Ölpreis An der Tankstelle wird es billiger – jedenfalls kurzzeitig

Zapfsäule mit

Eine Melange aus höherem Angebot und Nachfragesorgen hat den Ölpreis fallen lassen. Autofahrer können sich über niedrigere Tankkosten freuen. Von Dauer dürfte der Preisrückgang allerdings kaum sein.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Es sind turbulente Zeiten. Das zeigt sich auch am Ölpreis und mittelbar an der Zapfsäule. Dort erleben Verbraucher derzeit ein Wechselbad der Gefühle. Seit Jahresbeginn ist der Ölpreis, ein wichtiger Einflussfaktor für die Spritkosten, kräftig gestiegen. Ende November gab er dann überraschend nach. Am Freitag dieser Woche kostete ein Fass der Nordseesorte Brent etwas mehr als 71 Dollar und war damit so günstig wie seit August nicht mehr. Und es könnte erst einmal weiter abwärts gehen.

Für den jüngsten Preisrückgang gibt es mehrere Gründe: Weil Öl in den vergangenen Monaten so teuer geworden ist, hat die US-Regierung im November beschlossen, ihre strategischen Ölreserven anzuzapfen, um die Bürger finanziell zu entlasten. Einige andere Länder wollen mitziehen. „Dazu kam die neue Variante des Coronavirus“, sagt Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank. Omikron schürt die Angst vor neuen Lockdowns. Die würden die Konjunktur belasten und dafür sorgen, dass zeitweise weniger Öl benötigt wird.

Das Zusammenspiel aus abgebauten Reserven und Sorgen vor neuen Corona-Einschränkungen führt dazu, dass sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage verschiebt. Im ersten Quartal 2022 dürfte deutlich mehr Öl auf den Markt kommen als gedacht – und es könnte wegen Omikron auf eine spürbar niedrigere Nachfrage treffen. Allein durch die Entscheidung der US-Regierung steigt das Überangebot an Öl voraussichtlich um 700.000 Fässer pro Tag, sagt Fritsch.



Die Opec+ will trotz der neuen Lage die Fördermenge im Januar um 400.000 Fässer pro Tag erhöhen. Das dürfte die Preise weiter drücken. Als Opec+ wird die Organisation erdölexportierender Länder erweitert um nicht in der Opec vertretene Ölländer wie Russland, Kasachstan, Mexiko und Oman bezeichnet. Die Entscheidung der Öl-Allianz sei überraschend, kommentiert Fritsch. Immerhin habe sie sich eine Hintertür offengelassen und könne ihren Beschluss kurzerhand wieder rückgängig machen.

Autofahrer können nur hoffen, dass die Opec+ auf Kurs bleibt. Im vergangenen Monat hatten die Spritpreise ein Rekordhoch erreicht: Sowohl Benzin als auch Diesel waren im November 2021 so teuer wie nie. Nun hat der gesunkene Ölpreis die Lage an den Zapfsäulen zumindest ein bisschen entspannt. Diesel etwa kostete Ende dieser Woche im Schnitt 1,52 Euro je Liter. Das waren sechs Cent weniger als Mitte November. Im Vergleich zum Jahresstart bleibt der Preis aber auf hohem Niveau. Im Januar 2021 hatte der Liter Diesel im bundesweiten Schnitt noch 1,23 Euro gekostet. Der Anstieg der Kraftstoffpreise schlägt auch auf die allgemeine Inflation durch, auch wenn die Kraftstoffpreise selbst im Warenkorb für Verbraucherpreise des Statistischen Bundesamts nur rund 3,5 Prozent Anteil haben.

Die Entspannung an der Tankstelle dürfte allerdings nicht von Dauer sein. Mittelfristig wird Tanken wohl noch deutlich teurer. Erstens dürfte der Ölpreis seine Rekordjagd im kommenden Jahr fortsetzen, wenn sich die Sorgen um die Omikron-Variante legen. Zweitens ist der Preis für Rohöl nicht der einzige Einflussfaktor dafür, wie viel Geld Autofahrerinnen und Autofahrer fürs Tanken bezahlen müssen.

Das interessiert WiWo-Leser heute besonders

Geldanlage Das Russland-Risiko: Diese deutschen Aktien leiden besonders unter dem Ukraine-Krieg

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine belastet die Börsen. Welche deutschen Aktien besonders betroffen sind, zeigt unsere Analyse.

Krisenversicherung Warum Anleger spätestens jetzt Gold kaufen sollten

Der Krieg in der Ukraine und die Abkopplung Russlands von der Weltwirtschaft sind extreme Inflationsbeschleuniger. Mit Gold wollen Anleger sich davor schützen – und einer neuerlichen Euro-Krise entgehen.

Flüssigerdgas Diese LNG-Aktien bieten die besten Rendite-Chancen

Mit verflüssigtem Erdgas aus den USA und Katar will die Bundesregierung die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland mindern. Über Nacht wird das nicht klappen. Doch LNG-Aktien bieten nun gute Chancen.

 Was heute noch wichtig ist, lesen Sie hier

Der Spritpreis setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen. Der größte davon sind Steuern. Bei Benzin liege der Energiesteuersatz bei 65,45 Cent je Liter, heißt es beim ADAC. Superbenzin der Sorte E10 kostete zuletzt um 1,61 Euro pro Liter. Obendrauf kommen Mehrwertsteuer und CO2-Abgabe. Insgesamt zahlen Autofahrer rund 60 Prozent der Tankrechnung an den Staat. Ab dem kommenden Jahr steigt die CO2-Steuer von 25 auf 30 Euro je ausgestoßener Tonne Kohlendioxid. Auch das wird Sprit weiter verteuern.

Mehr zum Thema: Wenn die Inflation anzieht, werden die Forderungen nach Preisstopps lauter – so auch beim Benzinpreis. Warum Politiker den Kampf gegen die steigenden Energiepreise nur verlieren können und wie sie den Inflationsdruck stattdessen aus dem Markt nehmen könnten, erklärt der Ökonom Hanno Beck.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%