Ölpreis-Analyse Der Optimismus der Opec

Seit Jahresanfang gelten die Produktionskürzungen beim Öl. Bislang scheint der Plan aufzugehen. Doch Saudi-Arabien verkündet nun, dass man die Vereinbarung schon bald nicht mehr benötige. Warum Skepsis angebracht ist.

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Das Land halte sich trotz rekordhoher Exporte an die vereinbarten Förderkürzungen, sagt es. Die Opec zeigt sich überzeugt, dass das Abkommen eingehalten wird. Quelle: dpa

Frankfurt Die alles bestimmende Frage am Ölmarkt dieser Tage lautet: Halten sich die Mitglieder der Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) an ihre Kürzungsversprechen? Seit dem 1. Januar ist das Abkommen des Ölkartells in Kraft. Beteiligt haben sich sechs weitere Länder, darunter mit Russland der größte Ölproduzent der Welt.

Nach etwas mehr als zwei Wochen scheinen zumindest die Mitglieder des Ölkartells ihre Pläne umzusetzen, 1,2 Millionen Barrel (à 159 Liter) pro Tag weniger zu fördern. Eine Reihe von Nicht-Opec-Staaten, darunter Russland, wollen ihrerseits zusätzliche 600.000 Barrel weniger fördern.

Obwohl der Deal erst seit wenigen Tagen umgesetzt werden soll, meldet das Ölkartell schon erste Erfolge: Der Ölminister von Saudi-Arabien, Khalid Al-Falih, hat in der vergangenen Woche erklärt, dass sein Land derzeit weniger als zehn Millionen Barrel pumpe. Das sind im Vergleich zum Oktober 2016 über 600.000 Fass weniger. Doch nicht nur die Saudis melden Vollzug. Zu ihnen gesellt sich neben Kuwait und Venezuela auch der Irak, der trotz aktueller Ölexporte auf Rekordniveau betont, sich an die Abmachung zu halten. Das lässt Hoffnung aufkeimen. Der saudische Ölminister prescht vor: Nach der ersten Jahreshälfte werde es die Kürzungen wohl nicht mehr brauchen.

Seit Verkündung des Opec-Abkommens ist der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent um 13 Prozent gestiegen. Seit Jahresbeginn hält er sich relativ stabil um 55 Dollar.

Wohlgesonnen dürfte die Opec auch den heute veröffentlichten Ölmarktbericht der Internationalen Energieagentur aufnehmen. Demzufolge sind die Öl-Lagerbestände in der OECD im November zum vierten Mal in Folge gefallen. „Unser Hauptziel ist es, den Lagerabbau zu beschleunigen“, sagte der Generalsekretär der Opec, Mohammed Bargkindo der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Situation in den USA ist allerdings gegensätzlich. Die steigenden Preise reizen einige Schieferölunternehmen wieder mehr Öl zu pumpen. Der Boom dieses Sektors hat den Ölpreis von über 110 Dollar je Barrel 2014 erst zu Fall gebracht und zwischenzeitlich auf ein Zwölf-Jahres-Tief von 27 Dollar gedrückt.

Seit einigen Monaten steigt wieder die Zahl der Ölbohrlöcher. Sie liegt jedoch immer noch bei weniger als der Hälfte des bisherigen Rekordniveaus. Die US-Energiestatistikbehörde EIA hat auch prompt ihre Prognose für die kommenden beiden Jahre erhöht. Im Schnitt werden die USA in diesem Jahr 9,0 Millionen Barrel pro Tag fördern, 2018 werden es schon 9,3 Millionen sein – jeweils 200.000 Fass mehr als bislang angenommen.

Die Industrie in den USA ist gekommen, um zu bleiben – und anpassungsfähig, wie die Internationale Energieagentur betont. „Egal ob es um kürzere Bohrzeiten oder größere Ölfördermengen pro Bohrloch geht: Die US-Schieferölindustrie ist aus der 30-Dollar-je-Barrel-Welt von vor einem Jahr viel schlanker und fitter hervorgetreten“, heißt es in ihrem Bericht.


Die Skepsis bleibt

Der saudische Ölminister Khalid Al-Falih lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil: Er bekräftigt seinen Glauben an den Deal nicht nur („Die Vereinbarung zwischen den Opec- und Nicht-Opec-Staaten wird halten“), sondern erklärt zudem, dass es wahrscheinlich keine Verlängerung der Förderkürzungen geben wird. Das Abkommen gilt bis Ende Juni und kann theoretisch bis Jahresende verlängert werden. Gerade recht dürften Al-Falih die jüngsten Daten des Interessenverbandes American Petroleum Institute kommen, denen zufolge die Lagervorräte mit fünf Millionen Barrel zuletzt deutlich stärker fielen als gedacht.

Trotz des arabischen Optimismus weicht im Markt die Skepsis nur langsam. Die Förderkürzungen hätten gerade erst ihre „Bewährungszeit“ begonnen, urteilt die IEA. Der Ölanalyst Spencer Welch von IHS Markit moniert, dass sich die Angaben der Opec derzeit ohnehin nicht überprüfen ließen. „Aufschluss darüber wird es frühestens am 13. Februar geben, wenn der nächsten Ölmarktreport der Opec Aufschluss darüber gibt, wie hoch deren Produktion im Januar lag“, erklärt Welch. Zudem bleibe die Frage wie zuverlässig die Angaben seien. Die Opec hat zwar ein Kontroll-Komitee ernannt. Dessen Arbeitsweise ist aber bis heute unklar.

Skepsis scheint angesichts der bisherigen Opec-Vereinbarungen über Produktionskürzungen angebracht. Kartellabsprachen in den 1980er- und 90er-Jahren oder zuletzt 2008 sind immer auch eine Geschichte nicht eingehaltener Förderquoten. Das letzte Mal, als große Nicht-Opec-Staaten mit von der Partie waren, war 2001. Zwar sollte Russland auch bei der letzten Kürzung 2008 mit einbezogen werden, doch die Verhandlungen darüber platzten. Heute hat sich das Land der Vereinbarung angeschlossen, werde seine Produktion in den kommenden Monaten aber anders als die Opec-Staaten nur schrittweise um 300.000 Barrel zurückfahren.

Hoffnung macht dem Ölkartell auch der steigende Öl-Bedarf in der Welt. In ihrem am Mittwoch erschienen Ölmarktreport schätzt die Opec, dass die globale Nachfrage in diesem Jahr auf 96,5 Millionen Barrel pro Tag steigen. Zum Vergleich: Im Dezember 2016 haben die Ölproduzenten 95,7 Millionen Fass täglich gefördert. Die Lesart des Kartells: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich Angebot und Nachfrage ausgleichen, bestenfalls eine Frage von wenigen Monaten.

Kommt es, wie es sich die Opec wünscht, heißt das: steigende Preise. Das Kartell und die Schieferölunternehmen in den USA dürfte es gleichermaßen freuen.

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