiben die Aktien von Schweizer Pharmakonzernen Novartis und Roche weiterhin attraktiv. Auch die deutschen Gesundheitskonzerne erleben gerade ein Hoch. Quelle: dpa

Eigentlich gelten Pharma-Aktien als krisenresistent. Denn Krankheiten gibt es ja immer, ob die Wirtschaft brummt oder nicht. Soweit zur Theorie. In der Schweiz ist derzeit alles anders. Bis zum 15. Januar 2015 war die Welt in der Alpenrepublik noch in Ordnung. Als die SNB sich jedoch an dem Tag dazu entschied, den Franken freizugeben, brachen die Märkte zusammen.

Der Franken nahm gegenüber dem Euro massiv an Wert zu. Das trifft viele Schweizer Unternehmen, da sie durch die teurer gewordene Landeswährung schlechtere Exportchancen haben als zuvor. Unmittelbar nach der SNB Bekanntgabe rauschte der Swiss-Market-Index (SMI) vorübergehend um 14,6 Prozent in die Tiefe. Am Ende des Tages stand ein Minus von 8,7 Prozent zu Buche.

Am nächsten Tag ging es wieder um sechs weitere Prozent nach unten. Der Titel des zum Schweizer Leitindex SMI gehörenden Pharmakonzerns Novartis stürzte vom 15. bis 16. Januar von 99,60 auf 85,15 Franken ab – ein Minus von 14,5 Prozent. Danach ging es noch weiter bergab. Eine Woche nach dem Crash notierte das Papier sogar nur noch bei 82,50 Franken.

Der Konzern hat sich sowohl bei der Erforschung, Entwicklung und dem Vertrieb von patentgeschützten Medikamenten als auch bei Generika einen Namen gemacht. Darüber, wie es nun mit dem Titel von Novartis weiter geht, gibt es geteilte Meinungen. So hat die US-Investmentbank Morgan Stanley das Kursziel nach der Wechselkursfreigabe des Franken von 99 auf 85 Franken gesenkt, aber die Einstufung auf „gleich gewichtet“ belassen.

Mit Blick auf die Fundamentaldaten des Schweizer Pharmakonzerns geht Analystin Amy Walker weiterhin davon aus, dass die Ziele erreicht werden. JPMorgan hat die Einstufung für Novartis vor Zahlen für das vierte Quartal auf „Übergewichtet“ mit einem Kursziel von 110 Franken belassen.

Die Resultate dürften das Margenpotenzial des Pharmakonzerns trotz negativer Währungseffekte unterstreichen, meint Analyst Richard Vosser. Das Analysehaus Kepler Cheuvreux hat das Kursziel von 105 auf 97 Franken gesenkt, aber die Einstufung auf „Kaufen“ belassen.

Die Märkte hätten die Aktie des Pharmakonzerns ungerechtfertigt stärker abgestraft als die des Konkurrenten Roche, sagt Analyst Fabian Wenner. Dabei sei Novartis hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen deutlich weniger vom erstarkten Franken belastet.

Das Novartis-Papier dürfte sich deshalb seiner Ansicht nach in den kommenden Tagen im Verhältnis zu Roche erholen. Abgesehen von den Ereignissen an der Börse gab es für Novartis zuletzt gute Nachrichten: Das Unternehmen hat von der US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung für ein Medikament zur Bekämpfung der Schuppenflechte erhalten. Zuvor wurde das Medikament in der EU und in Japan registriert. Angesichts der mehr als 120 Millionen geschätzten Erkrankten, könnte dieser Durchbruch die künftigen Umsätze deutlich steigern.


Roche: Jahresziele dürften erfüllt werden

Wie ist es um den anderen großen Schweizer Pharmakonzern, Roche, bestellt? Der Konzern gehört wie Novartis zum Schweizer Aktienindex SMI und sieht sich als Weltmarktführer in den Bereichen Krebsbekämpfung, Transplantation und Diagnose.

Zwischen dem 15. und 16. Januar sackte die Aktie von 285,90 auf 243,30 Franken ab, was einem Minus von rund 15 Prozent entspricht. Eine Woche später stand sie bei 241 Franken. Unterm Strich hat Roche einen ähnlichen Einbruch hinter sich wie Novartis. Die Analysten sind wie bei Novartis nicht euphorisch, aber dennoch zuversichtlich gestimmt. Morgan Stanley hat das Kursziel für Roche vor Zahlen von 313 auf 280 Franken gesenkt, jedoch die Einstufung auf „Übergewichtet“ belassen. Der Pharmakonzern dürfte seine Jahresziele erfüllt haben, schrieb Analyst Vincent Meunier.

Die Dividende des Pharmakonzerns für das abgelaufene Jahr sollte um zehn Prozent steigen. Kepler Cheuvreux hat das Kursziel von 290 auf 255 Franken gesenkt, jedoch die Einstufung auf „Halten“ belassen. Der Pharmakonzern sei von der Entscheidung der Schweizer Nationalbank mehr betroffen als Konkurrent Novartis, so Analyst Wenner.
Dass Roche deshalb aber die Dividende kürzen werde, sei unwahrscheinlich. Die Schweizer Bank UBS hat das Kursziel für Roche von 295 auf 265 Franken gesenkt, aber die Einstufung auf „Neutral“ belassen. Die Aufwertung der heimischen Währung dürfte die Ergebnisse des Schweizer Pharmakonzerns 2015 und danach um rund 16 Prozent schmälern, sagt die Analystin Alexandra Hauber.
Der Schweizer Konzern hat in den kommenden Jahren einiges vor. Ein paar Tage vor dem Devisencrash kündigte er an, sein Krebsgeschäft mit einem Milliardenzukauf in den USA auszubauen. Der Arzneimittelhersteller beteiligt sich mit bis zu 56 Prozent an der Gentest- und Analysefirma Foundation Medicine (FMI). Für rund 780 Millionen Dollar übernimmt Roche bestehende Aktien und zeichnet für 250 Millionen Dollar eine Kapitalerhöhung. An der Börse traf das Vorhaben auf Zustimmung. Der Kurs war an dem Verkündungstag um zwei Prozent gestiegen.


Deutschen Pharma-Riesen haben Rückenwind

Interessant ist nun der Vergleich mit den deutschen Konzernen der Branche. Wenn es bei den Schweizern offensichtlich nur aufgrund der SNB zu den Kursturbulenzen gekommen ist und die Aussichten für den Sektor ansonsten gar nicht so übel sind, müsste es doch mit den beiden DAX-Größen Bayer und Fresenius bergauf gehen. Zudem der deutsche Leitindex in den Tagen nach dem SNB-Entscheid so hoch notierte wie noch
nie zuvor.

Die beiden Konzerne starteten mit Rückenwind in dieses Jahr. Beide gehörten in den vergangenen zwölf Monaten zu den Top-Performern. Fresenius schaffte ein Plus von 23,50 Prozent und Bayer ein Plus von 19,50 Prozent. Der Dax legte im gleichen Zeitraum nur um knapp sechs Prozent zu. Am 15. Januar stand der Bayer-Titel zu Börsenbeginn bei 118,40 Euro, eine Woche später waren es 123,10 Euro (+ 4 Prozent). Fresenius sprang in der Zeit von 46,73 auf 48,03 Euro (+2,8 Prozent).

Das US-Analysehaus Bernstein Research hat die Einstufung für Bayer auf „Outperform“ mit einem Kursziel von 125 Euro belassen. Laut Analyst Jeremy Redenius sanken die Chemikalienpreise zuletzt deutlich langsamer als die Betriebskosten der Branchenunternehmen. Die Deutsche Bank hat das Kursziel von 125 auf 135 Euro angehoben und die Einstufung auf „Kaufen“ belassen.

Bayer biete Anlegern hohes Gewinnwachstum bei einem niedrigeren Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) als der europäische Pharmasektor, meint Analyst Richard Parkes. Der Pharmasektor insgesamt sei fair bewertet. Die Bayer-Aktie zähle zu seinen „Top Picks“.
An der Stuttgarter Börse jedenfalls wurden am Donnerstag vor allem Knock-out-Calls und Call-Optionsscheine auf Bayer gekauft. Mit den Hebelpapieren setzten die Anleger eindeutig auf steigende Kurse der Leverkusener.

Bei Fresenius läuft es rund. Dafür sprechen nicht nur die steile Aufwärtstendenzen am Aktienmarkt, sondern auch die gesetzlichen Regelungen, die für Pharmafirmen stets ein wichtiger Faktor für Erfolg oder Misserfolg sind. Die Aufhebung eines Produktionsverbots für neue Arzneimittel in einem US-Werk hat gab den Bad Homburgern im Januar weiteren Auftrieb.

Bisher durfte Fresenius an dem 2008 übernommenen Standort zwar die laufende Produktion beibehalten. Die US-Gesundheitsbehörde (FDA) hatte allerdings vor Jahren die Dokumentation und Überwachung der Herstellung bemängelt. Diese Mängel hat das Unternehmen offenbar nun beseitigt.

Fazit: Ob in der Schweiz oder hierzulande. In der Pharma-Branche läuft es rund. Laut dem Finanzportal Onvista gehört der Sektor nach Einschätzung der Analysten zu den künftigen Gewinnern. Zugleich sollten Anleger bedenken, dass sich der Pharmasektor bereits im vergangenen Jahr überdurchschnittlich entwickelt hat. Analyst Richard Vosser von JP Morgan ist der Auffassung, dass die Titel der Branche mit wenigen Ausnahmen dieses Jahr nur noch über begrenztes Aufwärtspotenzial verfügen.

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