Riedls Dax-Radar Die Jahresendrally läuft – mindestens bis Anfang 2017

Ein passendes Zinsumfeld, gute Gewinnaussichten und mangelnde Anlagealternativen befeuern den Aktienmarkt. Dax-Favoriten wie SAP, Siemens, Allianz und Daimler bieten immer noch gute Einstiegschancen.

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Der wilde Dax: Bullenmarkt zum Jahresende 2016. Quelle: Getty Images

Die Zinserhöhung in den USA kam wie erwartet. Deutlich fällt das Statement von Fed-Chefin Janet Yellen über die weitere Geldpolitik aus. Ihr zufolge könnten es 2017 nun sogar mehr als die bisher angenommenen zwei Erhöhungen geben.

Natürlich bleibt auch das hypothetisch. Derzeit herrscht großer Optimismus über die Folgen der lautstark verkündeten Trump-Politik. Ob sich das eines Tages wirklich in den Zahlen so positiv auszahlt, bleibt abzuwarten. Viele Beobachter blenden derzeit die riskante Seite dieser Maßnahmen aus: Die dämpfende Wirkung auf den internationalen Handel, Folgen eines starken Dollars, schlechtere Beziehungen zu China, Unsicherheiten über die technologischen Megatrends und die Förderung alter, überkommener Techniken und Wirtschaftszweige.

Yellen dürfte gut damit fahren, weiter steigende Zinsen zwar an die Wand zu malen – aber nur, wenn die Rahmendaten stimmen: also Wirtschaftswachstum, stabiler Arbeitsmarkt, moderate Inflation. Dass sich Yellen von dieser Linie auch nicht durch Trump abbringen lässt, kommt ihrem Renommee zugute.

Das wurde im ersten Halbjahr aus 100.000 Euro
Platz 20: Aktien VenezuelaDie Börse in Caracas ist winzig, nur wenige Aktien sind dort notiert und die Umsätze liegen oft bei nur ein paar tausend Dollar pro Tag. Internationale institutionelle Investoren meiden venezolanische Aktien. Die Inflation im Land galoppiert, der Versorgungsmangel eklatant, die Währung Bolivar ist auf Talfahrt. Anleger, die im Januar 100.000 Euro in den IBC-Index investierten, haben so jetzt nur noch 54.320 Euro. Im Vorjahr hatten sich die Kurse noch mehr als vervierfacht.  Schlusstand 30.6.2016, Angaben ohne Transaktionskosten. Quelle: Reuters
Platz 19: Aktien ChinaDie Wirtschaft in China macht Anlegern seit über einem Jahr Sorgen. Die Börse stürzte entsprechend weiter ab. Der Leitindex CSI 300, der die 300 größten Aktien Festlandschinas erfasst, brach um 15,6  Prozent ein. Da gleichzeitig der Yuan zum Euro leicht abwertete blieben Anlegern von 100.000 Euro nur 80.900 Euro übrig.  Schlusstand 30.6.2016,  Angaben ohne Transaktionskosten. Quelle: Reuters
Platz 18: Aktien Euro-ZoneDer Jahresauftakt an Europas Börsen war schon ein Horror, dann kam noch das Debakel um den Brexit hinzu. Die Folge: Die Aktien in der Euro-Zone notieren tief im Minus. Wer Anfang des Jahres 100.000 Euro in den Leitindex Euro Stoxx 50 investierte, verfügt angesichts des Minus von 12,3 Prozent jetzt nur noch über 87.670 Euro. Am schlimmsten erwischte es dabei Anleger in Italien – der FTSE MIB 100 Index verlor fast ein Viertel seines Wertes.  Schlusstand 30.6.2016, Angaben ohne Transaktionskosten. Quelle: REUTERS
Platz 17: Britisches PfundInvestoren haben die britische Währung nach dem Brexit-Votum regelrecht heruntergeprügelt. Schon vorher litt es deutlich, am Tag nach der Bekanntgabe des Referendums stürzte es dann zum US-Dollar um bis zu knapp 14 Prozent und zum Euro um mehr als acht  Prozent ab. Zur US-Währung liegt das Pfund auf dem niedrigsten Stand seit über 30 Jahren. Zum Euro liegt das Pfund „nur“ auf dem niedrigsten Stand seit rund zwei Jahren. In diesem Jahr wurden aus 100.000 in Pfund angelegten Euro 88.620 Euro.  Schlusstand 30.6.2016, Angaben ohne Transaktionskosten Quelle: dpa
Platz 16: Aktien DeutschlandAuch Aktienanleger in Deutschland hat bislang kein schönes Jahr. Gleich zu Beginn des Jahres stürzte der Leitindex Dax ab. Danach erholte er sich zwar – machte die Verluste vom Jahresanfang aber nie ganz wett. Der Brexit-Schock setzte dem Dax dann erneut zu. Aus 100.000 im Dax investierten Euro sind innerhalb von sechs Monaten nur noch 90.110 Euro geworden.  Schlusstand 30.6.2016, Angaben ohne Transaktionskosten Angaben ohne Transaktionskosten Quelle: AP
Platz 15: Aktien SchweizAuch die Aktien der Schweiz gingen auf Talfahrt. Der Franken legte dabei zum Euro nur ganz leicht zu. Im vergangenen Jahr hatte er kräftig aufgewertet, nachdem die Schweizerische Nationalbank den Euro-Mindestkurs für den Franken aufgegeben hatte. Von daher machten Anleger mit Franken in diesem Jahr keine Währungsgewinne. Von 100.000 Euro blieben 91.320 Euro übrig.  Schlusstand 30.6.2016, Angaben ohne Transaktionskosten Angaben ohne Transaktionskosten Quelle: Reuters
Platz 14: Aktien GroßbritannienDas Brexit-Votum hat der britische Leitindex rasch verkraftet.  Der Leitindex „Footsie“ war zwar am 24. Juni heftig eingebrochen, holte die kurzfristigen Verluste dann aber wieder auf. Trotzdem sind Experten skeptisch, da wegen des Ausstiegs Großbritanniens aus der EU eine lange Phase der Ungewissheit droht. Dennoch notiert der Footsie auch auf Halbjahressicht 4,2 Prozent im Plus. Da der Euro jedoch zum Pfund kräftig zulegte, machten Euro-Anleger, die ihre Positionen nicht absicherten, einen Verlust von 8,01 Prozent und hatten bei einer Anlagesumme von 100.000 Euro so nur noch 91.990 Euro auf dem Konto.  Schlusstand 30.6.2016, Angaben ohne Transaktionskosten Quelle: Reuters

Für die Märkte heißt das: Wenn sich die Konjunktur weiterhin gut entwickelt, dürfte es 2017 alle paar Monate einen kleinen Zinsschritt geben – und der wird nicht so dramatisch ausfallen, dass er die Wirtschaft abwürgt

Bemerkenswert ist, dass Janet Yellen damit fast geräuschlos etwas geschafft hat, vor dem die Märkte jahrelang gezittert haben: Die Zinswende einzuleiten, ohne dass es zu einem finalen Zusammenbruch kommt.

Verkäufe am US-Anleihemarkt haben gerade erst begonnen

Indessen, an den Anleihemärkten gibt es sehr wohl tiefe Spuren. Die Abflüsse dort sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Den Aktienmärkten kommt dies zugute.

Dabei steht der Zinsanstieg wahrscheinlich erst am Anfang. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sind mit 2,6 Prozent zwar auf den höchsten Stand seit 2014 angelangt; im langfristigen Bild jedoch (das Top war 1984 mit fast 14 Prozent) rangieren sie immer noch auf extrem niedrigem Niveau.

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von Mark Fehr

Wenn die amerikanischen Zinsen in ähnlicher Weise, wie sie drei Jahrzehnte gesunken sind, nun nach oben ziehen, könnte es 2017 bei den zehnjährigen Bonds zunächst auf drei Prozent gehen und dann, nach einer mehrmonatigen Konsolidierung, in Richtung vier Prozent. Die von Yellen angedachten zwei bis drei Leitzinserhöhungen am kurzen Ende würden gut dazu passen.

Für Anleiheinvestoren ist das eine schwierige Situation. Denn einerseits sind selbst drei oder vier Prozent Nominalrendite nicht viel, wenn es dazu wieder eine steigende Inflation gibt und die Aussicht besteht, dass die Zinsen in den nächsten Jahren noch weiter steigen. Selbst erhöhte Kupons werden dann nicht so leicht neue Käufer finden.

Andererseits trifft es dann Besitzer von Altbeständen erst recht. Vor allem Papiere mit langen Laufzeiten und niedrigen Kupons, die in den vergangenen Jahren schöne Buchgewinne angehäuft haben, kommen dann unter die Räder. Um das zu vermeiden, werden sie verkauft. Diese große Umschichtung hat gerade erst begonnen.

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von Yvonne Esterházy

Wohin geht es mit Bundesanleihen?

Spannend wird die Frage, inwieweit sich steigende US-Zinsen auf die Zinsen in Europa niederschlagen. Derzeit bringen US-Anleihen 2,2 Prozentpunkte mehr als zehnjährige Bundesanleihen. Das ist der größte Zinsunterschied seit 30 Jahren.

Angesichts der europäischen Krisen wird die EZB alles tun, die Zinsen in Europa unten zu halten. Am kurzen Ende funktioniert das durch die Leitzinsen, am langen durch Anleihekäufe.  So, wie in den vergangenen drei Monaten die Zinsen auch am langen Ende in Europa ein wenig anstiegen, dürften sie auch in den nächsten Jahren der dominierenden US-Tendenz in abgeschwächter Form folgen.

Der Druck auf den Euro nimmt weiter zu

Die große Zinsdifferenz zwischen Amerika und Europa wird auf absehbare Zeit bestehen bleiben – und dieser Zinsvorteil der Amerikaner ist der Hauptgrund, der den Euro drückt.

Und es gibt weitere Hypotheken, die auf dem Euro lasten: Denn aus der europäischen Finanzkrise ist schon lange eine Krise Europas geworden. Wenn der politische Konsens dahinschwindet, wirkt sich das auch auf den wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenhalt aus – und der spiegelt sich letztlich in der gemeinsamen Währung wider.

Dazu kommt als dritte Belastung die konjunkturelle Unsicherheit. Während in Amerika in manchen Branchen Aufbruchsstimmung herrscht, macht sich in Europa vielfach Abbruchstimmung breit.

So viel schütten Dax-Konzerne 2017 aus
Dividendenarie Quelle: DPA
Daimler Quelle: AP
Fresenius Quelle: dpa
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Munich-Re Quelle: REUTERS
Deutsche-Telekom Quelle: DPA
Eli-Lilly Quelle: AP

Immerhin, der Währungsausgleich zwischen Dollar und Euro funktioniert. Damit wird der schwache Euro der EZB bei ihrem Inflationsziel helfen  - vor allem durch höhere Energiepreise, die in Dollar notieren. Zugleich bekommen die deutschen und europäischen Unternehmen auf den internationalen Märkten Rückenwind.

Konkret bedeutet das: Nachdem der Euro unter das Tief der vergangenen zwei Jahre gerutscht ist (das bei 1,05 Dollar liegt), dürften die Märkte in den nächsten Monaten die Parität ansteuern. Als der Euro zur Jahrtausendwende startete, pendelte er zwischen 82 und 95 Dollarcent. Solche Notierungen wären auch jetzt in einer Schwächephase nicht mehr ausgeschlossen.

Bald mehr als 20.000 Punkte im Dow Jones möglich

Mit 19.852 Punkten hat der Dow Jones am Donnerstag (15. Dezember) die Fed-Zinserhöhung mit einem Kursrekord quittiert. Die 20.000er-Marke ist zwar noch nicht ganz erreicht, dennoch dürfte dies nur eine Frage der Zeit sein.

Die 200-Tage-Linie im Dow zieht dynamisch nach oben, bei 24 von 30 Dow-Aktien verlaufen die aktuellen Notierungen oberhalb dieses mittelfristigen Durchschnitts. Im marktbreiten S & P 500 ist die Verfassung ähnlich stabil. Technologieaktien hinken aus Angst vor Trump-Repressionen etwas hintenher, von einem Absturz, wie vielfach befürchtet, kann im Nasdaq aber keine Rede sein. Insgesamt ist der amerikanische Aktienmarkt in einer stabilen Hausse-Verfassung. Es gibt keinen Grund, langfristige Trendinvestments zu verkaufen.

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von Matthias Streit

Verschnaufpause und Schwankungen voraus

Kurzfristig gibt es zwei Hürden. Zunächst besteht im Dow seit Anfang November ein lupenreiner Aufwärtszyklus mit drei Phasen (erster Anstieg, kurze Gegenreaktion, zweiter Anstieg). Nach einer solchen Kursbewegung wäre eine mehrwöchige Verschnaufpause nicht verwunderlich.

Das würde auch gut zum klassischen Zeitmuster passen, bei dem die Notierungen bis zum Jahreswechsel nach oben tendieren, spätestens ab Mitte Januar dann eine Korrektur einleiten.

Zudem sind im Bereich um die Marke von 20.000 Dow-Punkten längere Schwankungen möglich. Als der Dow 1999 zum ersten Mal die Marke von 10.000 übersprang, kam es danach zwischen 10.000 und 11.500 Punkten zu zähen Schwankungen, die nach dem Platzen der High-Tech-Hausse 2001 eine große Baisse einleiteten. Letztlich dauerte es mehr als fünf Jahre, bis der Dow Jones den weiten Bereich um 10.000 Punkten hinter sich ließ.

Die wichtigsten Dax-Aktien im stabilen Bullenmarkt

Auch im Dax läuft die Jahresendrally. Das Umfeld für deutsche Aktien ist gut: Die Konjunktur und die Unternehmensgewinne ziehen an (ohne zu überhitzen), das Zinsniveau ist niedrig, Liquidität ist (nicht zuletzt durch Migrations-Bewegungen vom Anleihemarkt) reichlich vorhanden, zusätzliche Unterstützung  kommt vom günstigen Euro.

Das fundamental positive Bild spiegelt sich in der stabilen Marktverfassung wider: Mit dem Anstieg auf mehr als 11.300 Punkten wurden die zahlreichen Kaufsignale der vergangenen Monate bestätigt.

Dax-Favoriten: günstig und dividendenstark

Von den sieben großen Aktien im Dax zeigen fünf einen vielversprechenden Kursverlauf:

SAP drängt in der Seitwärtsbewegung zwischen 75 und 82 Euro deutlich nach oben. Dank führender Marktposition beim Wachstumsthema Digitalisierung ist das Unternehmen ein Favorit für die nächsten Jahre. 

Der deutsche Aktienindex lässt sich von der Zinserhöhung in den USA nicht bremsen. Gestützt wird er durch einen schwachen Eurokurs.

Allianz hat den wichtigen Anstieg über 140/145 Euro geschafft. Leicht steigende Zinsen und operative Fortschritte im Kerngeschäft machen die Aktie zu einem günstigen und dividendenstarken Dax-Investment.

Siemens gab mit dem Anstieg über 110 Euro ein starkes Kaufsignal. Der Industrieklassiker gehört zu den Gewinnern des Infrastruktur-Booms. Das Comeback des Ölpreises hilft bei der Integration des Zukaufs Dresser-Rand.

BASF wird mit steigenden Energiepreisen und einem keineswegs schwachen Chemiegeschäft nach oben befördert. Kurzfristig mag die Aktie überkauft sein, langfristig stimmt der Aufwärtstrend.

Daimler überzeugt durch seine Kombination aus starkem Autogeschäft, besseren Aussichten bei E-Mobilen und robustem China-Markt. Selbst in einer Korrektur sollte die Aktie sich oberhalb der wichtigen 65er-Marke halten.

Wenn der Kurs nicht nach oben will, können Unternehmen mit einer Aktienzusammenlegung nachhelfen. So geschehen bei Monte dei Paschi und demnächst wohl auch bei Unicredit. Doch das Manöver ist riskant – auch für Anleger.
von Susanne Schier

Zwei der sieben Schwergewichte im Dax bieten gedämpfte Aussichten: Bayer-Aktien leiden unter dem umstrittenen Monsanto-Deal; und der Deutschen Telekom fällt es nicht leicht, die hohen technischen Anforderungen an den Netzausbau und den Kostendruck des Telekom-Markts unter einen Hut zu bringen.

Fazit: Der Dax ist mittel- und langfristig in einer stabilen Verfassung. Dax-Favoriten wie SAP, Allianz, Daimler oder Siemens sind werthaltige Investments und an schwachen Tagen ein Kauf. Selbst wenn es im Januar eine Korrektur geben sollte, sind derzeit die Aufwärtschancen für den Gesamtmarkt größer als die Risiken. Die wichtige Untergrenze dafür verläuft weiterhin bei 10.800 Punkten.  

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