Riedls Dax-Radar

Chancen auf Kurserholung verbessern sich

Trotz Irritationen um die Geldpolitik der EZB hellen sich die Aussichten an den Börsen auf. Der Dax ist wieder da angekommen, wo er vor den Zinsentscheidungen war - und die Negativszenarien sind eingepreist.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Nach EZB-Entscheidung: Dax hat Chance auf weitere Kurserholung. Quelle: dpa Picture-Alliance

Den US-Märkten sei Dank - und nach dem Horror-Donnerstag (10. März) mit seinen Tagesschwankungen von 500 Dax-Punkten dürften sich die Börsen wieder beruhigen. Immerhin, was EZB-Chef Draghi abliefert, findet immer weniger Freunde.

Im ersten Moment, als die neuen, überraschend expansiven Schritte der EZB bekannt wurden, schoss der Dax nach oben – nur um danach richtig abzustürzen. Technisch hat das mit großen Positionen zu tun, die vorher aufgebaut worden sind. Der Anstieg war auch die schnelle Eindeckung derjenigen, die auf eine Kursenttäuschung gesetzt hatten. Beim anschließenden Mini-Crash wurde es dann manchen schon etwas mulmig - sogar mit fundamentalen Gründen.

Bei diesem Rückgang kam es zu einer merkwürdigen Umkehrung: Bisher war es immer die Europäische Notenbank, die als Garant für höhere Kurse stand. Nun, mit den erneuten, extrem expansiven Maßnahmen, wird sie immer mehr zum Teil des Problems. Selbst diejenigen, die grundsätzlich eine expansive Geldpolitik nicht schlecht finden, sprechen mittlerweile von Panikreaktion.

Die Einschätzung, dass die Notenbank mit ihrem Latein am Ende sei, ist für die Märkte nicht ungefährlich. Was will Draghi denn noch unternehmen, wenn die Wirtschaft eines Tages wirklich dramatisch abstürzt? (Was derzeit, trotz aller konjunkturellen Schwächezeichen, noch nicht der Fall ist.)

Bis auf weiteres müssen die Märkte jetzt mit zwei Dingen leben: Erstens damit, dass Draghi wahrscheinlich bis weit ins zweite Halbjahr hinein nichts mehr unternimmt. Und zweitens damit, dass es immer mehr Argumente für die Wirkungslosigkeit der aktuellen Notenbankpolitik gibt.

Auch die Fed wird expansiv bleiben

Nächste Woche ist die amerikanische Notenbank Fed an der Reihe. Aus ihren ursprünglich vier angedachten Zinserhöhungen wurden schon vor kurzem nur noch zwei – und jetzt sieht es so aus, als ob es gar keine mehr gäbe. Denn sollte die Fed bei ihrer Sitzung am 16. März ihrerseits nun die Zinsen anheben, wäre das nicht nur eine weitere, heftige Irritation für die Märkte. Es würde den Dollar wider Erwarten stärken, und das kann die US-Wirtschaft angesichts ihres Dynamikverlusts derzeit nicht gebrauchen.

Das sagen Ökonomen zur EZB-Entscheidung

Immerhin, nach der Draghi-Offensive hat Janet Yellen nun weitere Argumente, ihren im Dezember gestarteten Versuch einer Zinswende endgültig abzublasen. Ob sie jemals in ihrer Amtszeit dazu noch einmal einen neuen Anlauf nimmt, wird immer unwahrscheinlicher.

Für die Notenbankpolitik zu beiden Seiten des Atlantiks heißt das: Das Zinsniveau bleibt nicht nur niedrig, es wird in immer weiteren Bereichen negativ – und das, obwohl die Wirksamkeit der Geldpolitik selbst in den Augen ursprünglich wohlwollender Beobachter stetig schrumpft.

Öl und Gold als Börsenstütze

Normalerweise ist ein Anstieg des Goldpreises ein Zeichen für eine Krisenverschärfung; und höhere Ölnotierungen sind eine Belastung für die Aktienmärkte, weil sie die Kostenrechnung vieler Unternehmen verteuern. Nun aber sieht es danach aus, als ob es umgekehrt läuft: Steigende Ölpreise und Goldpreise werden vielfach als Entspannungssignale interpretiert.

Vor allem beim Öl funktioniert das gut. Seitdem der Preis für ein Barrel Brent bei knapp unter 30 Dollar gedreht hat, wächst die Hoffnung auf ein kleines bisschen Inflation. In den hochgerechneten Zahlen ist das zwar noch kaum zu spüren, aber der Deflationsdruck der vergangenen Monate lässt nach.

Obwohl die Öllager gut gefüllt sind und das Angebot durch die Produktion des Irans auf absehbare Zeit ausgeweitet wird, steigen die Preise. Der Grund dafür ist vor allem markttechnischer Natur: Das Hochrechnen von Angebots- und Nachfrageszenarien ist mittlerweile so gang und gäbe auf den Rohstoffmärkten, dass sich die Investoren darauf längst eingestellt haben. Aus diesem Grund fiel auch der Preisrückgang im vergangenen Jahr heftiger aus, als es den Veränderungen der physischen Marktverhältnisse entsprach. Das aber heißt, dass die Märkte jetzt bereinigt sind, die Rückschlagrisiken sich vermindert haben und die Preiskurve reif ist für eine deutlichere Erholung.

Diese Ausschüttungen dürfen Dax-Aktionäre erwarten

Der Goldpreisanstieg passt dazu. Höhere Goldpreise sind natürlich zuallererst ein Zeichen von Krise – aber eben nicht nur. Sie signalisieren darüber hinaus auch in klassischer Weise mögliche Inflationstendenzen; und sie stehen als vielbeachtete Rohstoffkurve auch dafür, dass der gesamte Rohstoffmarkt vor seiner Wiederentdeckung steht. Selbst am Markt für Erz gab es zuletzt heftige Preiseruptionen, die so gar nicht zu der nach wie vor flauen Nachfrage dort passen wollen.

Für die Aktienmärkte sind diese Preissteigerungen ein Vorteil. Sie spielen nicht nur den machtloser gewordenen Notenbanken in die Hände; sie nehmen darüber hinaus Druck von den Schwellenländern. Das wiederum entschärft die aktuelle Krisenlage und kommt über den Export auch den klassischen Industrienationen zugute.

EZB-Chef Mario Draghi setzt alles auf eine Karte und will mit einem bunten Strauß an Maßnahmen die Preise in der Euro-Zone antreiben. Was die EZB-Beschlüsse bedeuten und warum sie an ein Glückspiel erinnern.
von Saskia Littmann

Untergangsszenarien reichlich eingepreist

Nach dem EZB-Schock ist der Dax nun wieder da angekommen, wo er vor den Zinsentscheidungen war. Immerhin, bei einem Stand um 9700 rangiert er deutlich über dem Februar-Tief von 8700. So gesehen ist die Erholungstendenz nach wie vor in Ordnung. Könnte daraus vielleicht mehr werden, womöglich sogar eine Fortsetzung des alten Aufwärtstrends?

Zunächst einmal müsste der Dax bis zur 200-Tage-Linie kommen, die derzeit bei gut 10.400 verläuft und stetig nach unten driftet. Bei 23 von 30 Dax-Aktien verharren die Kurse immer noch unterhalb ihrer 200-Tage-Linie. Und wo sich die Notierungen darüber gerettet haben, da handelt es sich vor allem um Aktien, die wenig repräsentativ für die Gesamttendenz sind (Adidas, Lufthansa, Vonovia, Infineon, HeidelbergCement, Münchener Rück, SAP).

Dennoch, auch bei zentralen Aktien des Dax (Allianz, BASF, Daimler) zeigen sich Stabilisierungssignale. Selbst die Deutsche Bank kommt nach Meldungen über einen Verkauf ihrer Kreditversicherungen gut voran – obwohl sie in gleichem Atemzug vor neuen, sehr schwachen Geschäftszahlen warnt.

Auch das ist sind Zeichen dafür, dass die Märkte negative Erwartungen mittlerweile reichlich eingepreist haben und die Kurserholung im Dax sich erst einmal fortsetzen dürfte. 

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%