
Düsseldorf An heftige Kursausschläge haben sich die Anleger am Aktienmarkt in den vergangenen Wochen gewöhnt. Und das Papier des Solarunternehmens Q-Cells gehört schon lange zu den volatilsten deutschen Aktien. Doch die Ausschläge, die Q-Cells-Titel in den letzten Tagen hingelegt haben, sind selbst für diesen Zocker-Wert außergewöhnlich. In der laufenden Woche hat sich der Börsenwert von Q-Cells verdoppelt. Allein heute ging es um 27,5 Prozent hoch auf mehr als 1,16 Euro. Bereits am Donnerstag hatte die Aktie 25 Prozent gewonnen.
Überraschend ist neben der Intensität der Kursbewegungen auch die Richtung. Denn viele Anleger hatten Q-Cells schon abgeschrieben. Zu viele negative Nachrichten hatte es in der Vergangenheit gegeben. Im ersten Quartal machte das Unternehmen, einst Branchenprimus im Solarsektor und 2009 als "Business of the Year" ausgezeichnet, 41 Millionen Euro Verlust. Im zweiten Quartal waren es dann schon 355 Millionen Euro. Analysten sorgten sich, dass das Eigenkapital knapp werden könnte. Und die Aktie stürzte seit März von drei Euro auf knapp 50 Cent ab. Dabei war der Kurs bereits 2010 um 73 Prozent eingebrochen.
Im Oktober gab es dann aber eine erste vorsichtige Gegenbewegung. Q-Cells beendete den Monat mit einem Plus von 22 Prozent. Positiv kam an, dass die Gläubiger von Q-Cells dem Unternehmen Aufschub geben wollen. Die Investoren, die Wandelanleihen im Wert von gut 200 Millionen Euro halten, ermächtigten einen gemeinsamen Vertreter, die eigentlich Ende Februar fälligen Papiere unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Jahresende hinauszuschieben. Die Gefahr einer kurzfristigen Pleite ist damit zumindest geringer geworden.
Richtig los ging die Rally der Q-Cells-Aktie jedoch erst in dieser Woche. Ein Hintergrund der plötzlichen Gipfelfahrt ist die Meldung, dass der Solarkonzern mit Luxcara aus Hamburg und der Berliner MCG Management Capital Group Investoren für den geplanten Bau eines Mega-Solarparks gefunden habe. Bis zum Jahresende solle auf dem ehemaligen Gelände des Militärflughafens in Brandenburg-Briest auf einer Fläche von etwa 200 Hektar der größte Solarpark Europas entstehen, teilte Q-Cells am Donnerstag mit. Die Kapazität von 91 Megawatt soll ausreichen, um 22.500 Haushalte mit Strom zu versorgen. .
Für die Kursverdopplung binnen weniger Tage reicht das allein als Grund jedoch nicht aus. Vielmehr dürfte die Nachricht viele Spekulanten auf dem falschen Fuß erwischt haben. Q-Cells war seit Monaten ein Lieblings-Spielball von Short-Sellern. Diese leihen sich Aktien und verkaufen sie mit dem Ziel, sie später günstiger zurückkaufen zu können. Bloomberg-Daten zufolge waren 45 Prozent der Q-Cells-Aktien zuletzt leerverkauft.
Mit dem Kursanstieg der vergangenen Tage kamen die Spekulanten in Not. Sie mussten dringend Aktien kaufen, koste es, was es wolle. Da diese jedoch knapp waren, schoss der Preis in die Höhe - ein Mustersbeispiel für einen Short-squeeze, wie Börsianer die Notkäufe von Leerverkäufern nennen.
Wie es mit der Aktie weitergeht, ist kaum zu sagen. Ein Short-squeeze kann durchaus über mehrere Tage laufen, ein erneuter Einbruch nach der Übertreibung ist aber ebenso möglich. So oder so sollten Anleger, die das Spiel mit dem Feuer scheuen, vorerst die Finger von Q-Cells lassen. Das tun übrigens auch die Analysten: Die Analysten von Alpha Value bestätigten am Donnerstag ihre Verkaufsempfehlung für die Aktie. Zum Kauf hat Q-Cells seit Monaten kein Experte mehr empfohlen.