Riedls Dax-Radar

Anleger sollten auf Trend-Unternehmen setzen

Die Anzeichen mehren sich, dass die Aktienmärkte nach ihrer mehrwöchigen Korrekturphase jetzt wieder nach oben drehen. Anleger sollten sich unter den Dax-Aktien dennoch die Rosinen rauspicken.

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Nullen und Einsen Quelle: dpa

Für zwölf Milliarden Dollar kauft der amerikanische Biotechkonzern Gilead einen Spezialisten für eine neue Therapie in der Krebsbekämpfung. Gilead-Aktien, die erst in WirtschaftsWoche 32 zu 65 Euro empfohlen wurden, schießen daraufhin auf 70 Euro hoch. Auch für den Dax ist dieser Anstieg aus drei Gründen ein gutes Zeichen.

Erstens macht er offensichtlich, dass es bei zahlreichen Unternehmen immense Barmittel gibt, die angelegt werden wollen. Im Fall von Gilead waren das bisher 36 Milliarden Dollar. Als Treibsatz stecken also nicht auf Kante genähte Bankfinanzierungen dahinter, sondern echte Substanz.

Zweitens zeigt sich, dass es bei den großen Fragen und Technologietrends – hier Gesundheit und speziell Krebsbekämpfung – immer wieder neue Entwicklungsstufen gibt, die mittel- und langfristig hohe Gewinne versprechen und deshalb von Investoren auch gut bezahlt werden. Die Aussicht auf solche sprunghafte Entwicklungen ist für die Aktienmärkte wichtig, da sie damit unabhängiger von Schwankungen der Konjunktur und Geldpolitik nach oben ziehen können.

Die Dax-Favoriten der Woche

Drittens zeigen die heftigen Kursreaktionen, dass Anleger einen solchen Schritt besonders dann honorieren, wenn eine Aktie (wie im Fall von Gilead) nicht überzogen bewertet ist.

Lieber SAP und Infineon als Thyssenkrupp und Daimler 

Auch im Dax gibt es zahlreiche Unternehmen, die von großen Trends profitieren: SAP und Infineon von der Digitalisierung, Adidas von der wachsenden Bedeutung von Freizeit und Sport in den Gesellschaften (besonders sichtbar übrigens am Hype um Ablösesummen im Fußball), Fresenius von Gesundheit, die Post (und zum Teil auch die Lufthansa) vom Megatrend Logistik.

Für die meisten Anleger ist es vorteilhaft, auf solche Trendunternehmen zu setzen und nicht auf konjunkturabhängige Zykliker aus klassischen Branchen wie Fahrzeuge, Chemie oder Stahl. Natürlich gibt es auch hier langfristige Entwicklungen jenseits wirtschaftlicher Schwankungen. Klassisch dürfte hier in der Fahrzeugbranche der Trend zur E-Mobilität werden. Umsetzen lässt sich der im Dax-Werten am ehesten noch mit Continental und wiederum Infineon.

Diffuses Bild bei den klassischen Autobauern

Die klassischen Autobauer dagegen bieten derzeit nach wie vor ein diffuses Bild. Daimler, BMW und VW sind fundamental betrachtet zwar günstig, doch es fehlt ihnen die große Zukunftsperspektive, für die Anleger auch wirklich Geld locker machen.

Es mag sein, dass viele Anleger im Fall der E-Mobilität etwas weit in die Zukunft schauen. Bei Tesla legen sie rund 50 Milliarden Euro auf den Tisch für ein Unternehmen, das wegen hoher Anlaufkosten für neue Produktionen in diesem Jahr auf einen Milliardenverlust zusteuert. Bei BMW bekommen sie für den gleichen Preis ein Unternehmen, das 2017 so viele Autos wie noch nie in seiner Geschichte verkaufen und dabei mehr als sieben Milliarden Euro netto verdienen wird.

Wo beide Unternehmen in fünf Jahren stehen werden, ist nicht ausgemachte Sache. Wenn bei Tesla der Hoffnungsträger Model 3 einschlägt und Produktion und Absatz planmäßig hochgefahren werden, kann die Aktie abermals höher stehen, obwohl sie schon heute ausgesprochen teuer ist.  

Die besten Aktientipps aus der BörsenWoche

Bei BMW wird ein solcher Kurszuwachs nur dann Realität, wenn das Unternehmen die Kurve zur E-Mobilität auch substanziell hinbekommt. Dafür reicht es nicht, von seinem Stromwägelchen i3 eine etwas sportlichere Version auf die Straße zu bringen, sondern eine komplett neue Modellpalette für die Zeit nach dem Verbrenner.

Bei BMW ist – im Gegensatz zu Tesla - eine solche Zukunftsperspektive noch nicht in Sicht. Und solange das nicht der Fall ist, wird sich auch der Aktienkurs von BMW auf absehbare Zeit nicht grundlegend erholen.

12.000 Punkte im Dax müssen halten, danach kann es in Richtung 12.600 gehen

Dem Dax kommt es zugute, dass sich die US-Börsen von ihrem Schwächeanfall Mitte August schneller als erwartet erholt haben. Treibende Kraft sind die Technologiewerte, sichtbar am neuen Hoch im Nasdaq-100-Index. Gut vertreten sind hier auch die durch den Gilead-Deal wachgerüttelten Biotech- und Pharmawerte. Sie haben durch die schwache Performance der vergangenen Monate ohnehin Nachholbedarf aufgebaut.

Der Kursanstieg in den USA wird zusätzlich befördert durch moderate Konjunkturzahlen und die Aussicht auf weiterhin niedrige Zinsen. Von einer Wende hin zu einem starken Renditeanstieg ist weiterhin nichts zu spüren. Zehnjährige US-Renditen haben mit 2,13 Prozent wieder das Tief vom Juni erreicht; Bunds bringen mit 0,36 Prozent etwas mehr als Mitte Juni – ein wesentlicher Grund für den derzeit starken Euro. Beide Kurven signalisieren, dass keine große Zinswende in Sicht ist.

Im Dax hat die wichtige Untergrenze bei 11900 Punkten gehalten. Derzeit hat sich das deutsche Börsenbarometer wieder etwas von der steigenden 200-Tage-Linie entfernt. Ein souveräner Aufwärtstrend wie bei amerikanischen Technologieaktien ist das aber nicht. Zentrale Gründe für den Nachlauf des Dax sind die exzeptionelle Schwäche der ehemaligen deutschen Vorzeigebranche Auto und die Bremswirkung des starken Euro.

Fazit: Die von den Technologiewerten getragene Erholung in Amerika, die Entspannung bei den Zinsen und der Abbau des Optimismus im Zuge der August-Korrektur sollen dazu beitragen, dass der Dax seinen Aufwärtstrend wieder fortsetzt. Steigende Rohstoffpreise (vor allem bei den Konjunkturmetallen Kupfer und Aluminium) sowie stabilere Schwellenländer (China sowieso, auch Russland und Argentinien kommen wieder) tragen ebenfalls zum besseren Gesamtbild bei. Für die nächste Woche bleibt es entscheidend, dass der Dax die Zone um 12.000 verteidigen kann. Die nächsten mittelfristigen Ziele lägen dann um 12.600.

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