Pantaflix Wenn Schweighöfer draufsteht, lässt sich alles verkaufen

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Der Chef denkt lieber global

Potenzielle Nutzer aber könnte das abschrecken. Sind Kinofilme erst einmal im Handel, werden sie hauptsächlich in den ersten drei Monaten konsumiert. Danach sinken die Abrufzahlen laut Goldmedia deutlich. Ob Pantaflix dieses Manko durch sein Angebot an teils uralten Folgen von ZDF-Serien wie „Rosamunde Pilcher“ oder „Traumschiff“ ausgleichen kann, darf bezweifelt werden. Einige Folgen sind über die Mediathek des öffentlich-rechtlichen Senders kostenlos verfügbar.

Derlei Argumente lassen Freunde der Firma nicht gelten. Einen Fokus lege das Unternehmen ja auf Filmfans, die im Ausland leben. Das Recht, deutsche Filme etwa in Brasilien zeigen zu dürfen, kaufen die globalen Filmverleiher nicht an. Die Nachfrage ist zu gering. In diese Lücke will Pantaflix stoßen.

Laut Analysetool Alexa Analytics wird Pantaflix.com vor allem aus Deutschland angesteuert. Hier hätten türkische Muttersprachler, oft „keinen uneingeschränkten Zugriff auf Filme aus ihrer Heimat“, sagt Vorstandschef Maag. Ob sie den über Pantaflix erhalten, darf aber bezweifelt werden. Die Plattform hat zwar mehr als 100 Filme in türkischer Sprache auf der Seite. Doch auch die sind vor allem älteren Datums. Zudem dürfte die Zielgruppe selbst von diesem beschränkten Angebot kaum erfahren.

Wer im Internet „türkische Filme streamen“ oder Ähnliches sucht, findet auf den vorderen Seiten keinen Hinweis auf Pantaflix. Auch die Suche nach den türkischen Namen der Filme führt oft nicht zum Ziel. Firmenchef Maag aber denkt ohnehin global. So habe Pantaflix seine Plattform in asiatischen Ländern wie Japan ausgerollt, um dadurch „600 Millionen Menschen mehr“ zu erreichen. Nur gibt es die Seite nicht auf Japanisch. Und für die größte Ausländergruppe in Japan – die Chinesen – hält sie nur neun Filme parat. An der Börse kommt Pantaflix trotzdem gut an. Knapp 30 Millionen Euro hat das Unternehmen über drei Kapitalerhöhungen seit 2015 eingesammelt. Pantaflix überzeugte sogar professionelle Investoren wie die Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI). Sie hält knapp sieben Prozent der Aktien. Die Gründer haben ihren Anteil derweil auf rund 60 Prozent reduziert – obwohl Maag auf einer Werbetour für die Aktie vor zwei Jahren noch angekündigt hatte, keine Anteile abgeben zu wollen.

In den vergangenen Monaten ist der Aktienkurs um gut 100 Prozent auf aktuell gut 160 Euro gestiegen. Sphene Capital, ein Analysehaus, das auf kleine börsennotierte Unternehmen spezialisiert ist, kommt jedoch zu dem Schluss, dass der faire Wert eher bei 44 Euro liegt. Der Analyst hat das Geschäftsmodell für die WirtschaftsWoche geprüft. Er schätzt, dass Pantaflix an einem für 3,99 Euro verliehenen Film abzüglich der Gebühren für die Produktionsgesellschaft und Google-Werbung nur 31 bis 81 Cent pro Film verdient. Selbst wenn mehr als eine Million Filme verliehen würde, ließe sich damit kein Unternehmenswert von 200 Millionen Euro rechtfertigen.

Seine Schätzung weicht deutlich von denen der Banken Warburg, Metzler sowie Hauck & Aufhäuser ab, die das Kursziel der Aktie zwischen 220 und 350 Euro sehen. Diese Institute geben jedoch alle an, Geschäfte mit Pantaflix zu machen, und verweisen auf mögliche Interessenkonflikte.

Im April werden all die Analysten vermutlich erst einmal in ihren Prognosen bestärkt. Die Zahlen für das vergangene Jahr sollen gut gewesen sein, heißt es im Umfeld des Unternehmens. Das dürfte vor allem auf die eigene Produktion zurückzuführen sein. So dreht Pantaflix für Amazon Prime eine zweite Staffel der Serie „You are wanted“. Hinzu kamen einige Filme. Die Firma sagte deswegen schon im Bericht für das vorvergangene Jahr „stark steigende Umsatzerlöse“ und ein „stark gestiegenes Ergebnis“ für das Jahr 2017 voraus. Über die Performance der Videoplattform aber verrät das nichts. Die aber ist der Hauptgrund für die hohen Schätzungen der Analysten.

Die Großaktionäre selbst zeigen kein übermäßiges Interesse an ihren Produktionen, obwohl sie die Filmeinnahmen so dringend brauchen. Während Schweighöfer die Premiere in Köln gleich ganz absagte, spazierten Vorstandschef Maag und Pantaflix-Co-Investor Marco Beckmann zwar über den roten Teppich. Die Vorstellung selbst schwänzten sie aber und saßen stattdessen im Burgerladen Hans im Glück.

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