Riedls Dax-Radar

US-Märkte retten europäische Aktien

Seite 2/3

Die Brexit-Folgen sind keineswegs vom Tisch - im Gegenteil

Im Fahrwasser der starken US-Entwicklung hat der Dax die Marke von 10.000 Punkten wieder genommen. Das ist, wie vor einer Woche hier festgestellt, durchaus ein gutes Zeichen für die nächsten Monate – wenngleich das Thema Brexit an den Börsen damit keineswegs schon Vergangenheit ist.

Bisher hat der Dax noch nicht einmal nicht einmal die Kurslücke komplett geschlossen, die er durch den Brexit-Crash am 24. Juni gerissen hat. Am 23. Juni endete der Parketthandel im Dax bei 10257 Punkten, nachbörslich ging es noch ein paar Punkte nach oben. Am 24. Juni setzte der Handel dann mehr als 1000 Punkte weiter unten ein. Der Dax müsste also erst mindestens bis etwa 10250 Punkte steigen, erst dann hätte er das Brexit-Gap geschlossen. Das heißt aber nicht, dass es selbst in einem solchen Fall bruchlos nach oben weiter geht – im Gegenteil. Aus klassischer Sicht ist gerade das Schließen von Lücken oft ein Signal dafür, dass es danach wieder in die andere Richtung geht.

Fundamental werden sich die Folgen des Brexits erst Schritt für Schritt zeigen. Der britische Immobilienmarkt wackelt gewaltig. Das bekommen auch Anleger hierzulande zu spüren – etwa wenn sie einen braven Fonds wie den klassischen Hausinvest im Depot haben. Der ist nämlich keineswegs nur harmlos, denn ein Viertel seiner Assets steckt in britischen Immobilien.

Zur Entwarnung wird gern darauf hingewiesen, dass britische Aktien nach dem Brexit doch so deutlich gestiegen seien. Das ist richtig, aber nur, wenn man den Gesamtdurchschnitt FTSE 100 nimmt. Die Entwicklung einzelner Aktien ist aber sehr unterschiedlich: Immobilienpapiere stehen weiterhin massiv unter Druck, Banken sind reihenweise angeschlagen. Manche Kurskurven sehen so desaströs aus wie in der Finanzkrise 2008/2009. Das ist kein vertrauenserweckendes Umfeld, vor allem nicht für Banken auf dem europäischen Festland.

Kräftig gestiegen sind die Gewinner des schwachen Pfunds. Und da die meisten britischen Unternehmen, die großen börsennotierten zumal, weltweit ausgerichtet sind, hat sich diese Schwäche unterm Strich für den britischen Aktienmarkt positiv ausgewirkt. Noch nicht ausgewirkt haben sich dagegen die möglichen Hemmnisse im Handel mit der EU. Denn faktisch gilt nach wie vor die bisherige Ordnung nach EU-Regeln. Und auch mögliche Umzüge und Investitionsentscheidungen werden sich erst Schritt für Schritt in hochgerechneten Zahlen niederschlagen.

Mit anderen Worten: Derzeit profitieren die britischen Unternehmen erstens vom schwachen Pfund und zweitens von den derzeit weiter bestehenden alten Handelsmöglichkeiten mit der EU. Dieser doppelte Vorteil macht aus dem britischen Aktienmarkt zunächst einen Gewinner. Diesen doppelten Vorteil wird es für die Briten aber nicht auf Dauer geben. Die negativen Folgen für britische Unternehmen werden erst in den nächsten Monaten oder Jahren sichtbar.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%