Pensionslasten Dax-Konzerne müssen Rekord-Summe für Renten zurücklegen

Niedrigzins treibt Pensionsverpflichtungen rapide nach oben Quelle: dpa

Rekordhoch für die Dax-Unternehmen: Mehr als 400 Milliarden Euro müssen die 30 Konzerne des Deutschen Aktienindex für die Altersvorsorge aktueller und künftiger Betriebsrentner zurücklegen.

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Die auch im vergangenen Jahr deutlich gesunkenen Zinsen schlagen sich erneut enorm in den Altersvorsorgeverpflichtungen der 30 Unternehmen des Deutschen Aktienindex (Dax) nieder. Es geht um die Mittel, die die Unternehmen für die Altersvorsorge aktueller und künftiger Betriebsrentner zurücklegen müssen. Nach ersten Berechnungen des Beratungsunternehmens Mercer sind die sogenannten Pensionsverpflichtungen im Dax von knapp 368 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2018 auf aktuell 412 Milliarden Euro nach oben geschnellt – ein Plus von zwölf Prozent.

Sparer kennen das: Je niedriger die Zinsen, desto mehr Geld müssen sie anlegen, um ein Sparziel zu erreichen. Genauso ist es bei Unternehmen, die ihren Mitarbeitern eine Betriebsrente versprochen haben: Mit jedem Zinsrutsch geht die Verpflichtung nach oben. Die für die Bilanzen der 30 Dax-Unternehmen maßgeblichen Zinssätze beziehen sich auf Laufzeiten von 15 und 20 Jahren. Mercer kommt da zum Jahresende 2019 auf Werte von nur noch 1,3 und 1,5 Prozent, nach 2,0 und 2,2 Prozent im Vorjahr. „Zu Beginn des Jahres hätte keiner mit einer solch deutlichen Reduzierung des Zinsniveaus gerechnet“, so Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland.

EZB druckt und drückt, Siemens und Infineon stark betroffen

Doch die Politik der Europäischen Zentralbank mit ihren immer tieferen Negativzinsen und ihr wiederaufgenommenes Ankaufprogramm von Anleihen haben die langjährigen Zinsen auf Rekordtiefs gedrückt. Am stärksten davon betroffen waren 2019 Siemens und Infineon, die ihre Bilanz bereits zum 30. September erstellen. Im Frühherbst lagen die sehr langjährigen Zinsen sogar unterhalb der Ein-Prozent-Marke. Dennoch ist der sogenannte Deckungsgrad insgesamt nicht gesunken. Das Verhältnis aus den in den Bilanzen der 30 Dax-Unternehmen zurückgestellten Vermögenswerten und den Verpflichtungen für die Betriebsrentner ist sogar leicht von 67,2 auf 68,0 Prozent gestiegen, zeigt die Auswertung von Mercer.

Quelle: Mercer

Elf Prozent Rendite

Der Grund: Die Pensionsvermögen im Dax legten vergangenes Jahr von knapp 252 auf rund 279 Milliarden Euro zu – was eine Rendite von elf Prozent bedeutete. „Mit Blick auf die Kapitalmärkte war 2019 zwar ein turbulentes, aber insgesamt positives Jahr“, so Jeffrey Dissmann, Leiter Investment Consulting bei Mercer. Dass die Dax-Konzerne nur gut zwei Drittel der Altersvorsorgeverpflichtungen bilanziell gedeckt haben, wird gerne ausgeschlachtet von sogenannten Crash-Auguren, aber im vergangenen Jahr etwa auch von der renommierten Vermögensverwaltung Flossbach von Storch in einer Studie.

Aktionäre sollten auf den Cash-Abfluss achten

Die jeweilige Behauptung jedoch, dass die Altersvorsorge der Mitarbeiter unterfinanziert sei und hunderte Milliarden fehlten, sie ist falsch und führt sowohl Anleger als auch Mitarbeiter mit Pensionsansprüchen in die Irre. Denn zu den bilanziellen Vermögen haben die Dax-Konzerne milliardenschwere Altersvorsorgeverpflichtungen ausfinanziert – also bereits außerhalb ihrer Bilanz abgesichert. So sind bezogen auf den Dax regelmäßig alle Rentenansprüche vollständig oder nahezu vollständig gedeckt.

Dennoch sollten sowohl Aktionäre als auch Mitarbeiter mit Betriebsrentenanspruch das Thema beachten. Zum einen müssen die Unternehmen eben aufgrund des Niedrigzins teilweise enorme Summe an Kapital für Pensionäre reservieren oder milliardenschwer ausfinanzieren. Zudem sind die jährlichen Zahlungen bei Traditions-Unternehmen hoch und oft noch auf Jahrzehnte zu leisten. Die Deutsche Telekom etwa hat in ihrer letzten Bilanz für das Jahr 2018 errechnet, dass allein in den Jahren 2019 bis 2023 insgesamt gut 2,2 Milliarden Euro für Pensionen an Cash abfließen dürften. Das Geld fehlt für Investitionen oder eine höhere Dividende beispielsweise. Auch bei den Autobauern im Dax, bei BASF, RWE oder E.On spielt das Thema eine große Rolle. Ein vergleichsweise immer noch junges Hightech-Unternehmen wie SAP dagegen schiebt keinen Berg an Pensionsverpflichtungen vor sich her – einen nennenswerten Abfluss an Barmitteln dafür gibt es also nicht.

Echte Betriebsrente ist am Ende

Insgesamt umgehen die Unternehmen weitere zukünftige Lasten, indem sie nur noch Beiträge zur Altersvorsorge der Mitarbeiter garantieren, aber nicht mehr eine Verzinsung derselben. Das Risiko, am Ende wenig herauszubekommen, liegt dann bei den Angestellten. Und die Aussichten bleiben schlecht. Nach einer leichten Erholung zum Jahresende 2019, „ist es nicht auszuschließen, dass der Zins wieder sinken wird“, so Mercer-Chefaktuar Hagemann. Das würde auch bedeuten, dass die Pensionsverpflichtungen im Dax das Jahr über neue Rekordhöhen erklimmen.

Diese Dividenden dürfen Dax-Anleger erwarten
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