Die Turbulenzen an den Aktienmärkten, die wirtschaftliche Schwäche in den Schwellenländern und der extrem niedrige Ölpreis haben die Europäische Notenbank bewogen, zunächst nichts an der Zinsfront zu unternehmen, jedoch für März mögliche Optionen vorzubereiten. Sollten sich die bisherigen Krisenfaktoren manifestieren, dann könnte es im Frühjahr eine kleine Zinssenkung durch die EZB inklusive weiterer Lockerungsmaßnahmen geben. Allein dass Draghi diese Möglichkeit angedacht hat, lässt die Kurse an den Aktienmärkten nach scharfer Talfahrt nach oben schnellen.
Wieder einmal steht die Notenbank an einem – zunächst kurzfristigen – Wendepunkt des Marktes. Die Kurse haben nach der EZB-Sitzung so mächtig aufgedreht, weil Draghi deutlich signalisiert hat, dass er die Märkte nicht allein lässt. Das ist wieder der alte Nexus, auf den die Anlegergemeinde in der Hausse gebaut hat: Wenn es eng wird, haut uns die Notenbank raus.
Der aktuelle Anstieg ist umso bemerkenswerter, da er sicherlich in Übersee mit scharfen Augen beobachtet wurde. Die Fed dürfte sehr wohl bemerkt haben, dass zwar ihre erste kleine Zinserhöhung den Märkten nicht geschadet hat, dass aber die Ankündigung möglicher weiterer Schritte durchaus zu Irritationen führte. So gesehen wäre es möglich, dass die Fed beim nächsten Mal sogar der Linie der EZB wieder näher kommt und nicht einfach ihren Zinswendezyklus durchzieht – gerade weil es in den vergangenen Tagen auch die amerikanischen Märkte ziemlich schwer erwischt hat.
Der Euro ist stärker als sein Ruf
Interessant ist in diesem Zusammenhang die relative Stärke des Euro. Obwohl es in Europa mit dem Thema Migration und neue Eigenständigkeit in Ländern wie Polen und Ungarn wahrlich Belastungen gibt und auch die europäische Wirtschaft (bis auf die deutsche) keineswegs vor Kraft strotzt, ist der Euro erstaunlich stabil. Im Vergleich zu den wichtigsten Währungen der Industrieländer hat er sich in den vergangenen Monaten gut geschlagen, gegenüber den Schwellenländerwährungen hat er sogar mächtig gewonnen.
Im Gegensatz zum gern verbreiteten Euro-Bashing ist der Euro bei Investoren keineswegs unten durch, sondern – natürlich zusammen mit dem Dollar – die wichtigste internationale Ankerwährung. Sogar der Schweizer Franken hat nach der Freigabe vor genau einem Jahr seine Stärke nicht mehr ausgebaut, sondern gegenüber dem Euro Boden verloren.
Die relative Stärke des Euro könnte auch damit zusammenhängen, dass die Märkte mittlerweile nicht mehr mit einer substanziellen Zinserhöhung in den Vereinigten Staaten rechnen, sondern eher damit, dass der bisherige Zinsvorteil in etwa bestehen bleibt. Das wäre sowohl wichtig für die US-Wirtschaft, die angesichts der Schwellenländerkrise unbedingt im Tritt bleiben muss – und mit einem stabilen Dollar-Euro-Verhältnis können natürlich auch die Europäer leben.
Dass derzeit der Renminbi im Zuge der chinesischen Wirtschaftsprobleme an Glanz verliert, kommt den Währungen der Industrieländer zugute, vor allem Dollar, Euro und Pfund. Und langfristig ist das auch für die anderen in Dollar und Euro notierten Assets kein Nachteil, also für deutsche sowie amerikanische Anleihen und Aktien.