Die Wirtschaft in Deutschland legt einen Gang zu. Bisher ging es etwa mit einer Jahresrate von zwei Prozent nach oben, jetzt sieht es für dieses Jahr immer mehr nach plus 2,5 Prozent aus. Der Euro-Raum insgesamt macht die jüngste Belebung nicht mit, hier hat der Schwung zuletzt etwas nachgelassen. Für Anleger bleibt damit das gute Umfeld erhalten: Konjunktur, Investitionen, Produktion, Außenhandel – alles läuft in einem vertretbaren Korridor nach oben. Weder eine Überhitzung noch eine deutliche Abkühlung ist in Sicht.
Nicht nach oben geht es mit der Inflation. Hier hatte sich die EZB nach dem leichten Anstieg im September bestimmt etwas mehr erwartet, doch im Oktober ging es im Vergleich zum Vorjahresmonat nur noch um 1,4 Prozent hoch. Das liegt nach wie vor deutlich unter den von der Notenbank angestrebten zwei Prozent. Die jüngste Schwäche auf dem Ölmarkt dürfte es nicht leicht machen, näher an die zwei Prozent zu kommen.
Am Kapitalmarkt sollte sich deshalb die weitere, leichte Abschwächung der Renditen fortsetzen. Mit 0,38 Prozent bringen zehnjährige Bundesanleihen derzeit weniger als zu den Spitzenzeiten im Herbst (0,47 Prozent) und im Sommer (0,57 Prozent). Das ist erstaunlich, da die Märkte eigentlich vor nächstem Jahr Angst haben sollten. Immerhin will die Notenbank 2018 ihre Anleihekäufe deutlich reduzieren.
Länger niedrige Zinsen erwartet
Diese Unempfindlichkeit könnte darauf zurück zu führen sein, dass sich die Anleihemärkte mittlerweile auf die große Linie der EZB eingestellt haben, nach der alles getan werden müsse, die Inflation in Richtung zwei Prozent zu drücken. So, wie die Marktmeinung vor einigen Monaten von einer schnellen Zinswende ausgegangen ist, rechnet sie jetzt eher mit einer dauerhaften Phase sehr niedriger Renditen.
Darin steckt ein Risiko. Die Commerzbank weist darauf hin, dass im nächsten Jahr große Investoren, vor allem Versicherungen, schon bei einem leichten Zinsanstieg ihre Anlagepolitik ändern könnten. Sie könnten bilanztechnisch bedingte Verkäufe langlaufender Anleihen aus einem leichten Zinsanstieg dann einen starken machen – mit gefährlichen Folgen für die gesamten Asset-Märkte. Eintreten dürfte dieser Effekt allerdings erst 2018, da die Versicherer zunächst die grundlegenden Entscheidungen der Notenbank abwarten dürften. In den nächsten Wochen sollte sich im Euro-Raum nichts an den sehr niedrigen Zinsen ändern. Für die Börsen bleibt das gute Umfeld aus stabiler Konjunktur und niedrigen Renditen erst einmal bestehen.