Der erste Wahlgang in Frankreich war der Startschuss für einen neuen Kursanstieg. Dass die Rally dabei so heftig ausfiel, ist für Anleger ein wichtiges Signal: Offensichtlich waren die Märkte bisher vorsichtiger als angenommen und hatten doch erhebliche Ängste vor noch mehr Stimmen für Marine Le Pen.
Am 7. Mai kommt es zur endgültigen Entscheidung in der französischen Präsidentschaftswahl. Fällt sie, wie wohl wahrscheinlich, für Emmanuel Macron aus, dürfte das für die Börse allenfalls noch eine kleine Erleichterung sein. Sein Sieg ist durch die Kursgewinne der vergangenen Tage im Wesentlichen vorweggenommen. Sollte es, auch wenn das noch so unwahrscheinlich klingt, doch zu einem Sieg Le Pens kommen, gäbe es einen crashartigen Rückschlag.
So gesehen steckt in der Wahl für die Börse nur noch eine kleine Chance, aber ein (wenn auch unwahrscheinliches) großes Risiko. Dass der Dax bisher die schnellen Gewinne nach dem ersten Wahlgang verteidigen konnte, ist ein Indikator für einen versöhnlichen Ausgang.
Keine Angst vor Mario Draghi
Von der Zinsseite gibt es nichts Neues. Im Gegenteil, obwohl es konjunkturell ziemlich gut läuft und auch die Inflation an die von der EZB angepeilten zwei Prozent geht, hält Draghi an seiner sehr lockeren Geldpolitik fest. So soll der Ankauf von Anleihen unverändert bis Dezember weitergehen – und wenn notwendig, auch darüber hinaus. Es gibt derzeit nicht einmal Andeutungen zu einem möglichen Ende der lockeren Geldpolitik.
Für die Kapitalmärkte ist damit die Situation wie gehabt. Seit November schwankt die Rendite für zehnjährige Bunds zwischen 0,1 Prozent und 0,5 Prozent. Der Markt hat sich damit zwar über den negativen Tiefspitzen von 2016 eingependelt, eine schnelle Zinswende aber ist das nicht.
Letztlich ist diese Entwicklung für Aktien und Anleihen nicht einmal schlecht: Denn ohne dass es negative, abschnürende Effekte durch hohe Zinsen gibt, liegt das Niveau nun doch schon einen Schritt über dem Tief. Ginge es in diesem Tempo weiter, könnten die Bund-Zinsen 2018 dann in den Bereich 0,50 bis 1,00 Prozent vordringen. Auch dies wäre immer noch weder für die Assetmärkte noch für die Wirtschaft eine Abschnürung. An den Währungsmärkten würde es ebenfalls zur bisherigen Euro-Dollar-Bandbreite passen, die seit zwei Jahren zwischen 1,04 und 1,16 liegt.
Der Aktienmarkt ist robuster als die Stimmung
Substanziell kommen die Dax-Unternehmen voran. Ob soeben Continental oder vor kurzem Daimler, BMW oder Siemens – reihum werden hohe Erwartungen entweder bestätigt oder sogar übertroffen. Bei SAP sind die Gehaltsbestandteile, die sich am Aktienkurs orientieren, mittlerweile so groß, dass sie den Nettogewinn sogar drücken. Zumindest vorübergehend könnte das SAP-Aktien etwas zurückkommen lassen, womöglich in die Spanne von 90 bis 85 Euro. Für strategische Investoren sollte das dann wieder eine Einstiegsgelegenheit sein.
Bei 28 von 30 Dax-Werten verlaufen die aktuellen Kurse oberhalb der Durchschnittslinie der vergangenen 200 Tage. Diese Quote von 93 Prozent signalisiert einen sehr starken Markt, der in seiner ganzen Breite nach oben strebt. Die zwei Papiere, die nicht mithalten, sind zudem die bekannten Loser im Dax: E.On und Thyssenkrupp. Beide sind in keiner Weise mehr repräsentativ für die große Tendenz am Aktienmarkt.
Börse bedeutet immer Risiko
Die Wirtschaft ist weltweit auf gutem Weg, ohne überhitzt zu sein; das Zinsniveau bleibt auf absehbare Zeit niedrig; Anlagealternativen zu Aktien gibt es kaum; viele Unternehmen verdienen sehr gut und werden von großen Trends beflügelt; und an den Märkten herrscht keineswegs eitel Sonnenschein, wie im Jahr 2000. Eher ist das Gegenteil der Fall: Die Zahl privater Aktionäre stagniert oder ist rückläufig, und unter Profis haben viele in den vergangenen Monaten sogar Aktienbestände verkauft.
So gesehen gibt es derzeit im klassischen Börsenkosmos kaum Risiken, die den großen Aufwärtstrend abbrechen könnten. Die Augen schließen und sich zurücklehnen sollten Börsianer dennoch nicht. Denn Risiken könnten durch die Märkte durch externe Schocks entstehen.
Am gefährlichsten sind derzeit wohl die Machtspiele zwischen Nordkorea und den USA. Geht es nach der bisherigen Verfassung der Börsen, so bleibt es bei Drohgebärden und demonstrativen Manövern. Doch genau darin liegt das Risiko für Anleger – ähnlich wie bei der Wahl in Frankreich. Wenn nichts passiert, wird das an den Börsen achselzuckend zur Kenntnis genommen. Wenn aber doch, dann kracht es mächtig an den Märkten.
So könnte eine Dax-Absicherung mit Puts aussehen
Sollen Anleger deshalb im Mai verkaufen? – Nein. Börse bedeutet immer Risiko. Wer das nicht tragen will oder kann, für den sind Aktien die falsche Anlageform. Wer am Ball bleiben, aber dennoch gegen den schlimmen Fall gewappnet sein will, kann für kritische Zeiten eine Absicherung aufbauen.
Besonders gut eignen sich derzeit klassische Puts (Verkaufsoptionsscheine), weil die allgemeine Volatilität (Schwankungsbreite) am Markt niedrig ist, und dies die Preise für Puts unten hält. Da die Absicherung vor allem bei einem crashartigen Rückgang greifen soll, brauchen die Puts eine starke Hebelwirkung, im Fachjargon Omega genannt. Puts mit Basis 10.000 Dax-Punkten und Laufzeit bis Dezember 2017 haben derzeit ein Omega von elf. Sollte der Dax also in einem Crash zum Beispiel 20 Prozent verlieren, steigen diese Puts rechnerisch elfmal so stark, also um 220 Prozent. Theoretisch bräuchte man zur Komplettabsicherung also den elften Teil, rund neun Prozent des Depotwerts. Eine solche aufwendige und teure Vollkasko-Versicherung bauen sich selbst Profis nur kurz gegen akute Risiken.
Ein Ausweg ist eine Teilabsicherung: Also etwa drei bis fünf Prozent des Depotwerts kurzfristig in eine Put-Absicherung stecken und die dann wieder auflösen, wenn sich die Gefahr verzogen hat. Kracht es dann nicht, kostet das natürlich etwas, weil die Puts dann im Wert sinken. Doch dafür ist man ja mit seinem Aktiendepot im Aufschwung weiter dabei. Neben der Abfederung von Crash-Verlusten und der Beruhigung der Nerven ist das Dabeibleiben in einer langen Hausse der entscheidende Vorteil einer solchen Absicherung.