Der ehemalige TV-Moderator und Börsenbuchautor Markus Frick muss sich seit Donnerstagmorgen vor dem Landgericht den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft stellen. Sie hat Frick wegen des Verdachts auf versuchten sowie vollendeten bandenmäßigen Betrug sowie Marktmanipulation angeklagt. Frick soll für die Versendung von Börsenbriefen mitverantwortlich gewesen sein. Ihm und zwei mutmaßlichen Komplizen wird vorgeworfen, Anlegern Aktien von Letsbuyit, Autev und Venatus Interactive als unterbewertet empfohlen zu haben. Die Empfänger des Börsenbriefes sollten ein Musterdepot nachbilden. Fricks Strafverteidiger Daniel Krause wollte am Rande der Verhandlung keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben.
Die Macher der Publikation sollen vorgegeben haben, dass sie die Aktien in den nächsten Tagen selber kaufen würden, der Preis der Aktien würde dann steigen. Bei solchen Aktionen werben Aktien-Tippgeber meist für Papiere, um eigene, günstig erworbene Aktien teuer zu verkaufen. Die in den Börsenbriefen angedeutete Kaufabsicht soll nur vorgetäuscht worden sein. In Wahrheit sollen Aktien überteuert an Anleger verkauft worden sein. Frick selber soll zwei Millionen Euro bekommen haben, ein Mitangeklagter 300.000 Euro. Frick, gelernter Bäckermeister, sitzt seit Januar in Untersuchungshaft.
Rund 20 Minuten vor Prozessbeginn kommt der Verteidiger des Mitangeklagten Jörg B. aufgeregt zum Eingang des Gerichtes. Er zeigt seinen schwarzen Aktenkoffer vor, der mit einem Schloss gesichert ist. Ob jemand ihm bitte helfen könne, das Schloss aufzubrechen, fragt der Anwalt. Er bekomme es nicht auf und schließlich seien da wichtige Akten drin.
Drinnen im Saal finden sich die drei Angeklagten ein. Frick ist der einzige, der noch in Untersuchungshaft sitzt, er trägt zeitweise Handschellen, die ihm aber für die Dauer der Verhandlung abgenommen werden. Die anderen beiden Angeklagten – Jörg B. und Michael J. - sind nach einer kurzen U-Haft wieder auf freiem Fuß. Eine Handvoll Justizwachtmeister überwacht das Geschehen.
10 Uhr. Der Prozess beginnt. Staatsanwalt Torsten Krach verliest die Anklage. Die Angeklagten sollen über die Börsenbriefe Deutscher Aktiendienst und Kursraketen24 die Aktien gepusht haben. Krach verliest Namen von 30 mutmaßlich Geschädigten. Die meisten Namen sind Männernamen – Albrecht, Gerd, Heinz, Burkhard oder Dieter – das klingt, als wären eher ältere Semester betroffen. Krach nennt in jedem einzelnen Fall die Summe des Schadens. Jörg B. starrt nur noch vor sich hin, sein Blick wirkt wie versteinert, während Michael J. in seinen Akten blättert und Frick immer wieder mit seinen beiden Verteidigern Daniel Krause und Alexander Gehrmann tuschelt. Frick, früher braungebrannt, ist blass geworden. Und er sieht aus wie einer, der die letzten Nächte nicht unbedingt gut geschlafen hat. Nach außen hin aber wirkt er gelöst, er lacht ab und an, schüttelt dann wieder den Kopf, wenn Krach etwas vorliest, dem er nicht zuzustimmen scheint. Erst nach über einer Stunde ist Krach fertig, hat die komplette Anklage verlesen.
Die Herren dürfen jetzt selber etwas erzählen, zu ihrer Person und auch zur Sache. Fricks Strafverteidiger Krause kündigt an, dass sein Mandant sich erst in den nächsten Verhandlungstagen äußern werde. Aktuell sind neun weitere Termine angesetzt.
Den Mandanten nannten sie Waldemar
Michael J. erzählt von sich. Sein Vater starb, als er zehn Jahre alt war, der Bruder kam mit 26 bei einem Motorradunfall ums Leben. 1986 machte er den Hauptschulabschluss, dann eine Bäckerlehre. Er ging zum Bund, sprang Fallschirm, machte einen Metallhandel auf, ging insolvent, bekam zwei Söhne und stieg dann ins Matratzengeschäft ein. Zwischendurch entwickelte er Hundefutter und gründete einen Onlineshop für Tiere, der heute in Wien an der Börse gelistet ist, weil die Berliner Börse die Aktie angeblich nicht listen wollte. Momentan lebe seine Familie von 50.000 Euro im Jahr – vor Steuern. Dem Matratzengeschäft in der Schweiz könne er derzeit leider nicht nachkommen, da er aufgrund der Anklage nicht reisen dürfe. Er sei aber guter Hoffnung, dass es ihm bald wieder erlaubt sei.
Spektakuläre Urteile gegen Anlagebetrüger
Es ist ein Fall für die Geschichtsbücher: Dem Fondsmanager Bernie Madoff gelang es jahrzehntelang, ein höchst lukratives Schneeballsystem zu betreiben, bei dem die Einzahlungen der neuen Kunden für die Ausschüttungen anderer Kunden verwendet wurden. Mangel an Neukunden kannte Madoff offenbar nicht, denn es gelang im, seine oftmals prominenten und schwer reichen Kunden um insgesamt 65 Milliarden Dollar zu erleichtern. In der Finanzkrise flog der ganze Schwindel auf, weil einige Kunden große Summen abzogen. Im Jahr 2009 wurde Madoff zu 150 Jahren Haft verurteilt.
Im April 2011 sorgte das Urteil gegen den Börsen-Coach, Ex-N24-Moderator, Buchautor und Börsenjournalisten Markus Frick für Aufsehen. Er hatte ebenfalls Aktien öffentlich empfohlen, die er selbst besaß. Dadurch hat er dem Gericht zufolge 20.000 Anleger getäuscht und 42 Millionen Euro erlöst. Das Gericht brummte ihm ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung sowie 420.000 Euro Strafzahlung auf. 80 Millionen Euro wurden sichergestellt.
Er gilt als der deutsche Bernie Madoff: Helmut Kiener hat mit seinen Hedgefonds Anleger und Banken mit einem Schneeballsystem im Laufe der Jahre um mehr als 300 Millionen Euro betrogen. Das Urteil für Kiener im Juli 2011: zehn Jahre und acht Monate Gefängnis. Das Landgericht Würzburg verurteilte den 52-Jährigen wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung. Erst sehr spät im Gerichtsverfahren hatte Kiener ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Es waren die ersten Urteile in der sogenannten SdK-Affäre, bei der vor allem - inzwischen ehemalige - Funktionäre der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger wegen Kursmanipulation angeklagt waren. Der geständige Börsenbrief-Herausgeber Stefan Fiebach ist zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, weil er vor allem die Aktien bejubelt hat, die er selbst besaß. Zuvor hatte er die Anschuldigungen gestanden und Kursmanipulation in Mittäterschaft eingeräumt. Nach dem Geständnis von Fiebach räumte auch der ehemalige Sprecher der (SdK), Christoph Öfele, über seinen Anwalt Insiderhandel in 92 Fällen ein und bestätigte damit die Vorwürfe der Anklage in vollem Umfang. Der geständige Öfele war früher neben seinen Börsengeschäften auch Aufsichtsratschef des Fußballclubs 1860 München. Als seine Verwicklung in den Aktienskandal bekannt wurde, legte er den Posten bei den Löwen nieder. Im Gegenzug für das Geständnis verurteilte das Gericht Öfele zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Neben einer Geldstrafe soll Öfele eine Nebenstrafe von rund 220.000 Euro zahlen - was fast dem kompletten Vermögen entspricht, das der 43-Jährige im Verfahren angegeben hat.
Der US-Hedgefondsmanager wurde im Oktober in einem Strafverfahren zur Zahlung von insgesamt 63,8 Millionen Dollar sowie zu elf Jahren Haft verurteilt. In einem weiteren Verfahren wurde ihm eine Strafzahlung von 92 Millionen Dollar aufgebrummt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft fuhr Rajaratnam bis zu 75 Millionen Dollar an illegalen Profiten durch Insiderhandel ein. Er soll auf Grundlage von geheimen Informationen gehandelt haben, die ihm von im Wertpapiergeschäft tätigen Freunden und Kollegen zugesteckt wurden. Rajaratnam galt bei seiner Verhaftung als Milliardär, sein Galleon-Fonds verwaltete zu Spitzenzeiten sieben Milliarden Dollar.
Dem Geschäftsmann aus Texas wird angelastet, tausende Anleger um ihre Ersparnisse im Gesamtwert von sieben Milliarden Dollar gebracht zu haben. Ein Geschworenengericht hat ihn bereits verurteilt, das Strafmaß wird im Juni verkündet. Stanford drohen bis zu 230 Jahre Haft. Die Geschworenen erklärten Stanford des Betruges, der Verschwörung, der Geldwäsche und der Behinderung der Justiz für schuldig. Auf jeden der Anklagepunkte stehen Höchststrafen von bis zu 20 Jahren Haft. Außerdem soll der US-Investor seinen Opfern 330 Millionen Dollar erstatten. Der Fall flog 2009 auf. Mit seiner auf der Karibikinsel Antigua angesiedelten Firma hat Stanford offenbar mehr als 30.000 Investoren aus über einhundert Ländern um ihr Geld gebracht hat. Vor Gericht plädierte er auf nicht schuldig. Wegen Fluchtgefahr verbrachte Stanford die vergangenen drei Jahre hinter Gittern.
Jörg B. ist verheiratet, hat zwei Töchter. Mit 16 schloss er die Hauptschule ab. Er machte eine Ausbildung zum Maurer, ging zum Bund, schulte um und machte in Versicherungen. Er hatte einen Baukonzern mit zwölf Mitarbeitern, irgendwann ging er insolvent. Er baute ein Internetgeschäft auf, stellte Webseiten online, die Kunden kamen zahlreich – auch sein Freund Michael J. Der, erzählt Jörg B., sei 2012 an ihn herangetreten. B. solle Newsletter verschicken, Börsenbriefe und Internetseiten online stellen. 25.000 Euro soll J. ihm dafür einmal in bar gegeben haben. Allein der Auftraggeber, der hinter den Emails gestanden habe, der sei ihm nie bekannt gewesen. Daher habe man den Mandanten intern Waldemar genannt – angelehnt an Valdemort von Harry Potter. Ab und an habe sich aber ein gewisser AKI gemeldet mit Anweisungen, wie weiter zu verfahren sei. Den Inhalt der Börsenbriefe habe er, Jörg B., nie beeinflussen dürfen. Dass AKI womöglich Frick sein könnte, das habe er erst erfahren, als sein Mitangeklagter Michael J. inhaftiert worden sei. Er habe daraufhin dessen besten Freund angerufen, der ihm am Telefon gesagt habe, dass Frick ebenso festgenommen worden sei. Frick schüttelt den Kopf. Und, fährt B. fort: „Eine gewisse Naivität lasse ich mir vorwerfen. Aber der Fokus lag für mich auf der Dienstleistung.“ Dazu habe es auch gehört, Emailadressen auszusortieren. So habe man etwa geschaut, dass Empfänger der Kursraketen24 nicht auch noch den Deutschen Aktiendienst bekommen.
Der Berliner Frick ist vorbestraft: Das Landgericht Berlin hatte ihn im April 2011 wegen verbotener Marktmanipulation in 36 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Das Gericht hatte damals mehr als 42,6 Millionen Euro zugunsten der Staatskasse für verfallen erklärt. Dem Berliner Landgericht zufolge hatte Frick zwischen September 2005 und Juni 2007 in Börsenbriefen Aktien empfohlen, ohne seine eigenen wirtschaftlichen Interessen an der Kursentwicklung der Wertpapiere offenzulegen. Über eine Treuhandgesellschaft hielt er die Papiere selbst und verkaufte sie gewinnbringend an Anleger.
Ob Frick nun erneut verurteilt wird, bleibt abzuwarten. Die nächste Verhandlung ist am 5. November.