Riedls Dax-Radar
Dax: Jetzt wird's eng! Quelle: Getty Images

Es wird enger für den Dax

Der Dax tut sich schwer, im Bereich um 14.000 Punkte weiter voranzukommen. Dass sich dabei die überhitzte Stimmung unter Anlegern abkühlt, ist ein gutes Zeichen. Nur: Zu viel sollte der Dax bei seinen aktuellen Korrekturbewegungen nicht verlieren.

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Der Anstieg der Renditen amerikanischer Staatsanleihen, der größte und wegweisende Bondmarkt weltweit, ist für die Börsen derzeit die gefährlichste Bedrohung. Ein dynamischer Anstieg der Renditen wäre ein schweres Hindernis für die Erholung der Konjunktur nach der Pandemie und eine empfindliche Belastung für die weltweit hoch verschuldeten Staaten. Und ein Crash am Anleihemarkt hätte, nach mehr als dreißig Jahren Hausse, dramatische Folgen für Wirtschaft und Märkte. 

Allerdings gibt es mittlerweile Anzeichen dafür, dass der Renditeanstieg, der sich in den USA seit einigen Wochen vollzieht, gar nicht so weit gehen muss. Zum einen sind die Inflationserwartungen schon so hoch gestiegen, dass schon eine mittelstarke Zunahme der realen Teuerung als nicht so schlimm betrachtet werden dürfte. Die amerikanische Notenbank hat deshalb auch ihren Spielraum von zwei auf drei Prozent erweitert.

Zudem orientiert sich Fed-Chef Jerome Powell – und da ist er sich mit der neuen Finanzministerin Yanet Jellen einig – nicht vordringlich an der Inflation, sondern an der Arbeitslosigkeit. Und da ist es noch ein weiter Weg bis zur Vollbeschäftigung vor Corona. Deshalb gäbe es auch, so Powell, auf längere Zeit von der Notenbank keine Schritte in Richtung tapering, also kein langsames Anziehen der Geldpolitik.

Die Renditen zehnjähriger US-Anleihen, die in den vergangenen Tagen in der Spitze auf bis zu 1,17 Prozent vorgedrungen sind, könnten also durchaus im Bereich um 1,3 Prozent, dem Corona-Hoch vom März vergangenen Jahres, ihre Kletterpartie wieder beenden. 

Ein Vorbote dafür könnte der wieder schwächere Dollar sein. Der Greenback hatte von Januar bis Anfang Februar eine Erholung eingeleitet. Selbst der Euro ging dabei von 1,23 auf 1,19 Dollar zurück. Seit einer Woche nun hat sich der Euro wieder auf 1,21 Dollar erholt; auch gegen andere Währungen gerät der Greenback wieder in die Defensive. Damit könnte sich in den nächsten Wochen wieder das alte Szenario durchsetzen: Umfangreiche Konjunkturprogramme, rückläufiger Dollar – und allenfalls partiell steigende US-Zinsen

Für die Börsen ist die großzügige Situation an den Zinsmärkten neben der Hoffnung auf eine konjunkturelle Erholung nach Corona die wichtigste Stütze gegen den Absturz. Auf der anderen Seite zeigt der Rückschlag an den Börsen Ende Januar, wie schnell vor allem professionelle Investoren auf die Verkäuferseite wechseln können. Sie nämlich waren es in den vergangenen Wochen, die den Markt durch Gewinnmitnahmen und Baisse-Engagements unter Druck brachten. Im Dax ging es dabei von gut 14.000 Punkten bis auf etwa 13.400 Punkte hinab; also genau bis auf die Konsolidierungszone zwischen 13.000 und 13.400, in der es seit mehr als einem Jahr immer wieder zu Hoch- und Tiefspitzen im Indexverlauf kommt.

Spannungsverlust bei RWE – BMW mit Elektro-Hoffnung 

Bei den Einzelwerten im Dax führt das zu deutlichen Verschiebungen. So verlieren unter den langjährigen Favoriten seit einiger Zeit die beiden Immobilienaktien Vonovia und Deutsche Wohnen sichtlich an Stärke. Lange Zeit konnten sich beide trotz Überhitzungserscheinungen am Immobilienmarkt gut halten. Immerhin ist der Bedarf für Wohnimmobilien ungebrochen, und die für den Immobilienmarkt entscheidenden Zinsen sind weiterhin niedrig. Dennoch sollten Anleger aufpassen: Bei der Deutschen Wohnen wäre ein Rückgang unter 40 Euro ein klassisches Verkaufssignal, bei Vonovia liegt diese neuralgische Untergrenze bei 53 bis 54 Euro.

Auch Stromlieferant RWE verliert an Spannung. Mit Mühe kann sich die Aktie im Bereich um 34 Euro halten. Allerdings: Im Gegensatz zu Vonovia und Deutsche Wohnen hat sich im gesamten Kursbild noch keine drohende Abwärtswende gebildet. So wie bei anderen europäischen Aktien, die vom Boom der regenerativen Energien profitieren, sollte der Rückschlag bei RWE nur eine Korrektur sein und nicht das Ende des Trends. Selbst ein weiterer Verlust auf 32 Euro oder – im Extremfall – sogar auf 30 Euro wäre noch kein Drama, sondern wahrscheinlich eine Gelegenheit zum Nachfassen.

Langsam in die Gänge kommen sollte auch wieder BMW. Mit 2,3 Millionen Fahrzeugen haben die Münchner im vergangenen Jahr nur acht Prozent weniger verkauft, ein gutes Ergebnis angesichts der schweren Krise 2020. Zwar sind die Verkaufszahlen damit wieder auf das Niveau von 2015 zurückgefallen; doch dass dabei das Eigenkapital derzeit mit 60 Milliarden Euro um mehr als ein Drittel über dem Niveau von damals liegt, zeigt die substanzielle Stärke der Bayern.

Nun, im laufenden Jahr, wird es vor allem darauf ankommen, wie BMW die absehbare allgemeine Konjunkturerholung nutzt. Eine besondere Bedeutung wird in der zweiten Jahreshälfte der Marktstart der ersten, reinen Elektrolimousine i4 haben. Erst damit tritt BMW im klassischen Premiummarkt gegen die Erfolgsmodelle von Tesla an. Ein Kaufsignal gibt die Aktie, wenn sie den nachhaltigen Sprung über die Hürde von 75 Euro schafft. Ein Rückgang in den Bereich 70 bis 65 Euro wäre eine Kaufgelegenheit. Unter 65 Euro sollte das Papier allerdings nicht abdriften. 

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Fazit für den Dax: Mehrmals schon ist das Börsenbarometer über die Marke von 14.000 Punkten gekommen, konnte dieses Niveau aber bisher nicht halten. Die Überhitzungserscheinungen am Aktienmarkt, in denen sich letztlich ein zu großer Optimismus widerspiegelt, sind dafür der entscheidende markttechnische Grund. Das aber heißt auch: Je deutlicher sich die Stimmung in den nächsten Tagen abkühlt, ohne dass der Markt dabei dramatisch an Boden verliert, desto besser sind die Aussichten für die Wochen danach. Was nicht passieren sollte wäre ein Rückschlag unter die Zone 13.400 bis 13.000 Punkte. Ein solcher Schwächeanfall könnte im ungünstigsten Fall sogar einen regelrechten Crash einleiten.

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