Riedls Dax-Radar Der Dax steht auf wackligen Füßen

Zum Hexensabbat bleibt der Dax in Reichweite der magischen Marke von 10.000 Punkten. Unterstützt wird er vom fallenden Euro. Die Chancen auf eine Fortsetzung des Aufwärtstrends steigen – maßgeblicher Taktgeber bleiben die US-Börsen.

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Wackelige Erholung an der Börse in Frankfurt: Lässt sich der Aufwärtstrend fortsetzen? Quelle: dpa Picture-Alliance

Wie erwartet hat die amerikanische Notenbank nun erst einmal die Zinsen nicht mehr angehoben. Fed-Chefin Janet Yellen verweist zwar auf mögliche Erhöhungen. Dass sie dies aber wenige Monate vor der US-Präsidentschaftswahl im November noch macht, wird immer unwahrscheinlicher. Eine Zinsanhebung in den USA würde den Dollar wieder stärken, und das kann die US-Wirtschaft derzeit nicht gebrauchen.

Mehr noch, die latente Schwäche des Dollars hilft auf der anderen Seite, die weltweiten Rohstoffmärkte zu beflügeln. Besonders sichtbar ist das an Gold und Öl. Die schrittweise Renaissance der Rohstoffe hilft vor allem den zuletzt arg gebeutelten Schwellenländern. Damit ist sie ein wichtiger Baustein für die Stabilisierung der Weltwirtschaft.

Eine nachhaltige Schwäche des Dollars wäre natürlich eine Belastung für die europäischen Unternehmen, die in den vergangenen Jahren besonders von ihrer weichen Währung profitiert haben. Umso wahrscheinlicher dürfte es sein, dass die EZB im Fall einer deutlichen Euro-Erholung ihre negative Zinspolitik noch forciert. Ohnehin dürfte dies auch ein wesentlicher Grund für die starken jüngsten Maßnahmen von EZB-Chef Mario Draghi gewesen sein.

Der Euro ist stärker, als vielfach angenommen

Kurstechnisch sieht die Spanne zwischen 1,05 Dollar und 1,15 Dollar, die der Euro seit gut einem Jahr bildet, immer mehr nach einer Wende aus. Theoretisch gäbe der Euro sogar ein deutliches Kaufsignal, wenn er über 1,15 Dollar käme. Kurzfristig könnte danach ein schneller Anstieg bis auf 1,20 Dollar folgen; langfristig, in den nächsten zwei bis drei Jahren, wären sogar Euro-Notierungen bis 1,40 Dollar denkbar.

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Noch ist ein solcher Euro-Anstieg ein Szenario, mit dem die wenigsten rechnen. Doch die Tatsache, dass der Euro auf die jüngsten, sehr expansiven Schritte der EZB nicht mit einem weiteren Verfall reagiert hat, ist ein Signal dafür, dass die große Spekulation gegen den Euro womöglich doch nicht so stark ist, wie vielfach angenommen. Die Gemeinschaftswährung verbilligte sich am Freitagvormittag um einen knappen halben US-Cent auf 1,12 Dollar, nachdem EZB-Chefvolkswirt Peter Praet neue Hoffnungen auf weitere Zinssenkungen geschürt hatte. In den nächsten Wochen dürfte der Euro in der Zone 1,05 bis 1,15 Dollar bleiben.

Stabile US-Aktienmärkte als Basis für den nächsten Kursschub

Die latente Stärke des Euro ist der Grund, warum der Dax seit einigen Tagen schlechter läuft als die US-Märkte. Die gesamte Erholungsphase nach dem verpatzten Jahresbeginn wurde von den amerikanischen Indizes angeführt. Nun hat der Dow Jones mit seinem Anstieg auf 17480 sogar die 200-Tage-Linie übersprungen, auch der marktbreite S&P 500 ist über diesen wichtigen Durchschnitt der mittelfristigen Börsentendenz gestiegen.

Was Dax-Konzerne an ihre Anleger ausschütten

Diese Stärke-Signale sind umso wichtiger, da die Börsen vor wenigen Wochen noch drohende Abwärtswenden komplettierten. Nun sieht es immer mehr danach aus, dass aus den gesamten Kursschwankungen der vergangenen zwei Jahre Konsolidierungen werden und keine Abwärtswenden. Damit aber wäre die gesamte Aufwärtstendenz seit 2009 nach wie vor intakt.

Allianz: Vage Aussicht auf neue Renditebringer

Der Dax ist bei seiner Erholung noch nicht soweit wie die US-Märkte. Nach mehreren Anläufen ist er bis zu Stunde noch nicht einmal über die Hürde bei 10.000 gekommen. Die 200-Tage-Linie, die erst bei 10.400 Punkten verläuft, wurde bisher nicht ernsthaft angegriffen. Obwohl die Erholung seit Februar über das letzte Tief vom September gekommen ist und damit ein wichtiges Stärkesignal gibt, bleibt die übergeordnete mittelfristige Tendenz im Dax (seit Frühjahr 2015) noch immer nach unten gerichtet.

Diese Unsicherheit zeigt sich in führenden Werten des Index. Die Allianz hat die Untergrenze bei 130 Euro zunächst verteidigt, dennoch sieht die gesamte Kursbandbreite zwischen 130 und 170 Euro gefährlich nach einer großen Wende aus. Der operative Geschäftsverlauf der Allianz ist verhalten, die extrem niedrigen Zinsen machen es den Versicherern schwer, angemessene Renditen zu erwirtschaften.

Wenn die Allianz in immer weitere, eigentlich branchenfremde Bereiche investiert (Windkraftanlagen, Infrastruktur), mag das auf den ersten Blick eine interessante Diversifikation sein. Dennoch sind solche Investments Neuland für die Versicherer – und risikolose Renditen gibt es hier natürlich auch nicht. Trotz günstiger Bewertung und hoher Dividende ist die Allianz allenfalls im Bereich zwischen 130 und 140 Euro interessant. Und die Gefahr der großen Abwärtswende ist auch nicht vom Tisch.

Börsenbeben für die Ölmultis

BASF: Hoffen auf die Erholung beim Ölpreis

Ähnlich sind die Aussichten bei BASF. Auch hier hat der Kurs mit dem ersten Rutsch unter 65 Euro ein Verkaufssignal gegeben. Der fundamentale Hintergrund dieser Schwäche ist die weltweite Eintrübung des operativen Chemiegeschäfts und die Folge des billigen Öls, vor allem für die Fördertochter Wintershall. Immerhin, die jüngste Erholung hat die Aktie wieder an die neuralgische Zone um 65 Euro geführt. Sollte sich diese Erholung fortsetzen, wäre das ein wichtiger Baustein für die Behauptung des großen Trends.

Entscheidend für BASF wird die weitere Entwicklung des Ölpreises. Normalerweise, wenn der Ölpreis nicht zu stark schwankt, kann BASF dies ausgleichen: Ist Öl teuer, treibt das zwar die Kosten für die Chemieproduktion, dafür aber bringt die Förderung hohe Gewinne. Wird Öl nicht so hoch gehandelt, dämpft das den Wintershall-Gewinn, die Chemieproduktion aber wird günstiger.

Immun gegen heftige Ölpreis-Schwankungen ist BASF aber nicht. Die Öl-Baisse der vergangenen Monate war so schwer, dass die Kunden im Chemiegeschäft ihrerseits auch einen Vorteil bei den Preisen durchdrücken konnten; der Dynamikverlust der weltweiten Chemienachfrage tat ein Übriges.

BASF-Aktien sind deutlich gesunken, aber richtig billig geworden sind sie noch nicht. Mit einer 14-fachen Bewertung der für dieses Jahr erwarteten Gewinne bewegen sie sich in einem langfristigen Mittelfeld. Antizyklische Käufe dürften erst im Bereich um 60 Euro interessant werden. Und auch dann sollten sich Kaufwillige noch Pulver trocken halten, wenn es in einem Ausverkauf sogar in Richtung 50 Euro gehen sollte.

Fazit für den Gesamtmarkt: Die Gefahr eines Absturzes im Dax ist deutlich geringer geworden. Allerdings ist andererseits die Fortsetzung des großen Aufwärtstrends noch nicht gesichert. Die nächsten Wochen werden wacklig bleiben.

Dabei sollte sich der Dax – das ist hier die Annahme – über 9500 halten und von hier aus im späteren Jahresverlauf den langen Aufwärtstrend wieder fortsetzen. Maßgeblicher Taktgeber dafür bleiben die US-Börsen.

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