Riedls Dax-Radar Abwärtsspirale an den Börsen – und ein Funken Hoffnung

Corona-Crash: Abwärtsspirale an den Börsen. Quelle: dpa

Nach der ersten Phase des Corona-Crash hat der Dax kurzfristig die Chance auf eine Zwischenerholung. Erst danach dürfte der Markt einen Boden ausloten. Wo das sein könnte, dafür gibt es Anhaltspunkte.

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Mit panischen Verkäufen reagieren die Weltbörsen auf das weitere Vordringen des Coronavirus. Die Angstbarometer der Börse, die Volatilitätsmesser V-Dax und V-Stoxx, schießen auf Crash-Niveau hoch. Die Hoffnung, dass der Dax im Bereich der 200-Tage-Linie, also bei rund 12.600 Punkten, eine Erholung starten konnte, löste sich in Luft auf. Im Gegenteil, im professionellen Handel krachte der Dax bis auf 11.800 Punkte. Den Börsenhandel am Freitag startet er in der Spanne 11.800 bis 12.000 Punkte.

Das erste Kennzeichen eines panischen Marktes besteht darin, dass die Ausschläge sowohl in der Intensität wie in der Hektik das übliche Maß bei weitem überschreiten. Ein Crash ist Börse im Zeitraffer: Der Dax verliert in wenigen Tagen so viel, wie der vorher in Monaten gut gemacht hat.

Das zweite Kennzeichen besteht darin, dass der Markt nicht mehr differenziert, also alle Aktien in ähnlicher Weise in den Keller rauschen. Das ist derzeit noch nicht ganz der Fall. Selbst in den Indizes gibt es Unterschiede: Während Dax und Dow Jones schon tief unter ihre 200-Tage-Linien gerutscht sind, liegt der Technologieindex Nasdaq im europäischen Handel am Freitag (28. Februar) vormittags noch über diesem Durchschnitt. Auch an der deutschen Börse hält sich SAP, die wichtigste Technologieaktie, immer noch ein gutes Stück über den Bereich um 100 Euro; hier würde der langfristige Trend verlaufen. In Amerika haben die führenden High-Techs Apple, Microsoft und Amazon trotz hoher Verluste in den vergangenen Tagen ihre langfristigen Trends bisher noch verteidigt.

Corona: Gefahr einer Kettenreaktion

Auslöser des aktuellen Crashs war und ist die Angst vor den Folgen des Coronavirus. Dieses Risiko wird die Märkte noch auf Wochen beschäftigen. Allerdings kommt nun eine zweite Gefahr dazu. Der dramatische Absturz der Kurse, die Vernichtung von Werten im Billionenbereich, können eine Kettenreaktion in Gang setzen - von der Zurückhaltung von Investitionen bis hin zu hohen Abschreibungen. Das wiederum drückt auf Kurse und führt zu neuen Berichtigungen und neuen Verkäufen.

Wo diese Spirale nach unten endet, ist angesichts der hohen Dynamik offen. Dennoch gibt es für Anleger auch in der aktuell düsteren Marktlage einen Funken Hoffnung:

Auf der Zinsseite ist mit weiteren Entspannungen zu rechnen. Zehnjährige US-Bonds rentieren aktuell nur noch mit 1,2 Prozent, das ist fast eine Halbierung gegenüber Jahresanfang. Zehnjährige Bundesanleihen sind bei minus 0,55 Prozent. In beiden Fällen zeigt die Tendenz stabil nach unten. Das ist eine Stütze für den Aktienmarkt. Zudem ist, gerade angesichts der hochbrisanten Lage an den Märkten und der damit verbundenen Gefahr für die Konjunktur, mit Aktionen der Notenbanken zu rechnen, wahrscheinlich schon kurzfristig.

In jedem Crash der Börsengeschichte gab es nach dem initialen Einbruch zwischenzeitliche Erholungsphasen. Aus der Abfolge und der Stärke dieser Erholungen sind Schlüsse für das gesamte Ausmaß der Abwärtsbewegung möglich. Im Dax könnte ein solches Szenario wie folgt aussehen:

Die erste Ausverkaufsphase könnte in Kürze zwischen 12.000 und 11.500 Punkten aufgefangen werden. Das wären dann, über den Daumen gepeilt, von der Spitze 2000 Punkte Verlust. Danach ist eine technische Gegenreaktion möglich, die klassischerweise rund 40 bis 50 Prozent gutmacht, also etwa 800 bis 1000 Punkte. Im Dax könnte das kurzfristig eine Zwischenerholung bis an die 200-Tage-Linie um 12.600 Punkte einleiten. Dann allerdings droht wiederum eine Verkaufsphase, in der die Märkte schrittweise beginnen, einen Boden auszuloten. Sollte diese zweite Phase ein ähnliches Ausmaß wie die erste Abwärtsphase einnehmen, ergäbe das im Dax einen Zielbereich um 10.500 Punkte. Das wäre etwa auf dem Niveau des Tiefpunkts Anfang 2019. In einem solchen Szenario hätte der Dax den gesamten Börsengewinn des Superjahres 2019 binnen weniger Wochen pulverisiert.

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