Riedls-Dax-Radar

Anhaltende Kurskorrektur mit guten Aussichten im Dax

Die Konsolidierung am deutschen Aktienmarkt dürfte noch etwas anhalten, obwohl die Aussichten gar nicht schlecht sind. Im zweiten Halbjahr könnte es dann wichtigen Schub aus Amerika geben.

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Stahlproduktion bei ArcelorMittal. Quelle: dpa

Der französische Stahlkonzern ArcelorMittal sieht eine leichte Entspannung auf dem internationalen Stahlmarkt. Die Nachfrage ist etwas robuster als befürchtet, sie dürfte 2016 nun leicht über Vorjahresniveau liegen und Mengen und Preise stabilisieren.

Für Börsianer ist diese Nachricht in dreifacher Hinsicht bemerkenswert. Erstens ist die Stahlbranche eine Basisindustrie, die in vielerlei Branchen liefert: Von der Fahrzeugherstellung über die Bauwirtschaft bis hin zu den Energieunternehmen. Wenn also tatsächlich eine Stabilisierung eintritt, ist das für die gesamte Wirtschaft ein wichtiges Signal.

Zweitens, die Stahlbranche ist vielfach verquickt mit den Rohstoffmärkten. Das betrifft vor allem den wichtigsten Rohstoff Erz sowie die Energieträger Kohle, Gas und Öl. Eine gesunde Wirtschaftsentwicklung ist ohne gesunde Rohstoffmärkte undenkbar.

Drittens, einen wichtigen Impuls sieht Arcelor in China. Hier scheint sich der Markt nun doch zu stabilisieren. Das ist ein zuversichtliches Signal von einer zentralen Volkswirtschaft, die – vor allem von Beobachtern hierzulande – in den vergangenen Monaten immer wieder abgeschrieben wurde.

Die Meldung von Arcelor passt zu der bisherigen Einschätzung, dass sowohl die Weltwirtschaft als auch die Wirtschaft in der EU sich moderat aufwärts entwickeln. Für Börsianer ist das eine gute Mischung, da sie bei niedrigem – oder derzeit sogar niedrigstem – Zinsniveau Aussicht auf steigende Unternehmensgewinne verspricht.

Dax-Schwergewichte im Kurz-Check:

Die Allianz ist die jüngste positive Überraschung. Natürlich leidet der Versicherer unter der aktuellen Zinssituation. Doch dies ist keineswegs neu, die Allianz hat sich frühzeitig darauf eingestellt. Das Geschäft mit Lebensversicherungen ist dort noch interessant, wo es keine Zinsgarantien mehr gibt. Das mag für Kunden wenig ersprießlich sein, die mangelnde Anlagemöglichkeit lässt oft keine Alternative zu. Dass die Allianz aus der Not der niedrigen Zinsen eine geschäftliche Tugend macht, spricht durchaus für sie.

Was Dax-Konzerne an ihre Anleger ausschütten

Durch den Dividendenabschlag ist die Allianz-Aktie wieder deutlich unter die 200-Tage-Linie gerutscht. Da die hohe und ziemlich sichere Dividende für die Aktie ein wichtiger Kaufgrund ist und die Ausschüttung nun gerade erfolgt ist, dürfte die aktuelle Konsolidierung noch etwas anhalten. Gut möglich, dass sich der Kurs in den nächsten Wochen zwischen 140 und 130 Euro wieder stabilisiert.

Auch die anderen Schwergewichte im Dax versprechen insgesamt einen soliden Geschäftsverlauf: SAP kommt mit seiner Cloud gut voran, die frühzeitige Investition in Datenbanktechnik, die beim Management von Big Data notwendig ist, wird sich langfristig auszahlen. Technisch gesehen ist die Aktie zwischen 65 und 60 Euro ein klarer Kauf. Dann wäre auch die fundamentale Bewertung noch einen Tick günstiger als aktuell.

Bayer, Siemens, Deutsche Telekom

Bayer-Aktien haben durch ihre eigene Baisse in den vergangenen zwölf Monaten die bisherige Überbewertung gut abgebaut. Der Pharmaschwerpunkt ist vielversprechend, wenngleich Bayer – etwa mit seiner Pipeline  - im Schatten der Großen steht. Ob sich die Aktie demnächst bei 95 Euro stabilisiert, bleibt abzuwarten. Ein Kauf ist Bayer kurzfristig noch nicht.

In aller Stille ist Siemens wieder zurück. Trotz der weltweiten Kapitalmarktkapriolen schwankt die Aktie seit zwei Jahren fast schon langweilig zwischen 80 und 100 Euro. Die Bewertung ist nicht überzogen, die Dividende mit vier Prozent Rendite ansprechend. Die Umstrukturierung kommt voran, ein stabilerer Ölpreis würde auch die Geschäfte des Zukaufs Dresser-Rand wieder beflügeln. In der breiten Spanne zwischen 90 und 80 Euro ist die Aktie für Dividendenanleger interessant.

Ebenfalls eine fruchtbare Entwicklung hinter sich hat die Deutsche Telekom. Hier schätzen Anleger nicht nur die wiedergewonnene Dividendenkontinuität, die durch gute Cash-Einnahmen gesichert ist, sondern die starke Position auf dem wichtigen europäischen Kommunikationsmarkt. Billig ist die Aktie derzeit nicht mehr, mittelfristig besteht ein Rückschlagrisiko in den Bereich 14 bis 13 Euro. Auf diesem Niveau dürften sich dann Neukäufe lohnen.

Tiefpunkte Ende Mai, Anfang Juni

Wenn man die Aussichten der fünf schwersten Werte im Dax zusammenfasst, so könnte sich die aktuelle Korrektur am deutschen Aktienmarkt noch etwas fortsetzen. Dennoch sprechen die insgesamt eher guten Gewinnperspektiven,  die nicht überzogenen Bewertungen und die technische Verfassung der Big Five nicht dafür, dass der Dax jetzt dramatisch abschmiert.

Sicher wäre es für den Gesamtmarkt ein Vorteil, wenn jetzt das Niveau um 9800 Punkten hält. Doch auch ein weiterer Rückgang bis 9500 wäre noch kein Drama. Von der zeitlichen Ausdehnung haben mittelfristige Korrekturen im Dax etwa vier bis sechs Wochen Spielraum. Ausgehend vom Korrekturbeginn in der letzten Aprilwoche würde das auf mittelfristige Tiefpunkte Ende Mai oder Anfang Juni deuten.

Entscheidend für die Gesamttendenz dürfte dabei die US-Börse werden. Hier ist zwar der Nasdaq derzeit etwas schwächer (das hat mit den Problemen der Ikonen Apple und Microsoft zu tun), doch wesentlich größer als zehn Prozent dürfte das aktuelle Restrisiko im breiten Nasdaq-100-Index derzeit nicht sein. Das würde gut zum Korrekturszenario im Dax passen.

Der Dow Jones ist sogar richtig robust. Noch immer ist er trotz weltweiter Schaukelbörsen deutlich über der 200-Tage-Linie. Und hier zeichnet sich für die nächsten Monate eine wichtige Entwicklung ab. Dann nämlich werden aus der Berechnung der Linie die stark rückläufigen Notierungen von August und September 2015 herausgenommen – mit dem Ergebnis, dass die 200er-Linie sogar bei gleichbleibenden aktuellen Notierungen steigen wird. Ein solcher Druck von unten ist für die nächsten Monate eine wichtige Stütze für die Weltbörsen.

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