Riedls Dax-Radar

Der Aktienmarkt im Bann des Diesel-Crashs

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Die Belastungen durch den Euro dürften zunehmen

Die zweite Hypothek, unter der deutsche Aktien derzeit leiden, ist der starke Euro. Mit fast 1,18 Dollar ist der Euro mittlerweile deutlich über die Schwankungsbreite der vergangenen zwei Jahre hinausgekommen. Die hohe Dynamik, mit der er kurzfristig immer wieder nach oben drängt, ist ein klassisches Zeichen für einen neuen Trend. Technisch stehen dahinter vor allem Auflösungen von Euro-Short-Engagements und neue Positionierungen aus dem Dollarraum.

Natürlich könnte der Euro nach vier Monaten steiler Kletterpartie erst einmal eine Pause einlegen. Auch die Entwicklung zum Yen, die ähnlich verlief, legt das nahe. Dennoch hat sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Euro mit der aktuellen Stärkedemonstration an seinem Comeback arbeitet. In den nächsten Jahren wären danach Notierungen zwischen 1,20 und 1,30 Dollar möglich.

Eine Katastrophe für den Dax wäre das nicht. Dennoch wird es in zahlreichen Unternehmensabteilungen und Analystenbüros deshalb neue Hochrechnungen geben, die zu neuen Prognosen führen. Das ist ein wesentlicher Grund, warum die international ausgerichteten Unternehmen im Dax derzeit unter Druck stehen – wozu natürlich besonders auch die Autowerte gehören. Auf der anderen Seite wird der klassische Euro-Gewinner Adidas zusätzlich zum eigenen Höhenflug noch befeuert.

Verkehrte Finanzwelt: Lieber Commerzbank als Deutsche Bank

Zu den wenigen Dax-Aktien, die aktuell im Aufwind sind, zählt die Commerzbank. Ihr operativer Fortschritt ist nicht atemberaubend, doch sie bietet für einen Börsenwert von 14 Milliarden Euro rund 500 Milliarden Euro Bilanzsumme, an die 18 Millionen Kunden und 1000 Filialen. Das ist, zumal in der größten Volkswirtschaft Europas, etwas wert. Und das sehen auch clevere Investoren wie Cerberus, der sich für fünf Prozent bei der Commerzbank eingekauft hat.

Ob der Finanzinvestor mehr will, ist offen. Bisher ist sein Investment nur 700 Millionen Euro stark. Die ganze Bank kann er nicht übernehmen, doch für mächtige Bewegungen kann er schon sorgen. Damit dürfte die Sanierung der Bank flotter weitergehen – letztlich mit dem Ziel, Werte zu heben. Der Bund als Großaktionär sieht das sicherlich gern. Immerhin bräuchte er mehr als eine Verdopplung des Kurses, damit er seinen einstigen Einsatz wiedersähe. Austeigen wird er jetzt sicher nicht. Auch Privatanleger können bei der CoBa am Ball bleiben.

Ein rentables Engagement ist die Allianz. Bei seinem Konzernumbau und der Digitalisierung kommt der Versicherungsriese besser voran als erwartet. Das operative Geschäft läuft gut, die Prognosen wurden soeben angehoben. Da die Aktie günstig bewertet ist und eine hohe Dividende bietet, wird sie auch von Großanlegern geschätzt. Das macht den Aufwärtstrend nachhaltig.

Eine Enttäuschung bleibt die Deutsche Bank. Dabei waren die Zahlen zum Halbjahr gar nicht so schlecht. Die Kostensenkungen kommen voran, das Kreditgeschäft ist im Laufen, neue hohe Belastungen durch juristische Auseinandersetzungen sind nicht absehbar. Dass die Erholung allerdings nur so langsam vorankommt, hat an der Börse enttäuscht und zusammen mit den verhaltenen Prognosen zu dem jüngsten Kursrutsch geführt.

Eine weitere Belastung ist der chinesische Großaktionär der Deutschen Bank, das Firmenimperium HNA, der ins Visier der Aufseher gekommen ist. Sollte HNA plötzlich Liquidität brauchen, wäre auch ein Ausstieg aus der Deutschen Bank möglich. So schnell, wie HNA gekommen ist, kann er auch wieder gehen. Die Unsicherheit darüber und die zähe operative Entwicklung machen die Deutsche Bank zu einer Geduldsprobe für Anleger.

Fazit für die Gesamtentwicklung im Dax: Die seit einigen Wochen laufende Korrektur geht weiter. Die Durchschnittslinie der vergangenen 100 Tage hat der Dax nach unten durchschlagen; der 200-Tage-Durchschnitt, der aktuell bei 11.830 Punkten verläuft und noch stabil nach oben zeigt, könnte in den nächsten Tagen erreicht werden. Im Bereich um 12.000 läge dann die nächste Zielzone. Spätestens dann sollte eine Erholung um einige hundert Punkte möglich sein. Dafür sprechen die Stabilität der taktgebenden US-Börsen, und die Chance, dass es im Steigflug des Euro zumindest eine vorübergehende Pause gibt. Dennoch: Insgesamt tun Anleger derzeit gut daran, lieber etwas vorsichtiger zu sein. Das Risiko schneller Kursverluste ist derzeit wesentlich größer als die Gefahr, dass Aktienkurse nach oben davonlaufen.

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