Öl-Ausblick der Internationalen Energieagentur Opec droht die Dauerkürzung

Die Ölnachfrage wird in den kommenden Jahren stark steigen. Doch das Ölkartell dürfte davon kaum profitieren.

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Die Amerikaner werden dem Ölmarkt „ihren Stempel aufdrücken“, glaubt Fatih Birol von der Internationalen Energieagentur. Quelle: dpa

Frankfurt Wenn heute in Houston mit der Cera-Week das größte Branchentreffen der Ölindustrie beginnt, dann dürften die meisten Produzenten nach drei Jahren der Ölpreisdepression wieder bester Laune sein: Öl kostet wieder deutlich mehr als noch vor zwei Jahren, Umsätze und Gewinne sprudeln.

Der Stimmung der dafür maßgeblich verantwortlichen Organisation erdölexportierender Länder (Opec) hat die Internationale Energieagentur (IEA) zum Auftakt des Treffens aber einen empfindlichen Dämpfer verpasst. In ihrem jüngsten Fünf-Jahres-Ölausblick stellt das Pariser Institut klar: Bis 2023 braucht es trotz starker Nachfrage kein zusätzliches Öl des Kartells.

Dabei klingt die eine Seite der Prognosen vielversprechend: Die globale Nachfrage werde bis 2023 um 6,9 Millionen auf dann 104,7 Millionen Barrel (à 159 Liter) pro Tag anziehen. Allerdings wird das „explosive Wachstum“, wie IEA-Chef Fatih Birol den Schieferöl-Boom schon umschrieb, rund 80 Prozent dieses gestiegenen Öldurstes stillen. Weitere 20 Prozent werden von Brasilien, Kanada und Norwegen gedeckt.

Unter dem Strich würde also kein weiteres Öl der Opec gebraucht. „Die USA werden den Ölmärkten in den nächsten fünf Jahren ihren Stempel aufdrücken“, sagt Birol. Damit bleibt das Ölkartell in seiner Kürzungsstrategie gefangen. Seit Januar 2017 verzichten die 14 Mitgliedsstaaten sowie zehn Partnerländer, darunter Russland, auf 1,8 Millionen Barrel ihrer Produktion.

Ziel des Markteingriffs ist es, das Überangebot am Ölmarkt abzubauen. Tatsächlich hält sich die Kürzungsallianz entgegen ursprünglicher Marktzweifel an das Abkommen. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) Öl hat sich seit Bekanntwerden der Pläne bis heute um mehr als 20 Dollar verteuert. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostet aktuell rund 65 Dollar.

Zwar fördern die Länder weniger Öl. Dank des gestiegenen Ölpreises bleibt ihnen unter dem Strich aber ein Plus, hat die IEA errechnet. Der Umsatz der Opec war 2017 um 344 Millionen Dollar pro Tag höher als noch im Jahr zuvor.

Dennoch könnte die Aussicht auf eine über Jahre andauernde Förderkürzung für einiges Ungemach innerhalb der Kürzungsallianz sorgen. Gerade in Russland drängen Staatskonzerne wie Rosneft darauf, mehr Öl fördern zu dürfen.

Klar ist auch, dass die Markteingriffe deutlich länger dauern, als die Opec selbst gedacht hätte. Noch zu Beginn der Kürzungen im Januar 2017 gab sich Khalid Al-Falih, der Ölminister Saudi-Arabiens, zuversichtlich, dass die Eingriffe nach einem halben Jahr nicht mehr gebraucht würden.

Wenige Monate später wurde das Abkommen bis Ende März 2018 verlängert, im Herbst dann bis Ende 2018. Nun mehren sich die Anzeichen, dass auch diese Frist wieder zur Disposition stehen könnte. Auf eine Frage von Reportern, wann denn mit einer Aufhebung der Kürzungen zu rechnen sei, erklärte Al-Falih Ende Februar: „Ich schätze, dass dies 2019 geschehen wird. Aber wir wissen noch nicht wann und auch noch nicht wie es vonstattengeht.“


Mehr Investitionen in neue Felder benötigt

Für Verbraucher birgt der Ausblick der IEA durchaus positive Nachrichten. Der weiter starke Anstieg der Schieferölproduktion sollte den Ölpreis relativ stabil halten. Für den Zeitraum über 2023 hinaus aber gibt sich IEA-Chef Birol weniger optimistisch. „Die geringen Investitionen bleiben ein Quell für Sorgen. Wir brauchen mehr Investitionen, um den natürlichen Produktionsrückgang in den bestehen Ölfeldern zu ersetzen und gleichzeitig die anziehende Nachfrage zu bedienen“, sagt der Ölexperte.

Hintergrund: Wenn der Druck in den Ölfeldern mit zunehmender Produktion abnimmt, reduziert sich auch die geförderte Menge. Jährlich müssten allein drei Millionen Barrel Öl ersetzt werden, ungefähr so viel, wie insgesamt aus der Nordsee gefördert wird, erklärt Birol.

Das allerdings ist nur möglich, wenn Geld in die Hand genommen wird. Mit rund 440 Milliarden Dollar wurde 2017 zwar ähnlich viel investiert wie im Jahr zuvor, vorrangig aber in kurzfristige Förderprojekte wie Schieferöl. Mit dieser Methode wird zwar binnen weniger Monate neues Öl angezapft. Doch während die Produktionskurve bei konventionellen, großen Ölreservoirs langsam und stetig abfällt, stürzt sie bei Schieferöl nach einem raschen Aufschwung auch deutlich stärker ab.

Positiv stimmt die Bilanz, dass mit 27 Projekten im vergangenen Jahr wieder deutlich mehr konventionelle Felder zur Förderung beschlossen wurden. Doch auch hier fielen die Entscheidungen für bereits bekannte Felder.

In die Erforschung neuer Quellen wurde hingegen erneut weniger Geld gesteckt. Die Folge: Weniger als vier Milliarden Barrel neuen Öls wurde gefunden. Das ist nach Analysen von Rystad Energy so wenig wie seit den 1930er Jahren nicht mehr.

Bis 2023 könnte sich daher der Spielraum der Branche weiter einengen – und es ihr schwer machen, der unerwartet hohen Nachfrage ein höheres Angebot entgegenzusetzen.

Das birgt das Potenzial für stärkere Preisschwankungen – und stark steigende Preise.

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