Nach zahlreichen bitteren Enttäuschungen in den vergangenen Jahren ist es für SAP-Aktien ein wichtiger Vorteil, dass die Geschäfte nun vermehrt auf stabiles Wachstum einschwenken. Im ersten Quartal legte der Gesamtumsatz der Walldorfer um 10 Prozent auf 7,44 Milliarden Euro zu, der operative Gewinn kletterte um 12 Prozent auf 1,88 Milliarden. Beide Werte sind in dieser Größenordnung erwartet worden. Ausgeklammert sind dabei die Zahlen des amerikanischen Ablegers Qualtrics, der verkauft wird.
Unverändert stark ist SAP in seinem immer wichtiger werdenden Cloudgeschäft. Hier kletterte der Umsatz um 24 Prozent, der Anteil gut kalkulierbarer Umsätze im Konzern stieg um einen Punkt auf 82 Prozent. Gerade für Anleger macht dies das Geschäft kalkulierbarer und lässt schrittweise höhere Bewertungen zu.
Der Ausblick für 2023 ist stabil: Der Gesamtumsatz soll um sechs bis acht Prozent auf rund 27 Milliarden Euro zulegen, das Betriebsergebnis um acht bis elf Prozent auf bis zu 8,9 Milliarden Euro steigen. Bei Cloudprodukten rechnen die Walldorfer mit einem Plus von 23 bis 26 Prozent. Insgesamt ist SAP also durchaus auf dem Weg zu profitablem Wachstum.
Eine offene Flanke jedoch bleibt das umfangreiche Geschäft mit der Finanzierung junger Start-ups. Das hatte die Gewinne vor einem Jahr noch beflügelt, führt jetzt aber zu einem deutlichen Rückgang der Nettoerträge um 19 Prozent auf 509 Millionen Euro. Dass SAP damit beim Ergebnis je Aktie im ersten Quartal trotz des guten operativen Verlaufs nur auf 0,41 Euro kommt, ist für die Aktie eine Hypothek. Sollte sich die Lage an den Private-Equity-Märkten in den USA nicht nachhaltig aufhellen, könnten hier auch in den nächsten Quartalen Abstriche auf SAP zukommen. Für den von Banken für 2023 erwartete Gewinn von 3,41 Euro je Aktie allerdings, müsste SAP in den nächsten Quartalen deutlich zulegen.
Für den Verlauf der Aktie wird das nicht einfach. So könnte SAP nach dem starken Anstieg der vergangenen Monate nun wieder eine Konsolidierung einlegen, womöglich im Bereich 105 bis 120 Euro. Ein Ausbruch aus dieser Schwankungsbreite nach oben dürfte erst gelingen, wenn sich neben dem versprochenen Cloudwachstum auch eine Entspannung im Start-up-Geschäft abzeichnet.
Sartorius mit Nebenwirkungen nach dem Corona-Boom
Eine heftige Enttäuschung gibt es bei Biotech- und Laborzulieferer Sartorius. Im ersten Quartal ging der Umsatz um 11,9 Prozent auf 903 Millionen Euro zurück, der Nettogewinn sackte um ein Drittel auf 116 Millionen Euro. Beide Werte liegen weit unter den Erwartungen.
Sartorius-Aktien quittieren die schwachen Zahlen mit einem Kurseinbruch. Heftige Kursschwankungen sind zwar bei Sartorius nicht ungewöhnlich, dennoch hatten Anleger insgesamt doch eine langsame Normalisierung des Geschäftsverlaufs erwartet. Sartorius hatte im Coronaboom als Zulieferer von Impfstoffen enorm profitiert und ist, seitdem die Pandemie abflaut, nur sehr langsam wieder zurück auf dem Weg zur Normalität. Das Unternehmen rechnet, dass dies im zweiten Halbjahr der Fall sein könnte.
Als spezifisches Problem bei Sartorius kommt die hohe Bewertung dazu. Der für dieses Jahr mögliche Umsatz von 4,2 Milliarden Euro wird an der Börse auch nach dem jüngsten Kursabschlag noch mit dem Fünffachen bezahlt. Obwohl die Aktie seit Anfang Februar schon einen Rückgang von 466 auf jetzt 340 Euro hinter sich hat, ist Sartorius damit alles andere als ein Schnäppchen.
Gut möglich, dass sich die Aktie nun im Bereich 400 bis 300 Euro erst einmal auspendeln muss. Eine schnelle und nachhaltige Erholung ist nach der jüngsten Enttäuschung und vor allem den schwachen Auftragseingängen wenig wahrscheinlich. Ähnlich wie Mitte 2022 könnten dann vor allem im Bereich um 300 Euro vermehrt wieder antizyklische Käufer auftreten. Langfristig hat Sartorius als führender Biotech- und Laborzulieferer eine starke Position in einem wachsenden Markt.
Zäher Kursverlauf bei Deutscher Bank und Volkswagen
Meldungen über Stellenkürzungen, Verkleinerung des Vorstands und Umbau im Privatkundengeschäft sorgen bei der Deutschen Bank im Vorfeld der Quartalszahlen (die am 27. April veröffentlicht werden sollen) für Spannung. Zudem gehört die Deutsche Bank im Dax zu den Aktien, die seit den jüngsten Problemen amerikanischer Finanzhäuser und dem Untergang der Credit Suisse besonders unter Beobachtung stehen. Von US-Banken kamen bisher unterschiedliche Ergebnisse: Besser als erwartet von Bank of America, JP Morgan und Citigroup, schlechter als erwartet von Goldman Sachs.
Im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Bank vor allem von zwei Entwicklungen profitiert: Fortschritte bei der Kostenkontrolle und gute Ergebnisse im Wertpapiergeschäft. Ob die Deutsche Bank dies im schwierigen Umfeld der jüngsten Turbulenzen fortsetzen konnte, dürfte das zentrale Thema rund um den Quartalsbericht werden. Dazu kommt die Frage der Kapitalausstattung der Bank, die derzeit an der Börse besonders sensibel verfolgt wird. Hier lag die Deutsche Bank zuletzt mit einer harten Kernkapitalquote von 13,4 Prozent gut im grünen Bereich.
Aktien der Deutschen Bank konnten sich nach dem März-Rückschlag wieder etwas erholen. Dennoch ist der dynamische Aufschwung, der sich vom Coronatief bis Anfang 2022 vollzog, nun unterbrochen. In einer schwierigen Börsenlage könnte die Aktie in den nächsten Monaten bei Kursen zwischen acht und zehn Euro eine Stabilisierung ausbauen und dann von da aus im späteren Verlauf des Jahres erneut einen Anstieg starten.
Zu den Enttäuschungen unter den großen Dax-Aktien gehört derzeit Volkswagen. Im Gegensatz zu BMW und Mercedes-Benz hängt die Aktie der Wolfsburger weit unter ihren Topnotierungen aus dem Jahr 2021. Am 4. Mai steht der Bericht zum ersten Quartal auf dem Plan. Besonders spannend wird dabei die weitere Entwicklung in China und der dortige Wettlauf um die Elektromobilität. Wichtigste Gewinnbringer dürften weiter die Premiumableger Audi und Porsche sein.
Formal sind Volkswagen-Aktien mit einer Gewinnbewertung im unteren einstelligen Bereich eine der günstigsten Aktien weltweit. Das Problem dabei: Der Volkswagengewinn wird vor allem durch die komplette Konsolidierung von Porsche beflügelt. Rechnet man das heraus, sähe die Bewertung nicht mehr so ungewöhnlich günstig aus.
Börsengang: Fakten und Begriffe
IPO steht für „Initial Public Offering“, was so viel wie „erstmaliges öffentliches Angebot“. Im Angelsächsischen spricht man bei einem Börsengang auch von „going public“. Es geht also um den Börsengang, der Anlegern erstmals öffentlich Teile des Unternehmens in Form vom Aktien anbietet. Die Aktien sind dabei ein – meist winziger – verbriefter Anteil am Eigenkapital eines Unternehmens.
Eine Neuemission ist ein Angebot neu geschaffener Wertpapiere. Das können Aktien, Anleihen, Zertifikate oder sonstige Wertpapiere sein. Kommen etwa bei einem Börsengang neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung auf den Markt, spricht man von einer Neuemission.
Sie legt den Zeitraum fest, innerhalb dessen ein Anleger neu emittierte Wertpapiere zeichnen kann, also sich durch schriftliche Erklärung die Übernahme eines bestimmten Betrags zusichern kann. Nur wenn die Nachfrage schwach ist, wird eine Zeichnungsfrist auch mal verlängert.
Vor Beginn der Zeichnungsfrist nennt das Unternehmen eine Preisspanne, zum Beispiel von 20 bis 25 Euro. Die Investoren teilen dann mit, wie viele Aktien sie zu übernehmen bereit sind und nennen dafür einen Preis innerhalb der Preisspanne. Kommen nicht genug Anfragen zusammen, kann das Unternehmen – der Emittent – die Preisspanne auch senken. Aus den Zeichnungsaufträgen ermittelt der Emittent dann den Ausgabepreis, zu dem es die Aktien den Investoren überlässt.
Bei vielen Börsengängen können über das genannte Emissionsvolumen hinaus in den Tagen nach der Erstnotiz an der Börse weitere Aktien ausgegeben werden. Diese Mehrzuteilung wird auch Greenshoe genannt. Sie kommt bei hoher Nachfrage nach den Wertpapier zum Einsatz. Wie groß der Greenshoe ist, muss im Börsenprospekt stehen.
Nachdem die Aktien zum Ausgabepreis an die Anleger verteilt worden sind, wird es ernst: Die Aktien werden zum ersten Mal an der Börse gehandelt. Aus Kauf- und Verkaufsangebot wird der erste Kurs im Handel ermittelt – die Aktie notiert zum ersten mal an der Börse. Die Erstnotiz erfolgt zum angekündigten Datum, der erste Handelskurs sollte über dem Ausgabepreis liegen.
Wertpapiere, die an einer Börse gehandelt werden, unterliegen bestimmten Spielregeln. An einem regulierten Markt sind diese besonders umfassend und verlangen zum Beispiel Banken, die den Handel betreuen und Berichtspflichten, wie die Veröffentlichung von Quartalsberichten nach bestimmten Vorschriften. Am unregulierten Markt sind die Vorschriften lascher und die eine Überwachung des Handels – etwa bei der Kursbestimmung - greift nicht.
Beim Börsengang kommt eine zuvor festgelegt Zahl an Aktien in den Börsenhandel. Der Wert all dieser Aktien zusammen entspricht dem Platzierungsvolumen. Dabei kann es sich um neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung (Neuemission) oder um Aktien der bisherigen Eigentümer und vorbörslichen Investoren handeln.
Multipliziert man den Aktienkurs mit der Zahl aller frei handelbaren Aktien eines Unternehmens, erhält man den Börsenwert eines Unternehmens. Dieser entspricht der Marktkapitalisierung gleichgesetzt. Die Aktien, die nicht zum Handel an der Börse zugelassen sind, – also im Bestand des Unternehmens verbleiben – sind dabei unberücksichtigt.
Unternehmen lassen selten alle Aktien an der Börse zum freien Handel zu, sondern lediglich einen Teil. Liegt etwa der Streubesitz bei 30 Prozent, sind auch nur 30 Prozent der Eigenkapitalanteile an der Börse handelbar. Je höher der Streubesitz, umso liquider ist der Handel und umso geringer die Kursschwankungen, die sich aus Kauf- und Verkaufsorders ergeben.
In der Regel verbleibt bei einem Börsengang ein großer Teil der Aktien in Besitz von den bisherigen Eigentümern. Während der Haltefrist – auch Lock-up-Periode genannt – dürfen sie aus diesem Bestand keine Aktien verkaufen. Eine lange Haltefrist gilt als Bekenntnis zu einem Unternehmen.
Die Konsortialbanken begleiten den Börsengang und anschließenden Aktienhandel für ein Unternehmen. Das lassen sich die Banken natürlich vom Unternehmen bezahlen. Eine besondere Aufgabe fällt den Konsortialbanken zu, die sich als Designated Sponsor engagieren. Sie sorgen dafür, dass der Handel liquide bleibt, auch wenn zum Beispiel Käufer keinen Verkäufer der Papiere finden. Dann übernehmen sie den Part des Verkäufers, damit immer ein Kurs gestellt werden kann.
Darunter versteht man das Verfahren, mit dem der Preis für neu an die Börse zu bringende Aktien festgelegt wird. Da vor der Emission von neuen Aktien kein Börsenhandel mit diesen Papieren stattfindet, kann dieser Preis nicht durch Angebot und Nachfrage an der Börse bestimmt werden. Beim angelsächsischen Auktionsverfahren geben die Banken, die das Unternehmen an die Börse bringen, eine Preisspanne vor. Innerhalb dieser können Investoren ihre Gebote abgeben. Auf Grund der vorliegenden Orderlage wird der tatsächliche Emissionskurs letztlich aus dem Gebots-Durchschnitt gebildet. Früher wurde das heute kaum noch gebräuchliche Festpreisverfahren angewandt, bei dem sich die beratenden Banken und die AG schon vor Verkaufsangebot auf einen Preis einigten, den Anleger dann akzeptieren mussten.
Die Roadshow ist eine Werbetour eines Unternehmens bei möglichen Investoren. Dabei wird versucht, möglichst viele Investoren zu gewinnen, die den angestrebten Preis für die Aktien zu zahlen bereit sind. Die Roadshow ist daher wichtig, um die richtige Preisspanne auszuloten.
Zudem lässt sich der hohe Börsenwert, den die neue Porsche AG mittlerweile erreicht und an der Volkswagen die Mehrheit hat, nicht einfach bei VW hinzuaddieren. Zwar entspräche diese durchaus der Konsolidierungslogik der Bilanz. Doch wer auf Porsche setzt, kauft eben lieber gleich direkt Aktien der neuen Porsche AG und nicht VW-Anteile. Die hohe Bewertung von Porsche spiegelt sich damit in Porsche-Aktien wider und nicht in VW-Aktien.
Als echten Vorteil für VW brachte der Porsche-Börsengang jedoch eine enorme Steigerung des Eigenkapitals. Dieses Polster sollte mittelfristig zur Stabilisierung des VW-Aktienkurses beitragen, womöglich im Bereich um 120 Euro. VW bleibt damit generell eine substanziell günstig bewertete Aktie, gibt aber kurzfristig noch keine Signale, dass sich an der mageren Entwicklung der vergangenen zwei Jahre schnell etwas ändert.
Fazit für den Dax: Mit bisher 15.895 Punkten fehlen dem Dax bis zu seinem Allzeithoch (16.272 am 5. Januar 2022, jeweils Tagesschlussstand) noch 2,4 Prozent. Ob er dies nach fünf Wochen steigender Kurse jetzt auch noch schafft? Es wird knapp. Zwar stützt die Hoffnung, dass die Notenbanken (vor allem die amerikanische Fed) bei ihren Entscheidungen Anfang Mai tendenziell zurückhaltender bei ihrer straffen Geldpolitik werden könnten. Die faktische Verknappung der Liquidität nach der akuten Phase der Bankenturbulenzen und die Folgen erhöhter Zinsen dürften sich aber dennoch zunehmend auf Wirtschaft und Märkte dämpfend auswirken. Zudem ist vor allem in Amerika in den nächsten Monaten ein Abgleiten in eine Rezession noch lange nicht vom Tisch. Und die Erfahrung im S&P 500 zeigt, dass die Aktienmärkte in der Regel nicht vor einer Rezession ihr Tief ausbilden, sondern erst im Verlauf der Rezession.
Nach fünf Wochen Kletterpartie wäre eine Korrektur im Dax durchaus natürlich. Der Abstand zur 200-Tagelinie, die derzeit bei 14.103 Punkten verläuft, gäbe dafür genug Spielraum. Der Dax könnte damit in den nächsten Wochen sogar bis in den Bereich um 14.800 Punkte nachgeben (hier lag das Tief vom März), ohne seine im Herbst eingeleitete Aufwärtsbewegung zu verletzen.
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