Riedls Dax-Radar
Ein Kick für den DAX über 16.000 Punkte. Quelle: Marcel Stahn

Ein Kick für den Dax

Nach den Tech-Aktien versprechen nun auch die Mittelgewichte Adidas, Telekom und E.On zunehmend bessere Kursaussichten. Für die Börse ist das ein wichtiger Anschub – auch über die erreichten 16.000 Dax-Punkte hinaus.

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Endlich ist Adidas Reebok los. Der Kauf des amerikanischen Sportschuhherstellers war der zweite große Versuch der Herzogenauracher, über ihre klassische Marke Adidas hinauszugehen. Die französische Salomon war der erste Schritt, damit wollte Adidas in den Wintersport expandieren. Das ging schief, nicht nur wegen der niedrigeren Renditen und der anderen Kultur von Salomon, sondern auch deshalb, weil Wintersport angesichts der zunehmenden Unsicherheiten des Wetters letztlich kein selbst laufendes Wachstumsthema mehr ist. Zudem zeigte sich schon damals, dass die hohe Einstufung von Adidas – und die damit verbundene ansehnliche Börsenbewertung – immer eng mit der Kernmarke der drei Streifen zusammenhing. Je weiter sich Adidas davon entfernte, desto schwieriger und margenschwächer wurde das Geschäft. 

Wie bei Reebok. Der Gedanke, mit einer eigenen Marke im riesigen Absatzgebiet Amerika zu reüssieren, war natürlich schon verlockend. Aber Reebok hat es nie geschafft, gegen den übermächtigen Konkurrenten Nike einen substanziellen Marktanteil zu erobern und gleichzeitig hohe, Adidas ähnliche Margen zu erzielen. Für die Bewertung der Adidas-Aktie war Reebok immer eine Verwässerung, keine Ergänzung und schon gar keine Bereicherung. Spätestens seitdem Adidas mit seiner eigenen Kernmarke in den USA gut vorankommt, war Reebok nur noch ein Klotz am Bein. 

Jetzt bekommt Adidas für Reebok 2,1 Milliarden Euro. Das ist zwar höher als der Wert, zu dem Reebok bei Adidas in der Bilanz steht und es ist auch mehr, als zuletzt erwartet. Einen großen Teil davon sollen Aktionäre über Dividenden und Rückkäufe erhalten. 

Reebok kam auf einen Jahresumsatz von rund 1,5 Milliarden Euro. Der Kaufpreis, auch wenn er nicht in einer Summe über den Tresen geht, sondern vom weiteren Erfolg von Reebok abhängig ist, entspricht einer 1,4fachen Umsatzbewertung. Adidas insgesamt kam zuletzt auf eine 2,8fache Umsatzbewertung. Theoretisch würde sich die Bewertung nach dem Abgang des weniger wertvollen Reebok-Anteils für die neue Adidas nun auf 2,9 erhöhen. Viel wichtiger aber ist, dass Adidas jetzt im operativen Geschäft eine Margenbelastung los ist und in der strategischen Ausrichtung die Konzentration auf die Kernmarke weiter vorantreiben kann. 

Mit Kursen um 315 Euro hat die Aktie positiv, aber nicht überschwänglich auf den Reebok-Verkauf reagiert. Auch wenn ein Börsenwert für Adidas von 62 Milliarden Euro schon ziemlich sportlich ist, sollte die Aktie bald die bisherigen Topkurse um 335 Euro wieder erreichen und dann darüber hinauskommen. Ein Schnäppchen ist die Aktie natürlich nicht, eher schon ein hoch bezahlter Wachstumswert, der sich in einem langjährigen Aufwärtstrend befindet. Umso wichtiger ist es für die weitere Kursentwicklung, dass Adidas mit dem gewonnenen Spielraum offensiv umgeht und Investoren ein neues Kapitel der alten Erfolgsgeschichte bieten kann. 

Die Telekom zurück auf dem Weg zur Volksaktie

Einen wichtigen Kick hat auch der Kurs der Telekom-Aktie erhalten. Das jüngste Zahlenwerk zeigt, dass der Kommunikationsriese auf einem stabilen, für Anleger vielversprechenden Kurs ist. Vor allem das starke US-Mobilfunkgeschäft treibt derzeit an, auch auf dem Kernmarkt Deutschland ist die Telekom mittlerweile wieder stark. Der Nettogewinn kletterte im zweiten Quartal auf 1,9 Milliarden Euro, mehr als erwartet. Die Prognose für das Gesamtjahr wird heraufgesetzt. Gut möglich, dass die Telekom vor Zinsen, Steuern und Wertveränderungen (Ebitda) nun auf 38 Milliarden Euro kommt. Mit diesem Anstieg lässt sich auch die enorme Nettoverschuldung tragen, die durch die Neustrukturierung in den USA auf fast 130 Milliarden Euro gestiegen ist. 

von Georg Buschmann, Frank Doll, Martin Gerth, Heike Schwerdtfeger

Die Telekom profitiert nicht nur von der Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G. Als führender Kommunikationskonzern steht sie im Zentrum mehrerer Megatrends, die alle um Internet, Cloud und mobile Anwendungen kreisen. Das spiegelt sich in der Höherbewertung der Infrastruktur wider, vor allem bei den konzerneignen Mobilfunkmasten, die mittlerweile zu einem wertvollen strategischen Asset für die Telekom geworden sind. 

Noch haben Telekom-Aktien die wichtige Kurszone von 17 bis 19 Euro nicht nachhaltig überwunden. Seit zwei Jahrzehnten ist die Aktie nie mehr über dieses Niveau hinausgekommen. Die jüngsten operativen Erfolge und das vielversprechende Umfeld der Branche lassen die Chancen dafür nun aber steigen. Die Bewertung ist nicht überzogen, die Dividende ist gut. Die T-Aktie gehört damit zu den Favoriten für Sparer und langjährige Investoren. 

E.On auf dem Weg, den RWE vorgemacht hat

Dazu könnte auch bald wieder E.On zählen. Nach dem bemerkenswerten Deal mit RWE, bei dem E.On die Netze bekam und RWE die erneuerbaren Energien, hat sich E.On zunächst schwächer als erwartet entwickelt. Probleme im britischen Geschäft, zu geringe Margen auf dem heimatlichen Vertriebsmarkt und eine enorme Verschuldung von bis zu 41 Milliarden Euro haben die Aktie immer wieder gebremst. Auch wenn ein großer Teil des Geschäftsvolumens, das in diesem Jahr rund 65 Milliarden Euro erreichen dürfte, kein klassischer Industrieumsatz ist sondern Handelsumsatz (und deshalb vergleichsweise umfangreich ausfällt), ist daraus ein echter Gewinn von wahrscheinlich weniger als zwei Milliarden Euro schlichtweg zu wenig. Diese Schwäche belastet E.On umso mehr, da das Unternehmen mit einer Dividendenrendite von fast fünf Prozent jedes Jahr spürbare Mittelabflüsse hat. Wenn E.On 49 Cent Pro Aktie für 2021 an Dividende bezahlt, sind das bei 2,6 Milliarden Einzelaktien 1,3 Milliarden Euro. E.On wird keine Probleme haben, das aus dem operativen Geschäft zu finanzieren – insofern ist die Aktie schon einmal ein gesetzter Dividendenwert.

Ebenfalls positiv ist, dass E.On beim Aufpolstern seiner Bilanz mittlerweile vorankommt. Allein in den vergangenen sechs Monaten konnte die Eigenkapitalquote von 9,5 auf 14,4 Prozent erhöht werden. Mittelfristig sollte ein stabiler Kapitalanteil von mehr als 20 Prozent möglich sein. E.On-Aktien dürften sich in diesem Umfeld erst einmal in der Spanne zwischen 10 und 12 Euro bewegen. Die Schlüsselposition als Netz-Unternehmen, Margenverbesserungen im breiten Vertriebsgeschäft und der Abbau der Verschuldung sollte der Aktie dann langfristig die Trendwende nach oben ermöglichen. Ganz so, wie es RWE schon seit einigen Jahren vormacht. 

Fazit für den Dax: Adidas, die Telekom und E.On sind drei Aktien im Dax, die noch nicht überzogen haben und langfristig das strategische und operative Potenzial weiterer, zum Teil deutlicher Kurserhöhungen bieten. Für den Dax sind solche Einzelaktien eine wichtige Stütze; umso mehr, da vor allem die Telekom mit 85 Milliarden Euro und Adidas mit 62 Milliarden gewichtige Indexmitglieder sind. 

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Im Zuge der seit einigen Wochen laufenden Erholung der Technologiewerte hat sich SAP mit 146 Milliarden Euro Börsenwert wieder an die Spitze im Dax gesetzt, vor Dauerläufer Linde mit 135 Milliarden, Volkswagen mit 131 Milliarden und Siemens mit 111 Milliarden. Alle diese Schwergewichte verlaufen in stabilen Aufwärtsbewegungen. Die operative Entwicklung dieser Unternehmen, das haben die jüngsten Zahlen gezeigt, ist robust, die Prognosen sind vielversprechend. Der Dax sollte damit bald weiter über über 16.000 Punkte hinaus vordringen, er hat in den nächsten Wochen noch durchaus Kurspotenzial. Dass er schon im Verlauf des Freitags (13. August) mit 16.030 Punkten ein neues Allzeithoch markiert hat, ist dafür ein gutes Vorzeichen. 


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