Riedls Dax-Radar

Brexit-Angst löst Verkaufssignal im Dax aus

Die Unsicherheit über die Zukunft der EU wird zu einer neuen Belastung für den Aktienmarkt.

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Was Partnerländer über einen EU-Ausstieg denken
US-Präsident Barack Obama in London Quelle: AP
Die chinesische Flagge vor einem Hochhaus Quelle: dpa
Ein paar Rial-Scheine Quelle: dpa
Der russische Präsident Wladimir Putin Quelle: REUTERS
Das Logo des japanischen Autobauers Nissan Quelle: REUTERS

Die deutlichen Kursverluste wegen eines drohenden Brexits, auf die im Dax-Radar frühzeitig hingewiesen wurde, sind ein ernstes Warnsignal für Anleger: Sollte es am 23. Mai wirklich zu einem Ausstieg der Briten kommen, wird die Börse nicht einfach nach ein paar schwachen Sitzungen wieder zur Tagesordnung übergehen.

Fällt das Votum negativ aus, beginnt erst eine neue Zitterpartie. Vom kleinsten Handelsunternehmen bis hin zu den internationalen Beziehungen (etwa in der Flüchtlingsfrage) müssen unzählige Dinge zwischen den Ländern vertraglich neu geregelt werden. Dies wird Monate, wenn nicht sogar Jahre in Anspruch nehmen. Das lähmt den Handel und die wechselseitigen Investitionen. Bisher ist Großbritannien für Deutschland einer der wichtigsten internationalen Handelspartner.

Die politischen Fernwirkungen sind noch gar nicht abzuschätzen. Dass sich Finanzminister Wolfgang Schäuble am Wochenende auffallend defensiv in Sachen europäische Integration geäußert hat, wirft ein ganz anderes Licht auf den alten Kontinent: Das Prinzip der europäischen Einigung, das seit Jahrzehnten Common Sense war, erscheint plötzlich als angestaubte Leitidee aus vergangenen Tagen. Dabei profitieren gerade deutsche Unternehmen – zumal die internationalen Konzerne im Dax – sehr wohl von der EU als großem Handels- und Wirtschaftsraum.

Brexit schlimmer als Grexit

Ob die aktuelle Regierung in London ein negatives Votum überlebt, dürfte fraglich sein. Ein Vorteil bei der Bewältigung der aktuellen europäischen Krise ist das sicher nicht. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, stuft die Risiken für die Wirtschaft bei einem Brexit als wesentlich größer ein als beim Grexit, dem oft diskutierten Ausstieg Griechenlands. Schon der hat die Märkte über lange Monate in Atem gehalten.

Für den hiesigen Aktienmarkt rechnet die Deutsche Bank mit einem Rückschlagrisiko bis 9350 Punkten, wenn der Dax wegen der Briten-Krise seinen seit 2010 gegenüber anderen europäischen Aktien aufgebauten Vorsprung wieder einbüßt.

Kurstechnisch hat der Dax mit dem jüngsten Rückschlag unter 9900 Punkte ein Verkaufssignal ausgelöst. Das ist umso bedenklicher, da der Markt seit dem April-Hoch fast schon acht Wochen konsolidiert. Wäre der Dax in seinem bisherigen Aufwärtsrhythmus geblieben, hätte spätestens Mitte bis Ende Juni eine neue Anstiegsphase folgen müssen. Wenn die nun entfällt, spricht das für eine neue, größere Schwächephase im Dax.

Einen Vorteil haben die jüngsten Kursturbulenzen: Sie führen jedem Unentschiedenen vor Augen, wohin die Märkte (und die Wirtschaft) bei einem negativen Votum gehen. Vielleicht weckt das ja den einen oder anderen europafreundlichen Briten auf und die Insel bleibt doch beim Kontinent.

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