Die Wochen vor Jahresende gehören normalerweise zu den besten für den Dax. Die meisten Nachrichten sind draußen, bei großen und kleinen Investoren lagert reichlich Geld, die ersten Prognosen für das neue Jahr machen die Runden – in der Regel mit einer guten Portion Hoffnung.
Kommt es in diesem Jahr anders? Im Gegensatz zum statistisch schwachen Herbst waren September und Oktober dieses Mal ausgezeichnete Börsenmonate. Schon deshalb wird es für den Dax nicht leicht, jetzt noch etwas draufzusetzen.
Immerhin, die Wirtschaft in Deutschland ist stabil. Obwohl es zuletzt Anzeichen einer Beschleunigung gab, der Geschäftsklimaindex schon wieder gestiegen ist und die Prognosen heraufgesetzt wurden, kann man nicht von einer allgemeinen Überhitzung reden. Ob die Wirtschaft nun um 2,0 oder 2,5 Prozent wächst, ist für die Börse egal. Wichtig ist nur, dass es insgesamt in moderaten bis zügigen Schritten nach oben geht.
Die politische Hängepartie in Deutschland, immerhin die größte und wichtigste Wirtschaft in Europa, ist keine ernsthafte Belastung für die Märkte, solange die Aussicht besteht, dass es in den nächsten Wochen eine wie auch immer strukturierte Regierung der demokratischen Parteien gibt. Erst wenn es auf Neuwahlen zulaufen sollte, wäre das ein echter Unsicherheitsfaktor für die Märkte. Derzeit ist dieses Szenario aber unwahrscheinlich.
Einen guten Lauf hat die US-Wirtschaft. Wahrscheinlich dürfte es deshalb Mitte Dezember zur erwarteten Zinserhöhung kommen. Dass der Dollar davon nicht stärker profitiert, hat mit den Erwartungen für 2018 zu tun: Gerade weil die US-Notenbank schon einige Zinserhöhungen hinter sich hat, hätte sie nun auch wieder Spielraum, im Notfall die Zinsen zu senken.
Die EZB hingegen hat schon so viel geldpolitisches Pulver verschossen, dass eine weitere Expansion wenig realistisch ist. Für 2018 sind bei den Anleihekäufen ohnehin weitere Reduzierungen geplant, also restriktive Schritte. Der Euro könnte in diesem Umfeld seine Aufwärtsentwicklung gegenüber dem Dollar wieder aufnehmen und in den nächsten Wochen erst einmal bis 1,20 klettern.
Volkswagen wird zur Stütze, Siemens zum Bremsklotz
Der Dax kam bei seiner Zwischenerholung in den vergangenen Tagen bis auf 13.200. Das war etwas weniger als die erwarteten 13.300. Der nachfolgende Rückgang verlief schnell, ging sogar deutlich unter die Marke von 13.000. Am Freitag (24. November) mittags hat er dieses Niveau wieder zurückerobert – und sich damit die Chance auf eine Jahresendrally bewahrt.
Eine Belastung für den Gesamtmarkt ist Siemens, mit derzeit 96 Milliarden Euro Börsenwert einer der schwersten Dax-Titel. Hier drückt nicht nur der enttäuschende Geschäftsverlauf, sondern auch die Berichterstattung über Stellenstreichungen. Da die Aktie bisher mit Bewertungsaufschlag gehandelt wurde, dürfte eine Marktbereinigung noch etwas dauern. Unter 108 Euro sollte die Aktie nicht rutschen.
Auf der anderen Seite gibt es robuste Werte, die für den Gesamtmarkt zu einer wichtigen Stütze werden: Bei Volkswagen läuft die große Erholungsrally, die Deutsche Bank rückt dank aggressiver Investoren in den Blick risikofreudiger Anleger – und selbst Thyssenkrupp könnte dank passabler Geschäftszahlen wieder etwas Boden gutmachen.
Fazit: Es wird enger für den Dax. Für einen großen Aufwärtsschub fehlen die Argumente. Auch bei starken Aktien (Allianz, Deutsche Lufthansa, Deutsche Post) sind hohe Kursgewinne aufgelaufen, die durchaus für eine Seitwärtsbewegung sprechen. Der zuletzt wieder anziehende Euro ist auch keine Hilfe. Insgesamt dürfte sich der Dax erst einmal in der Bandbreite 12.800 bis 13.200 halten, bevor er dann noch einmal einen Kletterversuch startet.