Riedls Dax-Radar
Nach fünf Wochen Kletterpartie könnten enttäuschende Zahlen den Dax kippen lassen. Quelle: Getty Images

Dax droht Korrektur statt Allzeithoch

Offene Flanke bei SAP, VW im Schatten der Konkurrenz, Hochspannung bei der Deutschen Bank. Nach fünf Wochen Kletterpartie könnten enttäuschende Zahlen den Dax kippen lassen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Nach zahlreichen bitteren Enttäuschungen in den vergangenen Jahren ist es für SAP-Aktien ein wichtiger Vorteil, dass die Geschäfte nun vermehrt auf stabiles Wachstum einschwenken. Im ersten Quartal legte der Gesamtumsatz der Walldorfer um 10 Prozent auf 7,44 Milliarden Euro zu, der operative Gewinn kletterte um 12 Prozent auf 1,88 Milliarden. Beide Werte sind in dieser Größenordnung erwartet worden. Ausgeklammert sind dabei die Zahlen des amerikanischen Ablegers Qualtrics, der verkauft wird. 

Unverändert stark ist SAP in seinem immer wichtiger werdenden Cloudgeschäft. Hier kletterte der Umsatz um 24 Prozent, der Anteil gut kalkulierbarer Umsätze im Konzern stieg um einen Punkt auf 82 Prozent. Gerade für Anleger macht dies das Geschäft kalkulierbarer und lässt schrittweise höhere Bewertungen zu.

Der Ausblick für 2023 ist stabil: Der Gesamtumsatz soll um sechs bis acht Prozent auf rund 27 Milliarden Euro zulegen, das Betriebsergebnis um acht bis elf Prozent auf bis zu 8,9 Milliarden Euro steigen. Bei Cloudprodukten rechnen die Walldorfer mit einem Plus von 23 bis 26 Prozent. Insgesamt ist SAP also durchaus auf dem Weg zu profitablem Wachstum.

Eine offene Flanke jedoch bleibt das umfangreiche Geschäft mit der Finanzierung junger Start-ups. Das hatte die Gewinne vor einem Jahr noch beflügelt, führt jetzt aber zu einem deutlichen Rückgang der Nettoerträge um 19 Prozent auf 509 Millionen Euro. Dass SAP damit beim Ergebnis je Aktie im ersten Quartal trotz des guten operativen Verlaufs nur auf 0,41 Euro kommt, ist für die Aktie eine Hypothek. Sollte sich die Lage an den Private-Equity-Märkten in den USA nicht nachhaltig aufhellen, könnten hier auch in den nächsten Quartalen Abstriche auf SAP zukommen. Für den von Banken für 2023 erwartete Gewinn von 3,41 Euro je Aktie allerdings, müsste SAP in den nächsten Quartalen deutlich zulegen.

Für den Verlauf der Aktie wird das nicht einfach. So könnte SAP nach dem starken Anstieg der vergangenen Monate nun wieder eine Konsolidierung einlegen, womöglich im Bereich 105 bis 120 Euro. Ein Ausbruch aus dieser Schwankungsbreite nach oben dürfte erst gelingen, wenn sich neben dem versprochenen Cloudwachstum auch eine Entspannung im Start-up-Geschäft abzeichnet.

Sartorius mit Nebenwirkungen nach dem Corona-Boom 

Eine heftige Enttäuschung gibt es bei Biotech- und Laborzulieferer Sartorius. Im ersten Quartal ging der Umsatz um 11,9 Prozent auf 903 Millionen Euro zurück, der Nettogewinn sackte um ein Drittel auf 116 Millionen Euro. Beide Werte liegen weit unter den Erwartungen.

Sartorius-Aktien quittieren die schwachen Zahlen mit einem Kurseinbruch. Heftige Kursschwankungen sind zwar bei Sartorius nicht ungewöhnlich, dennoch hatten Anleger insgesamt doch eine langsame Normalisierung des Geschäftsverlaufs erwartet. Sartorius hatte im Coronaboom als Zulieferer von Impfstoffen enorm profitiert und ist, seitdem die Pandemie abflaut, nur sehr langsam wieder zurück auf dem Weg zur Normalität. Das Unternehmen rechnet, dass dies im zweiten Halbjahr der Fall sein könnte.

Als spezifisches Problem bei Sartorius kommt die hohe Bewertung dazu. Der für dieses Jahr mögliche Umsatz von 4,2 Milliarden Euro wird an der Börse auch nach dem jüngsten Kursabschlag noch mit dem Fünffachen bezahlt. Obwohl die Aktie seit Anfang Februar schon einen Rückgang von 466 auf jetzt 340 Euro hinter sich hat, ist Sartorius damit alles andere als ein Schnäppchen.

Gut möglich, dass sich die Aktie nun im Bereich 400 bis 300 Euro erst einmal auspendeln muss. Eine schnelle und nachhaltige Erholung ist nach der jüngsten Enttäuschung und vor allem den schwachen Auftragseingängen wenig wahrscheinlich. Ähnlich wie Mitte 2022 könnten dann vor allem im Bereich um 300 Euro vermehrt wieder antizyklische Käufer auftreten. Langfristig hat Sartorius als führender Biotech- und Laborzulieferer eine starke Position in einem wachsenden Markt. 

Zäher Kursverlauf bei Deutscher Bank und Volkswagen 

Meldungen über Stellenkürzungen, Verkleinerung des Vorstands und Umbau im Privatkundengeschäft sorgen bei der Deutschen Bank im Vorfeld der Quartalszahlen (die am 27. April veröffentlicht werden sollen) für Spannung. Zudem gehört die Deutsche Bank im Dax zu den Aktien, die seit den jüngsten Problemen amerikanischer Finanzhäuser und dem Untergang der Credit Suisse besonders unter Beobachtung stehen. Von US-Banken kamen bisher unterschiedliche Ergebnisse: Besser als erwartet von Bank of America, JP Morgan und Citigroup, schlechter als erwartet von Goldman Sachs

Im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Bank vor allem von zwei Entwicklungen profitiert: Fortschritte bei der Kostenkontrolle und gute Ergebnisse im Wertpapiergeschäft. Ob die Deutsche Bank dies im schwierigen Umfeld der jüngsten Turbulenzen fortsetzen konnte, dürfte das zentrale Thema rund um den Quartalsbericht werden. Dazu kommt die Frage der Kapitalausstattung der Bank, die derzeit an der Börse besonders sensibel verfolgt wird. Hier lag die Deutsche Bank zuletzt mit einer harten Kernkapitalquote von 13,4 Prozent gut im grünen Bereich. 

Aktien der Deutschen Bank konnten sich nach dem März-Rückschlag wieder etwas erholen. Dennoch ist der dynamische Aufschwung, der sich vom Coronatief bis Anfang 2022 vollzog, nun unterbrochen. In einer schwierigen Börsenlage könnte die Aktie in den nächsten Monaten bei Kursen zwischen acht und zehn Euro eine Stabilisierung ausbauen und dann von da aus im späteren Verlauf des Jahres erneut einen Anstieg starten. 

Zu den Enttäuschungen unter den großen Dax-Aktien gehört derzeit Volkswagen. Im Gegensatz zu BMW und Mercedes-Benz hängt die Aktie der Wolfsburger weit unter ihren Topnotierungen aus dem Jahr 2021. Am 4. Mai steht der Bericht zum ersten Quartal auf dem Plan. Besonders spannend wird dabei die weitere Entwicklung in China und der dortige Wettlauf um die Elektromobilität. Wichtigste Gewinnbringer dürften weiter die Premiumableger Audi und Porsche sein. 

Formal sind Volkswagen-Aktien mit einer Gewinnbewertung im unteren einstelligen Bereich eine der günstigsten Aktien weltweit. Das Problem dabei: Der Volkswagengewinn wird vor allem durch die komplette Konsolidierung von Porsche beflügelt. Rechnet man das heraus, sähe die Bewertung nicht mehr so ungewöhnlich günstig aus. 

Börsengang: Fakten und Begriffe

Zudem lässt sich der hohe Börsenwert, den die neue Porsche AG mittlerweile erreicht und an der Volkswagen die Mehrheit hat, nicht einfach bei VW hinzuaddieren. Zwar entspräche diese durchaus der Konsolidierungslogik der Bilanz. Doch wer auf Porsche setzt, kauft eben lieber gleich direkt Aktien der neuen Porsche AG und nicht VW-Anteile. Die hohe Bewertung von Porsche spiegelt sich damit in Porsche-Aktien wider und nicht in VW-Aktien. 

Als echten Vorteil für VW brachte der Porsche-Börsengang jedoch eine enorme Steigerung des Eigenkapitals. Dieses Polster sollte mittelfristig zur Stabilisierung des VW-Aktienkurses beitragen, womöglich im Bereich um 120 Euro. VW bleibt damit generell eine substanziell günstig bewertete Aktie, gibt aber kurzfristig noch keine Signale, dass sich an der mageren Entwicklung der vergangenen zwei Jahre schnell etwas ändert.

WiWo Coach Gesetzliche Rente oder Versorgungswerk – was ist besser?

Als Anwalt kann unser Leser bei der gesetzlichen Rentenversicherung oder einem Versorgungswerk einzahlen. Was lohnt eher? Rentenberater Markus Vogts antwortet.

Abwanderungswelle bei Sixt „Es beiden recht zu machen, ist eine unlösbare Aufgabe“

Der robuste Führungsstil von Sixt-Gründer Erich Sixt war legendär. Seine Söhne übertreffen ihn wohl noch. Die Abgänge häufen sich. Der Digitalvorstand ist schon weg, ein Finanzchef wird mal wieder gesucht.

Biontech „Das würde ein neues Zeitalter in der Krebstherapie einleiten“

Biontech arbeitet an über zwanzig Medikamenten gegen Krebs. Der Mediziner und Fondsmanager Markus Manns erklärt, wo es Hoffnung gibt, welche Präparate die besten Chancen haben – und wo es noch hakt.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Fazit für den Dax: Mit bisher 15.895 Punkten fehlen dem Dax bis zu seinem Allzeithoch (16.272 am 5. Januar 2022, jeweils Tagesschlussstand) noch 2,4 Prozent. Ob er dies nach fünf Wochen steigender Kurse jetzt auch noch schafft? Es wird knapp. Zwar stützt die Hoffnung, dass die Notenbanken (vor allem die amerikanische Fed) bei ihren Entscheidungen Anfang Mai tendenziell zurückhaltender bei ihrer straffen Geldpolitik werden könnten. Die faktische Verknappung der Liquidität nach der akuten Phase der Bankenturbulenzen und die Folgen erhöhter Zinsen dürften sich aber dennoch zunehmend auf Wirtschaft und Märkte dämpfend auswirken. Zudem ist vor allem in Amerika in den nächsten Monaten ein Abgleiten in eine Rezession noch lange nicht vom Tisch. Und die Erfahrung im S&P 500 zeigt, dass die Aktienmärkte in der Regel nicht vor einer Rezession ihr Tief ausbilden, sondern erst im Verlauf der Rezession. 

Nach fünf Wochen Kletterpartie wäre eine Korrektur im Dax durchaus natürlich. Der Abstand zur 200-Tagelinie, die derzeit bei 14.103 Punkten verläuft, gäbe dafür genug Spielraum. Der Dax könnte damit in den nächsten Wochen sogar bis in den Bereich um 14.800 Punkte nachgeben (hier lag das Tief vom März), ohne seine im Herbst eingeleitete Aufwärtsbewegung zu verletzen. 

Lesen Sie auch: Aktienanalyse Brenntag: Die stabile Seite des weltweiten Chemiegeschäfts

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%