Die OECD rechnet damit, dass die Wirtschaft in Deutschland an Dynamik verliert. In diesem Jahr sollen es nur noch 1,9 Prozent Wachstum werden, im nächsten Jahr 1,8 Prozent. Ähnlich sind die Prognosen für die EU, wobei hier 2019 etwas besser ausfallen soll.
Die eigentliche Nachricht, die für Börsianer hinter diesen Zahlen steckt, ist weniger das leichte Nachlassen oder die von Schwarzsehern an die Wand gemalte Rezessionsgefahr. Das Entscheidende für Anleger ist, dass die Wirtschaft trotz Belastungen durch Handelsstreit, internationale Krisen, politische Divergenzen und gefühlte Untergangsängste weiter in einem passablen Wachstumskorridor verläuft.
Ob die Konjunktur nun um 1,7 Prozent oder 2,2 Prozent zulegt, ist für Börsianer egal. Erstens ändern sich Prognosen ohnehin ständig – im Frühjahr wurde noch ein Wachstum von 2,4 Prozent erwartet. Zweitens kommt es an der Börse nicht auf die Zahlen hinter dem Komma an, sondern auf den großen Trend. Und da ist ein moderates Wachstum optimal: Stabil genug, damit es nicht in die Rezession abkippt; aber auch nicht so stürmisch, damit keine Überhitzung droht oder eine scharfe Zinserhöhung.
Das konjunkturelle Umfeld passt zum fortgeschrittenen aber noch gesunden Stadium, in dem sich die weltweite Aktienhausse befindet. Konjunkturell wird es erst eng, wenn die großen Wirtschaftsräume wirklich in eine Rezession rutschen. Das aber ist derzeit nirgends in Sicht – weder in den USA, noch in China oder in Europa.
Dow Jones und S&P 500 haben nun neue Höchststände erreicht. Das passt zur stabilen wirtschaftlichen Entwicklung in den USA. Zugelegt haben auch die langfristigen Zinsen. Zehnjährige US-Staatsanleihen werfen wieder mehr als drei Prozent ab. Mit knapp 0,5 Prozent bringen Bundesanleihen dagegen 2,6 Prozentpunkte weniger. Zu einer Verengung des Spreads, also zur Verringerung des amerikanischen Zinsvorsprungs, ist es noch nicht gekommen. Dennoch legt der Euro gegenüber dem Dollar wieder zu.
Obwohl die Wirtschaft in Europa derzeit schwächer läuft als in den USA, spekulieren die Währungsmärkte schon darauf, dass in Europa die Zinswende langsam Form annimmt. Außerdem rechnen sie damit, dass der Zinsanstieg in den USA in Zukunft weniger dynamisch verlaufen könnte. Mit anderen Worten: Die Währungsmärkte gehen langfristig davon aus, dass der Zinsunterschied zwischen den USA und Europa tendenziell wieder geringer wird. Für die Börsen wäre das kein Nachteil, denn so groß ,wie es der Zinsunterschied zwischen den USA und der EU derzeit suggeriert, ist der Unterschied in der wirtschaftlichen Entwicklung auch wieder nicht.
Neue Höchstkurse bei Technologieaktien sind nur eine Frage der Zeit
Bis zur Stunde hängen die Technologieindizes etwas hinterher. Doch es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis sie zu neuen Höchstkursen vordringen. Ein Ende der großen Technologietrends ist in der Realwirtschaft nirgends zu sehen. Wenn sich etwas verschiebt, dann die Gewichtungen einzelner Aktiengruppen. Im Dax hat Infineon lange Zeit von der Hoffnung auf den Umbruch in der Autobranche profitiert. Angesichts der zuletzt schwachen operativen Entwicklung in der Fahrzeugbranche kam es nun zu Rückschlägen.