Ölpreis Das Kartell ist wieder da

Die Ölpreise sind steil angestiegen, weil fast zwei Dutzend Förderstaaten Einschränkungen der Produktion beschlossen haben. Die Opec ist auferstanden – scheinbar größer denn je, aber nicht unbedingt stärker.

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Der Ölpreis ist auf Eineinhalb-Jahres-Hoch gestiegen. Quelle: dpa

An einem einzigen Tag ist der Rohölpreis um mehr als 3,5 Prozent gestiegen, unmittelbare Folge des Wiener Abkommens der Produzenten: Nicht nur die zwölf Opec-Staaten haben sich auf Reduzierungen ihrer Fördermengen verpflichtet, sondern auch zehn weitere große oder jedenfalls ziemlich bedeutende Förderländer von Russland über Mexiko bis zum afrikanischen Elendsstaat Südsudan.

Was Sie über den Ölpreis wissen müssen

So etwas hat es auch ansatzweise seit fünfzehn Jahren nicht gegeben. Und damit scheint die kurze Ära des weltweiten Ölpreisverfalls erst einmal vorbei zu sein: Vom Sommer 2014 bis Anfang 2016 war der Preis für das Barrel von ungefähr 114 auf kaum mehr als 36 Dollar abgestürzt. Die großen Ölgesellschaften in Nordamerika und Westeuropa waren ins Straucheln geraten und die Staatshaushalte der Förderländer ebenso. War es da nicht einfach natürlich, dass die Ölscheichs und ihre Leidensgenossen in Moskau, Baku oder Brunei wieder den Ölhahn drosselten?

Heute mag es so aussehen, aber so einfach ist es nicht. Bis vor ein paar Wochen gab es nur wenige Gründe für Saudi-Arabien und seine engen Verbündeten am Golf von Kuwait bis Katar, an der Politik des billigen und reichlich sprudelnden Öls viel zu ändern. Geredet wurde viel von den Ölministern, verhandelt auch, und das allein ließ den Preis von seinem Tiefpunkt am Jahresanfang bis in die Gegend von 50 Dollar steigen.

Das reichte den Saudis bislang alle Male: Mit Produktionskosten von 20 oder gar für zehn Dollar für das Barrel konnten sie so den Versuch fortsetzen, die sprudelnd anwachsende Ölförderung in den USA mit niedrigen Preisen zu bekämpfen. Denn Fracking in Texas oder in North Dakota lohnt sich an vielen Standorten erst bei Barrelpreisen von 60 Dollar oder noch mehr – da schien es nach wie vor sinnvoll, das eigene Produkt zu verschleudern und die amerikanische Konkurrenz klein zu halten.

Noch wichtiger aber war bislang die Wahrnehmung, mit den riesigen Vorkommen unter dem eigenen Territorium ein höchst verderbliches Gut bewirtschaften zu müssen. Zwar wird der fossile Energieträger nicht noch etliche Millionen Jahre seine physischen Eigenschaften behalten. Dennoch sah es seit einiger Zeit so aus, als sei ein Produkt mit eben diesen Eigenschaften in wenigen Jahren kaum noch verkäuflich: wegen der von Weltpolitikern und Industriestaaten, vom G7-Gipfel wie von der Pariser Klimakonferenz proklamierten Dekarbonisierung der Weltwirtschaft.

In den Palästen der arabischen Halbinsel oder im Kreml mochten die Herrscher Erderwärmung für Geschwätz und Umweltpolitik für Diebstahl halten – sie waren aber Realisten und förderten gerade deswegen so viel, wie sie nur konnten. „Alles muss raus“ war die Devise, auf die sich die großen und reichen Ölexporteure leicht verständigen konnten, auch wenn die Kleinen und Armen wie Venezuela oder Nigeria darunter ächzten. Ein Wettlauf gegen die Zeit, gegen die Entwickler von Elektroautos und optimierten Sonnenenergiekollektoren und gegen die große Transformation der Weltwirtschaft.

Was hat sich also geändert? Ein Wort reicht zur Erklärung: Trump. Der neu gewählte Präsident der USA mag für alles Mögliche stehen, aber nicht für Umweltschutz und nicht für die Abkehr von fossilen Energieträgern. Weshalb die Parole „Alles muss raus“ in Riad wie in Moskau erst einmal nicht mehr zieht. Statt dessen können die Saudis und mit ihnen jetzt auch Russen, Aserbaidschaner oder Kasachen mit sanften Produktionsdrosselungen wieder für hohe Preise sorgen, wie im 20. Jahrhundert und wie in den Jahren vor der Finanzkrise.

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