Opec-Treffen Das Ölkartell demonstriert Entschlossenheit

Bei ihrem Treffen in Wien steuern die Ölminister der Opec auf eine Verlängerung der Förderkürzung zu. Das Kartell will den Ölpreis in einen Korridor zwischen 55 und 60 Dollar pro Barrel hieven.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Das Land, das immer stärker im politischen und wirtschaftlichen Chaos versinkt, ist existenziell auf möglichst hohe Einnahmen angewiesen. Quelle: dpa

Wien, Frankfurt Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in Wien die Konferenz der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) begonnen. Im Mittelpunkt des regulären Treffens der 13 Mitgliedsländer des Ölkartells stand die Verlängerung der Kürzung der Förderbegrenzung von täglich 1,8 Millionen pro Barrel (159 Liter) zusammen mit einigen weiteren Nicht-Opec-Ländern unter Führung von Russland.

„Wir werden den Vorschlag einer neunmonatigen Verlängerung des Förderlimits zustimmen“, sagte Carlos Pérez, Ölminister von Ecuador, dem Handelsblatt zum Auftakt der Opec-Konferenz. „Unser Ziel ist es, damit dem Ölpreis in einem Bereich zwischen 55 und 60 Dollar pro Barrel zu bewegen. Das betrachten wir als vernünftigen Marktpreis.“ Der Preis der Nordsee-Ölsorte Brent betrug zum Auftakt der Opec-Konferenz am Donnerstag 53,90 Dollar.

Aus Teilnehmerkreisen war zu erfahren, dass der weitere Fahrplan bereits im Vorfeld unter den Mitgliedern ausverhandelt war. „Wir werden alles Nötige machen, um den Markt zu stabilisieren“, sagte der saudische Energie- und Industrieminister Khalid Al-Falih. Er hatte zusammen mit seinem russischen Amtskollegen Alexander Nowak die Ölförderländer auf Linie gebracht. Ursprünglich sollte die Förderbegrenzung nur bis Ende des Jahres laufen. Nun soll sie bis März verlängert werden. Ziel ist es, eine Normalisierung der Lagerbestände zu erreichen.

Zahlreiche Förderländer brauchen dringend die Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Venezuela, das immer stärker im politischen und wirtschaftlichen Chaos versinkt, ist existenziell auf möglichst hohe Einnahmen angewiesen. Der Wiederaufstieg der amerikanischen Schieferölproduzenten verhindert bislang einen weiteren Anstieg des Ölpreises. Nelson Martinez, seit Januar Ölminister von Venezuela, sprach von einer „offensichtliche Bedrohung“.

Derzeit produziert Venezuela laut Martinez 1,97 Million Barrel pro Tag. Der Ölminister betonte, dass der amerikanische Ölkonzern Chevron weiter ein willkommener Partner in dem südamerikanischen Land sei. Venezuela liefert mehr als sechs Prozent des Öl innerhalb der Opec. Am Donnerstagnachmittag wird Russland und weitere Nicht-Opec-Länder zu der Wiener Konferenz stoßen. Für den späten Nachmittag wird die offizielle Verkündigung des Ergebnisses erwartet.

Nach Meinung von Experten hat die Opec die Marktmacht des nordamerikanischen Schieferöls unterschätzt. „Die amerikanische Schieferölproduktion zeigt sich noch preisflexibler al erwartet“, bilanziert Analyst Axel Herlinghaus von der DZ Bank. Er sieht die Fortsetzung der Förderkürzung nicht als Stärke der Macht der Opec, sondern als „Zeichen der Geschlossenheit“.

Auch wenn die Opec nach außen hin, demonstrativ Geschlossenheit am Donnerstag demonstrierte, sind die Interessenunterschied innerhalb des Ölkartells erheblich. Erst Ende des Jahres hatte Indonesien nach nur knapp einjähriger Mitgliedschaft nach 2008 die Opec zum zweiten Mal verlassen, weil es seine Förderung nicht kürzen wollte.

Der Iran, der nach Aufhebung der US-Sanktionen wieder an die Weltmärkte zurückkehrte, darf trotz Kürzungsabkommen mehr fördern, bis zu vier Millionen Barrel. Die beiden Länder Nigeria und Libyen wurden wegen der instabilen politischen Lage komplett von dem Abkommen ausgenommen. Die Länder dürfen daher mehr Öl fördern, um die Einnahmen zu erhöhen.


Milliardenlöcher in den Haushalten der Ölstaaten

Im Fall des Bürgerkriegslandes Libyen gelingt das nicht, obwohl das Land praktisch keine anderen Einnahmen hat. Verschiedene Gruppen beschädigen immer wieder Pipelines und gefährden die Verschiffung an der nordafrikanischen Küste. „Wir haben in diesem Jahr schon eine Reihe von Lieferunterbrechungen gesehen. Die Schwierigkeit in Libyen beschränkt sich auf die Sicherheit des Transports durch Ölpipelines und die Verladehäfen“, sagte Rainer Seele, Vorstandschef des Ölkonzerns OMV, dem Handelsblatt. Derzeit kann der Energiekonzern nur 16.000 Barrel pro Tag in der libyschen Sahara fördern. Das sind lediglich 40 Prozent der möglichen Kapazitäten.

Die Öleinnahmen der Opec sind aufgrund der gefallenen Preise drastisch gesunken. 2016 nahmen sie nach Schätzungen des amerikanischen Energieministeriums insgesamt 433 Milliarden Dollar ein. Das sind 15 Prozent weniger als im Jahr zuvor und damit zugleich so wenig wie zuletzt 2004.

Das hat Milliardenlöcher in die Haushalte gerissen, die heute noch unter dem Einbruch leiden. Algerien hat jüngst erneut Benzin-Subventionen gestrichen. Saudi-Arabien will gar einen Teil seines Staatsmonopolisten und größten Ölkonzerns der Welt an der Börse feilbieten. Venezuela steht kurz vor dem Staatsbankrott, gewaltsame Proteste lassen die Furcht vor einem Bürgerkrieg steigen.

Der frühere Energieminister Russlands, Igor Jussufow, ist von der Bedeutung der Kürzung durch die Opec überzeugt: Der heutige Preis sei für eine nachhaltige Ölförderung zu niedrig. „Für alle Förderer sind 60 Dollar pro Barrel bequem. Natürlich wären 80 Dollar besser, aber das Wachstum in China hat sich abgeschwächt.

Preisniveaus dieser Art sind mittelfristig aber nicht zu erwarten. Denn je höher der Preis steigt, desto mehr Schieferölproduzenten kommen zurück. Und auch wenn es der Opec gelingt, die Lagerbestände bis Ende des Jahres auf einen Fünf-Jahres-Durchschnitt zu senken, könnte sie das die wiedergewonnene Geschlossenheit kosten. „Wenn der Markt in ein Angebotsdefizit rutscht, werden einzelne Staaten ausscheren und wieder mehr fördern“, sagte Commerzbank-Ölexperte Eugen Weinberg. Zudem zweifelt er daran, dass Russland seine Kürzung durchziehen. Die Konzerne des Landes strebten in der zweite Jahreshälfte an, wieder mehr Öl zu fördern. Fraglich sei auch, ob sich Kasachstan erneut der Kürzung anschließt. Schließlich wolle das Land endlich mehr aus seinem großen Kashagan-Ölfeld fördern.

Selbst wenn sich die Staaten erneut stark an die Fortsetzung der Förderkürzung halten, bleibt eine zentrale Frage unbeantwortet: Wie will die Opec den Ausstieg aus der Förderkürzung bestreiten? Sollte sie Ende März 2018 schnell ihre Produktion auf die üblichen Niveaus steigern, dürfte das die Preise erneut stürzen.

Eines ist schon: Opec-Schwergewicht Saudi-Arabien will nicht für das gesamte Ölkartell Verantwortung übernehmen und notfalls allein auf Marktanteile verzichten. Das Königreich hat damit schmerzhafte Erfahrungen in den 1980er Jahren gemacht. Damals schränkten sich die Saudis auf eigene Kosten ein, während andere Opec-Staaten mehr förderten als sie zugesagt hatten. Schließlich gaben auch die Saudis ihre Position auf. Die Folge: Der Markt wurde mit Öl geschwemmt und der Ölpreis blieb über Jahre niedrig.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%