Riedls Dax-Radar
Bulle und Bär in Gold Quelle: Getty Images, Montage

Dax auf Goldkurs

Nach 600 Punkten plus in zwei Wochen fällt der Dax kurzfristig zurück. Aber danach sollte es mindestens eine weitere Kletterpartie geben. Warum dabei ausgerechnet der Anstieg beim Gold eine wichtige Unterstützung ist.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Der Dax hat in den vergangenen zwei Wochen etwas geschafft, das für die weitere Entwicklung in diesem Jahr wichtig werden dürfte: Er hat die Verluste der zweiten Mai-Hälfte nahezu komplett ausgeglichen, zentrale Unterstützungszonen verteidigt und ist trotz brenzligem Börsenumfeld nicht nach unten durchgerutscht.

Der Dax hat diesen Kraftakt im Gleichlauf mit den großen Börsenkurven geschafft. Der Dow Jones tauchte zwar Ende Mai kurz unter die wichtige Zone um 25.000 Punkte, hat dies aber in einem schnellen Rebound vom 3. bis 10. Juni mehr als wettgemacht. Ähnlich an der Technologiebörse. Da rauschte der Nasdaq-100-Index für wenige Stunden unter die Marke von 7000 Punkten, machte dann aber aus dem Stand heraus in fünf Tagen 600 Punkte gut.

Diese schnelle Erholung ist in dreifacher Hinsicht bemerkenswert: Erstens zeigt sie die innere Widerstandsfähigkeit der Märkte; zweitens fand der Anstieg in einem fundamentalen Umfeld statt, das von Unsicherheit und schwacher Wirtschaft geprägt ist; und drittens wird die positive Indikation, die darin steckt, untermauert, weil alle wesentlichen Indizes diese Erholungstendenz zeigen. Sogar der chinesische Shanghai Composite Index, der hauptleidtragende Markt des politischen Kräftemessens der Großmächte, hat sich partiell stabilisiert.

Die spannendsten Aktien der Woche

Gold mit Aufwärtsdynamik stimmt für Aktien positiv

Hilfreich für die Aktienmärkte ist eine fundamentale Entwicklung, die sich in den vergangenen Wochen wieder verstärkt hat: Die Tendenz zu noch niedrigeren oder noch negativeren Zinsen. In den USA sind die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen mit 2,09 Prozent nur noch einen Schnaps von der Zwei-Prozent-Marke entfernt. Hierzulande haben die zehnjährigen Bundesanleihen und die Umlaufrendite ihre bisherigen Tiefpunkte erreicht.

Die zähe wirtschaftliche Entwicklung und die Angst der Mächtigen, die Konjunktur könnte sich noch weiter abschwächen, hat die ursprünglichen Pläne weiterer Zinserhöhungen über den Haufen geworfen. Stattdessen machen nun wieder Szenarien von Zinssenkungen die Runde.

Wie substanziell diese Erwartungen sind, zeigt sich besonders am Goldmarkt: Hier hat der Preis für die Feinunze die stärkste Aufwärtsdynamik seit mehr als einem Jahr entwickelt. Sollte der Goldpreis nun sogar das Niveau um 1360 Dollar nachhaltig nach oben überwinden, wäre das ein starkes Kaufsignal für den großen Trend. Und es wäre andererseits eine wichtige Bestätigung für dauerhaft niedrige Zinsen, käme also Anleihen und Aktien ebenfalls zugute.

Die jüngste Stabilisierung im Dax wird nicht von der Breite des Marktes getragen. Abgeschlagen sind vor allem die Fahrzeugwerte. Immer mehr verfestigt sich die Überzeugung, dass die Branche mitten in der größten Krise seit Jahrzehnten steckt. Die Börsen nehmen das durch die eklatante Schwäche der Autoaktien und der Zulieferer seit mehr als einem Jahr vorweg. Eine Wende hin zu nachhaltig höheren Kursen ist derzeit bei keiner der vier Fahrzeug-Aktien im Dax (BMW, Daimler, Volkswagen, Continental) zu sehen. Allenfalls – und damit könnten auch diese Aktien zur Stabilisierung beitragen – sind hier vorübergehende Erholungen von gedrücktem Niveau aus möglich.

Ebenfalls unter Druck bleiben die anderen zyklischen Werte, vor allem die Chemie. Beispiel Covestro. Hier gibt es vorerst wenig Hoffnung fürs operative Geschäft, die Verkaufspreise bleiben auf niedrigem Niveau. Die Nähe zur Abnehmerbranche Automobil ist ein Handicap. Anlagestrategisch geht es hier vorerst um das Ausloten der Tiefen.

Spielraum für eine zweite Anstiegsphase

Ähnlich bei Thyssenkrupp. Durch die jahrelange Leidensgeschichte ist die Aktie ein Spezialfall, als Massenlieferant auch noch eng mit dem Schicksal der Fahrzeugindustrie verknüpft. Bayer leidet weiter unter Monsanto. BASF ist zwar günstig geworden und deshalb für antizyklische Investoren ein Thema, muss sich aber in einem schwierigen Umfeld neu strukturieren. Ein Durchstarten der Kurse ist damit vorerst schwierig. Henkel sackte wegen des konjunkturempfindlichen Klebstoffgeschäfts fast bis auf 80 Euro, hat aber durch die akzeptable Bewertung und die ansehnliche operative Rendite das Zeug zum Turnaround.

Stützen für den Dax sind hingegen die Allianz und die Münchener Rückversicherung. Bei beiden ist das operative Geschäft robust, obwohl das Umfeld niedriger oder negativer Zinsen für sie ungünstig ist. Das zeigt, wie erfolgreich die Umbaumaßnahmen waren, die hier in den vergangenen Jahren stattgefunden haben. Eine moderate Bewertung, hohe Dividenden und Aktienrückkäufe machen die Allianz und die Münchener Rück zu Basisinvestments.

Auffällig stark ist SAP. Das korrespondiert in Amerika mittlerweile mehr mit der Performance von Microsoft als mit der nicht so robusten Entwicklung von Oracle. Bei SAP bezahlen die Anleger den Erfolg der Cloud-Story. Daran dürfte sich auf absehbare Zeit nichts ändern.

Nicht schwach, aber auch noch nicht richtig in Bewegung gekommen, ist Siemens. Die Stabilisierung über 100 Euro zeigt, dass die Aktie immer weniger als Konjunktur-Papier wahrgenommen wird und schon gar nicht mehr als Kraftwerks-Aktie. Die Entwicklung hin zu einem Technologiekonzern mit Schwerpunkt Digitalgeschäft wird weitergehen, Siemens bleibt ein Fels im Dax.

Eine erstaunlich starke Entwicklung hat in den vergangenen Wochen Wirecard genommen. Im Umfeld der Compliance-Vorwürfe war die Aktie bis zur entscheidenden Untergrenze bei 100 Euro abgerutscht, hat dieses Niveau aber zweimal verteidigt. Der dynamische Anstieg seitdem zeigt, dass die Branche Bezahldienstleistungen im allgemeinen und Wirecard im Besonderen derzeit zu den großen Trendgewinnern gehören; auch wenn die Bewertung der Aktie sehr hoch ist.

Fazit für den Dax: Nach der starken Erholung in der ersten Junihälfte könnte der Dax kurzfristig etwas nachgeben. Gut 600 Punkte Plus brachte der Anstieg und wenn davon rund 250 Punkte verloren gingen, wäre das kein Problem. Kurzfristig sollte die wichtige Zone 11.800 bis 12.000 Punkte nicht unterschritten werden. Von da aus hätte der Dax dann Spielraum für eine zweite Anstiegsphase, etwa bis 12.400 Punkte. Geht es nach dem typischen Zeitfenster, könnte sich dieser Anstieg in der ersten Juli-Hälfte abspielen. Danach aber dürfte es wieder brisant werden, denn für eine weitergehende Hausse braucht der Dax eine neue, fundamentale Untermauerung.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%