Riedls Dax-Radar

Die Trump-Rally ist vorbei – doch der Kursanstieg geht weiter

Die Euphorie der vergangenen Wochen ist verflogen. Für den großen Aufwärtstrend an den Aktienmärkten ist das ein gutes Signal.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ein Ende der Trump-Rally an den Börsen wäre ein gutes Vorzeichen. Quelle: REUTERS

Der jüngste Rückschlag an den Börsen stellt die stärksten Kursverluste dar, die es seit Beginn der Trump-Hausse im November vergangenen Jahres gegeben hat. Dieser Rückschlag ist umso bemerkenswerter, weil er wenige Tage nach dem Jubelsprung stattfand, den die Börsen nach der Zinserhöhung und der Wahl in den Niederlanden gemacht hatten. Ist die Rally an den Börsen, in Amerika wie in Europa, damit gelaufen und steht eine Korrektur oder sogar schwere Baisse ins Haus?

Auffallend starke Kursbewegungen sollten Anleger nie auf die leichte Schulter nehmen. Sie geben wichtige Signale - in beiden Richtungen.

Als es letztmals so heftige Kursbewegungen gab wie in der vergangener Woche (nur eben in die andere Richtung, nach oben), war das Anfang November nach der Trump-Wahl und nochmals Anfang Dezember. Beide dynamische Phasen kennzeichneten den starken Aufwärtstrend, den die Börsen in den vergangenen Monaten nach oben eingeschlagen haben.

Die Dax-Favoriten der Woche

Kursbewegungen können an den Börsen besonders heftig ausfallen, wenn sie von den wenigsten Anlegern so erwartet werden; also: Marktteilnehmer sind entweder aktiv nicht investiert und müssen nachlaufen; oder sie setzten über Terminmärkte auf die andere Richtung und müssen ihre Positionen Hals über Kopf schließen. Das aber bedeutet: Eine starke Kursbewegung wirkt wie eine Initialzündung in die andere Richtung – sie kann einen Trend durchaus drehen.

Skepsis ist gut für den Aufwärtstrend

Brisant ist die aktuelle Situation an den Märkten, weil am besonders schwachen Dienstag (21. März) im Dow Jones, im Dax und im Nasdaq 100 die seit Anfang November bestehenden Aufwärtstrendlinien nach unten durchschlagen wurden. Um diese kurzfristig negativen Signale wieder aufzuheben, müssten die Aktienmärkte bis Anfang April schnell wieder die alten Höhen zurückerobern – und danach möglichst bald übertreffen. Schaffen sie das nicht, könnten die jüngsten Verkaufssignale ihre Wirkung erst so richtig ausspielen.

Die Kurse an den Weltbörsen sind auf Rekordjagd. Korrekturen gibt es, unübersehbare Risiken auch. Aber Nullzins und Billiggeld dürften die Indizes weiter treiben. Worauf Anleger jetzt setzen können.
von Christof Schürmann, Malte Fischer, Anton Riedl

Kurzfristig, mit Blick auf die nächsten Wochen, ist die Situation an den Börsen ohne Frage angespannt. Mittelfristig, über die nächsten Monate hinaus, passen die jüngsten Turbulenzen aber in ein positives Gesamtszenario.

Gerade weil die Börsen in den vergangenen Monaten in der Trump-Rally soweit nach oben gelaufen sind, haben sie jetzt Spielraum für eine Korrektur, ohne die große Aufwärtsrichtung zu verlassen. Mehr noch: Korrekturbewegungen wie die jüngsten Rückschläge sorgen dafür, dass die Euphorie an den Märkten gedämpft wird. Das lässt die Skepsis wieder wachsen – und das ist gut für den großen Trend. Denn nur, wenn genug Anleger skeptisch sind (also gar nicht oder zu wesentlichen Teilen nicht investiert sind), kann es überhaupt länger nach oben gehen.

Wenn Unternehmen Gewinne ausschütten, ist das nicht immer ein gutes Zeichen. Investitionen haben Vorrang vor Ausschüttungen.
von Mark Fehr

Die fundamentale Basis der Hausse ist intakt

Natürlich, das Umfeld muss stimmen. Den fundamentalen Hintergrund dafür, die Argumente für und wider den Fortbestand der Hausse und Anlagefavoriten dazu, finden Sie in unserer aktuellen Titelgeschichte in WirtschaftsWoche 13.

Die Bausteine der großen Hausse tragen weiterhin. Die Konjunkturentwicklung in den führenden Industriestaaten zeigt nach oben. Unter den Schwellenländern ist China stabil, Russland erholt sich, Indien ist das neue Boom-Land.

Power im amerikanischen Technologiemarkt

Für die Börsen kommt es dabei nicht darauf an, ob das Wachstum in den USA oder Deutschland nun bei 1,5 Prozent oder 2,0 Prozent liegt. Wichtig für die Börsen ist, dass es überhaupt leicht nach oben geht. Börsen können über Jahre hinweg in einem Zustand der latenten Unsicherheit Schritt für Schritt nach oben klettern.

Steigende Unternehmensgewinne sind einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Antrieb für Aktien. Hier sieht die Entwicklung differenziert aus, ist aber unterm Strich gar nicht schlecht. Nimmt man nur Durchschnittsgewinne von Indizes zur Hand, womöglich noch bereinigt um Aktienrückkäufe und bilanzielle Kosmetik, so mag die Aufwärtsentwicklung der Gesamtgewinne schon in den vergangenen Jahren eher bescheiden ausgesehen haben. Doch damit verliert man das Entscheidende aus den Augen – denn von den Fußkranken und Bruchpiloten im Index wird die Richtung ja eben nicht vorgegeben.

Die Märkte für Geduldige
Wo lässt es sich am besten nach Rendite fischen?Zwischen 1900 und Ende 2016 gewannen die Aktienmärkte weltweit im Schnitt 5,1 Prozent pro Jahr, die Inflation herausgerechnet. Zu diesem Ergebnis kommt die Credit Suisse in ihrem „Global Investment Returns Yearbook“ 2017, das im Februar veröffentlicht wurde. Für die Berechnung stützt sich die Schweizer Bank auf die Daten der Professoren Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton von der London Business School. Der Datensatz erfasst die Performance von 70.000 Börsentagen und vergleicht die Aktienmärkte aus 21 Ländern. Wer trotzte den Krisen der vergangenen Jahrzehnte besonders gut? Ein Überblick. Quelle: dpa
Österreich Quelle: Wiener Börse
Italien Quelle: REUTERS
Belgien Quelle: Fotolia
Frankreich Quelle: REUTERS
Deutschland Quelle: dpa
Portugal Quelle: dpa

Genug Spielraum für Korrekturen

Wer wissen will, warum Aktien steigen, muss sich mit den Gewinnern beschäftigen. Im Dax sind das zum Beispiel SAP, Siemens oder Infineon, die in den vergangenen Jahren einen wichtigen Umbau im Konzern geschafft haben, schon heute starke Gewinne erzielen und für die großen Fragen der Zukunft gut gerüstet sind: Von der Digitalisierung über den Infrastrukturausbau bis hin zu neuen Technologien. 

So nutzen Anleger den Heimvorteil

Besonders anschaulich ist diese Power im amerikanischen Technologiemarkt Nasdaq zu spüren. Alle taktgebenden Unternehmen – Apple, Microsoft, Google, Amazon, Facebook, Tesla - stehen an der Spitze von Megatrends, die nicht einmal angekratzt werden, wenn der Dow einmal ein paar hundert Punkte verliert.

Natürlich kann es auch an diesen Märkten Pausen geben. Von Sommer 2015 bis Sommer 2016 kam es im Nasdaq-Index zu einer einjährigen Schwankungsphase. Diese Schwankung aber erwies sich im Nachhinein als ideale Kauf- oder Nachkaufgelegenheit.

Zinsangst ist kein guter Anlageratgeber

Die größte Angst haben Anleger hierzulande immer noch vor den Notenbanken. Wie ein Kaninchen auf die Schlange starren manche Marktteilnehmer auf die Aktionen von Draghi und Yellen. Es gibt nicht wenige Anleger, die die gesamte Hausse seit 2009, die im Dax bisher mehr als 200 Prozent Gewinn gebracht hat, aus Angst vor steigenden Zinsen komplett an sich vorbei laufen ließen.

Natürlich ist es für Anleger wichtig, die Notenbank im Auge zu haben. Doch dabei geht es nicht darum, ob wieder einmal um 25 Basispünktchen nach oben oder nach unten gedreht wurde. Die zwei kleinen Zinserhöhungen, die Yellen bisher vorgenommen hat, fallen in der langfristigen Entwicklung der Dow-Jones-Kurve kaum ins Gewicht.

Anlagerisiken aus dem Ausland gibt es reichlich: Trump-Protektionismus, Brexit, geopolitische Konflikte. Wertpapiere von Unternehmen, die in Deutschland Geschäfte machen, sind nicht nur sicher, sondern auch lukrativ.
von Christof Schürmann

Entscheidend für die Märkte ist, auf welchem Niveau die Zinsen etwa sind und wie ihre grobe Richtung weitergehen könnte. Und da sieht es aktuell keineswegs düster aus. Denn selbst wenn Yellen nochmals an der Zinsschraube dreht, ist absehbar, dass sie weder die Wirtschaft noch die Märkte abwürgen wird. Mehr noch: Es gibt Anzeichen – vor allem die wieder gedämpften Ölpreise – die für die nächsten Monate auf eine Inflationsentspannung deuten. Spätestens dann dürfte die Zinsangst wieder verfliegen.

Fazit für den Dax: Die Wahrscheinlichkeit einer Schaukelpartie hat sich erhöht, sie könnte sich in den nächsten Wochen zwischen 11.700 und 12.100 abspielen. Dass alte Favoriten Pause machen und dafür neue zulegen (zuletzt etwa Merck), sollte insgesamt dazu beitragen, die Marktverluste in Grenzen zu halten. Der deutliche Abstand zur 200-Tage-Linie, die derzeit erst bei knapp 10.900 verläuft, ist ein großer Puffer für vorübergehende Korrekturen.    

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%