Opec Ein Kartell und zwei Meinungen

Während das Ölkartell Opec weiter um Unterstützung ihrer Förderkürzung buhlt, rumort es in ihrem Inneren. Ungemach kommt aus dem Irak. Der Fall zeigt: Der Deal ist noch längst nicht ausgemacht.

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Der irakische Ölminister Jabbar al-Luaibi (rechts) – hier auf einer Pressekonferenz im August zu sehen – fordert eine Ausnahme von der geplanten Produktionskürzung der Opec. Quelle: Reuters

Frankfurt Kann es oder kann es nicht? Die Frage, ob es dem wichtigen Kartell erdölexportierender Staaten gelingt, sich zusammenzuraufen, bestimmt den Ölmarkt seit Ende September. Damals hatte das Kartell bei einem informellen Treffen in Algerien beschlossen, fortan seine Ölproduktion zu kürzen.

Soweit, so ungut. Denn das Kartell ist im Moment alles andere als einig. Der jüngste Querulant: Irak. Das Land fördert täglich 4,8 Millionen Barrel (à 159 Liter) Öl und ist damit der zweitgrößte Opec-Produzent. Am Wochenende aber forderte der Ölminister Jabbar Al-Luaibi eine Ausnahme von der Förderbegrenzung wegen DES Kampfes gegen den IS. Sein Stellvertreter wurde noch deutlicher: „Wir werden nicht zurückweichen.“

Ende September hatte sich das Ölkartell auf einem informellen Treffen in Algerien darauf geeinigt, die tägliche Menge gepumpten Öls auf 32,5 bis 33 Millionen Barrel zu beschränken. Gegenüber August entspräche dies einer Kürzung um bis zu 800.000 Barrel.

Vor allem Saudi-Arabien, das mit einem Opec-Öl-Anteil von einem Drittel führende Mitglied, buhlt kräftig für das Abkommen. Vor wenigen Tagen erklärte Ölminister Khalid al-Falih, dass eine Reihe weiterer Staaten bereit sei, ebenfalls die Produktion zurückzufahren. Die mittlerweile fast täglichen Optimismusbekundungen trieben den Ölpreis allein im vergangenen Monat von 45 auf aktuell knapp 52 Dollar für die Nordseesorte Brent. Das nordamerikanische Leichtöl WTI erklomm in der vergangenen Woche nach einer Meldung über abschmelzende Lagervorräte in den Vereinigten Staaten ein 15-Monats-Hoch.

Inmitten dieses Aufwinds platzt nun der Störenfried Irak. Und mit weiteren Querulanten ist zu rechnen. Der Iran äußert sich offiziell zwar meist wohlgemut. So etwa am Wochenende, als der iranische Präsident – abermals – erklärte, „zu gerechten Fördermengen und fairen Ölpreisen“ beizutragen. Was er genau damit meinte, ließ er indes offen. Nach der Aufhebung der Sanktionen des Westens gegen das Atomprogramm steigt die Ölförderung des Landes wieder steigern. Schon auf dem informellen Treffen Ende September klang an, dass der Iran einen Top-Platz unter den Opec-Produzenten einfordern wird. Auch Libyen und Nigeria fordern Ausnahmen von Förderkürzungsregel. Fragt sich nur: Was bleibt von einem Abkommen, wenn vier von 14 Mitgliedern schon jetzt nach Sonderrechten rufen?

Die Rohstoffanalysten der Commerzbank jedenfalls bleiben nach den Äußerungen des Iraks skeptisch: „Letztlich würde die Hauptlast damit von Saudi-Arabien und seinen Verbündeten in der Golfregion getragen werden, da bereits Libyen, Nigeria und der Iran von Produktionskürzungen ausgenommen werden sollen. Eine Einigung auf koordinierte Produktionskürzungen, wie sie beim Treffen in Algier großspurig verkündet wurde, rückt damit in weite Ferne.“


Vom Klassenfeind zum Ölfreund

Indes kämpft – neben den Saudis – kaum einer so um eine Förderbegrenzung wie Venezuelas Präsident Nicolás Maduro. Sein Land galoppiert geradezu auf die Klippe namens Staatspleite zu – eben weil die Ölpreise noch immer weniger als die Hälfte unter dem Niveau von 2014 liegen. Die Öleinnahmen stehen für rund zwei Drittel der Staatseinnahmen und 95 Prozent aller Exporte. Derzeit tourt Maduro durch die Welt, um ausländische Gläubiger davon zu überzeugen, 2016 und 2017 auslaufende Anleihen für den staatlichen Ölkonzern PDVSA in Papiere mit Frist 2020 umzuwandeln. Würden die Anleihen nun fällig, droht die Zahlungsunfähigkeit des Konzerns – mit erheblichen Folgen für den Staatshaushalt.

Wie verzweifelt Maduro kämpft, macht folgende Situation deutlich: Vergangene Woche erklärte er sich bereit, selbst die USA zum nächsten Opec-Treffen einzuladen und eine Allianz aus Opec- und Nicht-Opec-Staaten zu schmieden. Die USA sind als vermeintlich urkapitalistischster Staat der Welt für Venezuela, einen der wenig verblieben sozialistischen Staaten, eigentlich der Klassenfeind. Zudem haben die US-Schieferölförder den Ölpreisverfall im Jahre 2014 maßgeblich ausgelöst.

Unterdessen scheinen die Gespräche des Ölkartells mit Russland, dem mit zuletzt 11,1 Millionen Barrel größten Ölförderer der Welt, voranzukommen. Der russische Ölminister Alexander Nowak sagte, er habe mit Saudi-Arabien bestimmte Förderbegrenzungen diskutiert. „Wir sehen die Notwendigkeit, den Markt in den kommenden Monaten ins Gleichgewicht zu bringen, um die Kapitalrendite zu stärken und die Preisschwankungen zu verringern“, sagte Nowak.

Die Spekulanten nehmen das Bestreben der Opec offenbar ernst. Ihre Wetten auf steigende WTI-Preise stiegen zuletzt auf den höchsten Stand seit Mai. Nun hängt es an der Opec, nach ihrem Versprechen auch zu liefern. Ein Scheitern würde das ohnehin schon ramponierte Image wohl endgültig demolieren.

So ähnlich sieht es auch Ole Hansen, Rohstoffanalyst von der dänischen Saxo Bank. Das Abkommen zur Produktionskürzung sei nur dann erfolgreich, wenn darauf eine klare Umsetzungsstrategie folge. „Außerdem hat die Opec im Bezug auf frühere Vereinbarungen die Produktion zu kürzen, nicht gerade eine erfolgreiche Bilanz“, sagt Hansen abschließend.

Damit es nicht zum Debakel kommt, will das Kartell vorbereitet sein. In dieser Woche kommen die Mitglieder am 28. und 29. Oktober zu einem „technischen Meeting“ zusammen. Auf dem nächsten offiziellen Treffen am 30. November in Wien sollen schließlich die Details ausgehandelt werden, also welches Mitglied auf welchen Teil seiner Produktion verzichtet. Saudi-Arabien wird weiter auch bei Nicht-Opec-Staaten um Unterstützung buhlen. Die Querelen im Inneren der Opec sollte das Königreich aber besser nicht vergessen. Auch da liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor ihnen – wie das jüngste Ausscheren des Iraks zeigt.

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