Ölpreis, China, Fed Was die Finanzmärkte 2016 treibt

Schon zu Jahresbeginn wird klar, dass die Unsicherheit über Chinas Wirtschaft einer der größten Risikofaktoren für die weltweiten Finanzmärkte bleibt. Auf welche Treiber Anleger 2016 außerdem achten sollten.

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Öl, FED, China entscheiden an der Börse Quelle: dapd, rtr

Für 2016 stehen die Zeichen auf Sturm. Gleich am ersten Handelstag des Jahres ging es an den Finanzmärkten turbulent zu. Der Dax startete mit einem dicken Minus von zeitweise über vier Prozent. Ähnlich düster sah es an der Wall Street, in Frankreich oder Japan aus. Grund für den schlechten Start war China. Schlechte Wirtschaftszahlen lassen Analysten vor einer Schwäche in Fernost zittern.

An Chinas neue Kapitalmarktregeln müssen sich die Märkte wohl ebenfalls erst gewöhnen. Nach Kurseinbrüchen von sieben Prozent wurde der Aktienhandel für den Tag ausgesetzt. Dramatische Kurseinbrüche wie die im vergangenen Sommer sollen auf diese Weise verhindert werden.

Was Analysten für das Anlagejahr 2016 erwarten
Deutsche Bank Quelle: REUTERS
Deka BankDie Fondsspezialisten der Sparkassen erwarten, dass der Goldpreis im kommenden Jahr deutlich unter die kritische Marke von 1000 Dollar fallen wird. S&P 500: 2000 Punkte Nikkei: 17000 Punkte Gold: 960 Dollar Öl: 57 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen 10 Jahre: 1 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,9 Prozent Quelle: dpa
PostbankIm Gegensatz zur Deka Bank ist die Postbank beim Goldpreis etwas optimistischer. Ein möglicher Impuls kommt von der Schmucknachfrage, da die Konjunktur in Indien zuletzt deutlich besser lief als erwartet. S&P 500: 2250 Punkte Nikkei: 21750 Punkte Gold: 1100 Dollar Öl: 57 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen Rendite 10 Jahre: 1,0 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,75 Prozent Quelle: dpa
Berenberg BankDeutschlands älteste Privatbank ist im Vergleich zur Konkurrenz vergleichsweise optimistisch, was den Euro angeht. S&P 500: 2200 Punkte Gold: 1150 Dollar Öl: 55 Dollar Euro/Dollar: 1,15 Dollar Bundesanleihen 10 Jahre Rendite: 1,1 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,8 Prozent Quelle: obs
SantanderS&P 500: 2250 Punkte Gold: 1050 Dollar Öl: 55 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen Rendite 10-jährige: 0,9 Prozent US-Treasury Rendite 10-jährige: 2,75 Prozent Quelle: AP
Credit Suisse Quelle: REUTERS
Commerzbank Quelle: dpa

Nicht nur der Handelsaussetzer in China belastet die Finanzmärkte. Auch Unsicherheiten um den Ölpreis bereiten Anlegern Sorgen. Schon der erste Handelstag liefert damit einen guten Vorgeschmack darauf, welche (politischen) Faktoren die Finanzmärkte in den kommenden Monaten treiben werden. Ein Überblick.

China

Spätestens seit Montag haben Börsenhändler weltweit erneut Angst um die chinesische Konjunktur. "Wachstumssorgen in China und damit Absatzsorgen für deutsche Exporteure drücken die Stimmung am ersten Handelstag nach Neujahr gleich mal in den Keller“, sagt Daniel Saurenz von Feingold Research. Entsprechend hoch ist die Unsicherheit über die künftige Entwicklung der chinesischen Wirtschaft, zumal die aktuellen Wirtschaftsdaten kein einheitliches Bild abgeben. Am Montag verunsicherte die seit Monaten schwächelnde Industrieproduktion die Anleger.

Der Dienstleistungssektor entwickelt sich hingegen positiv. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex stieg im Dezember auf 54,4 Punkte und damit auf den höchsten Wert seit mehr als einem Jahr. Grund waren unter anderem die Jahresendfeierlichkeiten - unter anderem legte der Tourismussektor an Wachstum zu.

So viel China-Umsatz steckt in den Dax-Aktien

Bleibt es bei dieser Entwicklung, wäre das ein gutes Zeichen für Chinas angestrebte Weiterentwicklung von der exportabhängigen Werkbank der Welt zu einer breiter aufgestellten Volkswirtschaft mit stabiler Inlandsnachfrage. China strebt insgesamt ein nachhaltigeres Wachstum an und will seine Märkte schrittweise öffnen. Statt großen Investitionen in die Staatskonzerne soll die Mittelschicht gefördert werden. "Mit Blick auf China lautet die zentrale Frage, ob es gelingt, den Wachstumsmotor wieder zum Laufen zu bringen", sagt Raymond Ma, China-Fondsmanager bei Fidelity. Ein Lichtblick sei der sich langsam abzeichnende Aufwärtstrend in wichtigen Bereichen wie beispielsweise der Stromerzeugung und dem Konsum. Kommt der Konsum in den nächsten Monaten weiter auf Touren, so Ma, könnte China seine Wachstumsschwäche in diesem Jahr hinter sich lassen. Ma rät Anlegern, mehr auf die Qualität des chinesischen Wachstums zu setzen als auf die Quantität. Entscheidend werde sein, welche konsumfördernden Reformen die Regierung in Zukunft umsetzt.

Bis dahin werden Dax-Anleger allerdings noch einigen Schwankungen in Fernost leben müssen. Denn im Zuge ihrer Reformen und der Marktöffnung hat die chinesische Regierung zusätzlich viel heiße Luft in die Börsen getrieben. Es baute sich eine riesige Blase auf, unter anderem weil völlig unerfahrene Privatanleger plötzlich zu Börsenzockern wurden. Diese Blase baut sich nun langsam ab. Anleger sollten also beachten, dass es immer wieder zu leichten China-Beben kommen kann.

Der Aktienhandel dürfte am Montag nicht zum letzten Mal ausgesetzt worden sein. Solange andere Impulse fehlen, leiden darunter vor allem die Branchen, welche von der China-Nachfrage abhängig sind, wie die Automobilindustrie, die Stahlbranche oder der Maschinenbau. Bei deren zyklischen Papieren können sich kleine China-Beben in deutlichen Kursrutschen bemerkbar machen.

Aufpassen müssen Anleger auch bei Schwellenländern wie Brasilien, Russland oder Südafrika. Bleibt Chinas Wirtschaft vorerst instabil, dürften diese aufgrund der ausbleibenden Nachfrage weiter schwächeln. Für Konzerne wie Volkswagen, die sowohl in China als auch in Brasilien aktiv sind, ist das besonders gefährlich.

Ölpreis lenkt die Weltwirtschaft

Die Entwicklung des Ölpreises ist für die Weltwirtschaft von zentraler Bedeutung. Entsprechend rückt die Preisentwicklung bei vielen Banken in den Fokus ihrer Vorhersagen. Und die driften weit auseinander. Die Analysten von JP Morgan erwarten beispielsweise, der Preis könne von aktuell rund 38 Dollar für die Sorte Brent bis zum Jahresende wieder auf über 60 Dollar je Barrel steigen. Bei Goldman Sachs dagegen ist die Prognose pessimistischer. Die Volkswirte halten es für möglich, dass der Preis auf bis zu 20 Dollar je Fass fällt.

Diesen Öl-Konzernen laufen die Anleger weg

Auch wenn die Mehrzahl der Analysten davon ausgeht, dass die Preise tendenziell leicht steigen werden, sind Vorhersagen beim aktuellen Marktumfeld extrem schwierig. Aufgrund des Konflikts zwischen Saudi-Arabien und dem Iran ist der Preis erst am Montag um fast zwei Prozent gestiegen. Beobachter fürchten, der Konflikt könne die Versorgung belasten und damit den Preis treiben.

Die Mehrheit der Analysten geht allerdings davon aus, dass der Ölpreis in den ersten sechs Monaten des Jahres noch niedrig bleibt, sich dann allerdings langsam erholt. Oswald Clint, Analyst der Investmentfirma Sanford C. Bernstein & Co. erwartet in der zweiten Jahreshälfte den Start eines länger anhaltenden Bullenmarktes. Laut Clint dürfte das Überangebot am Ölmarkt bis dahin passé sein, für 2017 rechnet er bereits mit einer Unterversorgung. Tritt das ein, hätten die Öl-Förderländer ihr Ziel erreicht. Mit niedrigen Preisen sollten vor allem teure Förderungsvarianten wie Schiefergasförderung unrentabel werden, um das Angebot wieder im Sinne der Förderländer zu verknappen.

"Das stetige Schrumpfen des US-Angebots sowie die steigende Nachfrage werden dafür sorgen, dass sich Angebot und Nachfrage am Ölmarkt 2017 wieder normalisieren", schreiben die Volkswirte der Deutschen Bank in ihrer Jahresprognose.

Was der Ölpreis für Unternehmen bedeutet

Anleger sollten einen möglichen Stimmungsumschwung am Ölmarkt bei ihren Anlageentscheidungen genau berücksichtigen. Das zeigt unter anderem das Beispiel der Lufthansa. Sie kauft dank des niedrigen Ölpreises ihr Kerosin günstiger ein. Bereits im vergangenen Jahr schlugen sich die Preise positiv in der Bilanz nieder, die aktuell positiven Quartalszahlen führt die Lufthansa vor allem auf die niedrigen Treibstoffpreise zurück. Für Anleger ist das aus heutiger Sicht zufriedenstellend, gute Quartalszahlen erfreuen die Börse normalerweise.

Bleibt der Ölpreis niedrig, dürfte das auch 2016 zunächst so weitergehen. Wird der Öl-Bonus für wichtige Investitionen genutzt, dürfte das ebenfalls im Sinne der Anleger sein. Allerdings besteht die Gefahr, dass das Unternehmen sich auf den guten Zahlen ausruht und wichtige Reformen verschleppt. Kommt es dann doch irgendwann zum unvermeidlichen Wiederanstieg des Ölpreises, könnte das die jeweiligen Unternehmen und ihre Aktien doppelt hart treffen.

Das Tempo der Fed

Ähnlich geht es vielen anderen Unternehmen, die von den günstigen Energiepreisen profitieren. Dazu zählen etwa Speditionen, Schifffahrtskonzerne oder Unternehmen aus der Kunststoffindustrie. Für Anleger, die von dieser Entwicklung profitieren wollen, hat die Société Générale im vergangenen Herbst sogar ein Zertifikat emittiert, welches die größten Unternehmen energieabhängiger Branchen in einem Index abbildet. Anleger können auf diese Weise gebündelt von den niedrigen Energiekosten profitieren, müssen aber rechtzeitig vor einem möglichen Ölpreisanstieg wieder verkaufen.

Stimmen zur Zinswende der Fed

Umgekehrt leiden vor allem die Rohstoffkonzerne derzeit unter den niedrigen Preisen. Der Börsenwert der Ölförderer ist tief gesunken. Wer steigende Preise erwartet, sollte die niedrigen Kurse zu einem rechtzeitigen Einstieg nutzen.

Notenbanken

In den vergangenen Jahren waren die Notenbanken der Haupttreiber an den Märkten. Je expansiver die Geldpolitik wurde, desto steiler zeigten die Börsenkurse nach oben. Mittlerweile hat sich das Bild zumindest in den USA gedreht, Mitte Dezember hat die US-Notenbank Fed zum ersten Mal seit 2006 den Zins wieder leicht um 0,25 Prozentpunkte erhöht. Damit ist der Leitzins zwar immer noch extrem niedrig - er schwankt zwischen 0,25 und 0,5 Prozent - dennoch hat die Fed damit eine neue Ära der steigenden Zinsen eingeläutet.

Nachdem die erste Erhöhung an den Börsen gut aufgenommen wurde, da sie von den Märkten bereits lange im voraus eingepreist wurde, kommt es nun darauf an, wie schnell die Fed die nächste Erhöhung angeht. Nach Aussagen von Notenbankern sollen die Zinsen in den nächsten Monaten und Jahren nur "allmählich" steigen. Analysten sehen das positiv - in der Vergangenheit führten zu schnelle Zinserhöhungen schon zu folgenschweren Krisen an den Finanzmärkten. Auch dieses Mal könnten zu große Zinsschritte zu großen Problemen in den Schwellenländern führen, deren Währungen gegenüber dem Dollar bereits deutlich abgewertet haben. Die Fed sollte daher nicht zu schnell aufs Tempo drücken.

Die höheren Zinsen der Fed könnten nicht nur US-Aktien für Anleger unattraktiver machen. Auch den Euro sollten sie im Blick behalten. Die Gemeinschaftswährung dürfte im Laufe des Jahres gegenüber dem Dollar weiter abwerten. Einige Analysten rechnen daher damit, dass bis Ende 2016 die Parität zwischen Dollar und Euro erreicht wird. Von einem schwächeren Euro könnten vor allem exportorientierte Unternehmen profitieren, deren Waren für ausländische Käufer günstiger werden.

Grundsätzlich sorgt ein schwacher Euro deshalb auch beim Dax für Kurssprünge, Anleger feiern die Exportnation Deutschland. Zu exzessiv sollte die Freude allerdings nicht ausfallen, denn der gleichzeitig starke Dollar verteuert Importe, für Anleger werden Investments in Gold oder andere in Dollar notierte Rohstoffe teurer.

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