Riedls Dax-Radar
Der Dax hat das Ziel 13.000 erst einmal erreicht. Nun geht es darum, vom jüngsten Kursanstieg so viel wie möglich zu verteidigen. Quelle: dpa

Fünf Gründe für den Dax-Anstieg – und die größten Risiken

Das Ziel 13.000 Punkte hat der Dax erst einmal erreicht. Nun geht es darum, vom jüngsten Kursanstieg so viel wie möglich zu verteidigen.

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Fünf Gründe haben dem Dax bei seiner Erholung in den vergangenen Wochen besonders geholfen:

- Das wirtschaftliche Umfeld ist trotz Streit um Handelssanktionen weiter börsenfreundlich, bietet moderates Wirtschaftswachstum bei relativ wenig Gefahr, nach unten oder oben zu übertreiben.

- Die Notenbanken halten an ihrer bisherigen Linie fest: In Amerika sind weitere, vorsichtige Zinserhöhungen geplant; in Europa ist nichts von einem großen Zinsanstieg zu sehen. Da die Börsen in den vergangenen Jahren mit dieser Politik gut gefahren sind, wird Konstanz mit höheren Kursen belohnt.

Die spannendsten Aktien im Dax

- Der starke Anstieg des Euros, der binnen eines Jahres von 1,04 Dollar auf 1,25 Dollar geklettert ist, hat eine Pause eingelegt. Vor allem für die Börsen in Europa ist das eine wichtige Entwarnung.

- An der Bedeutung der großen Technologietrends (Internet, Cloud, autonomes Fahren) hat sich nichts geändert. Die Stärke der führenden Aktien ­ von Amazon bis Microsoft, von Infineon bis SAP – zeigt, dass dieser Motor für Konjunktur und Märkte unter Dampf steht. Das war kurz nach der Jahrtausendwende anders, als die Schwäche der Internetprotagonisten frühzeitig die große Krise der Technologiebranche ankündigte.

- Die Geschäftszahlen der meisten Unternehmen sind in Ordnung. Prominentes Beispiel ist Siemens. Dank Sondererträgen und eines lebhaften operativen Geschäfts gehen hier die Prognosen für das laufende Jahr hoch. Die Entwicklung von Siemens ist für die Börse besonders wichtig, da der Konzern durch seine zahlreichen Geschäftsfelder in vielen Branchen aktiv ist. Auch der Kursverlauf der Aktie signalisiert Stärke: Die Widerstandslinie bei 108 Euro wurde nach oben genommen, in den nächsten Wochen könnte es in Richtung 120 Euro gehen.

Öl wird teurer, ist aber noch keine Gefahr für die Börse

Eine besondere Rolle spielt derzeit der Ölpreis. Mit einem Anstieg der Brent-Notierungen bis auf 77 Euro hat Öl das alte Hoch vom Mai 2015 hinter sich gelassen. Mittelfristig ist Spielraum bis auf 90 Dollar.

Der anziehende Ölpreis war bisher für die Börsen kein Nachteil. Er signalisiert eine florierende Konjunktur, führt in den großen Förderländern zu sprudelnden Einnahmen, und das kommt auch wieder den europäischen Industrieländern zugute. Die Kletterpartie des Ölpreises seit dem Tief Anfang 2016 war bisher auch nicht so eruptiv, dass dies für die Wirtschaft zu einer Belastung wurde. Parallel dazu zeigen auch andere rohstoffgetriebene Preiskurven nach oben, etwa Erz, Stahl oder Strom.

Ein schnelles Abkippen des Ölpreises ist nicht in Sicht. Auf der einen Seite sehen die Förderländer, dass sich Disziplin auszahlt. Da kann man ruhig, wie zuletzt Saudi-Arabien, auch einmal den Großzügigen spielen und Versorgungssicherheit garantieren. Auf der anderen Seite ist kein Ende des global steigenden Ölverbrauchs in Sicht. Und von einem Paradigmenwechsel wegen der aufkommenden Elektromobilität ist in den realen Zahlen nichts zu spüren.

Politische Spannungen wie zuletzt mit dem Iran treiben den Preis zusätzlich an. Der gleichmäßige Anstieg der Ölnotierungen seit gut zwei Jahren aber macht offensichtlich, dass die politische Komponente nur ein Grund unter mehreren ist, warum Öl teurer wird.

Zertifikate für Wetten auf einen steigenden Ölpreis

Indexverlauf spielt Stärke vor, die der Gesamtmarkt nicht mehr hat

Das wirtschaftliche Umfeld für den Gesamtmarkt sieht auf den ersten Blick nicht schlecht aus. Dennoch gibt es einige Risiken, die dem Dax in den nächsten Wochen zu schaffen machen werden:

In nur vier Wochen ist der Euro von 1,24 auf 1,18 Dollar gesunken. Das ist der heftigste Abschlag seit zwei Jahren. Nach einem so dynamischen Verfall wird eine Gegenbewegung immer wahrscheinlicher. Sie könnte den Euro schnell wieder über 1,20 Dollar hieven.

Sowohl in Amerika wie auch in Europa stehen die High-Tech-Aktien an der Spitze der Erholung. Nasdaq und TecDax sehen überdurchschnittlich gut aus. In der gesamten Breite des Marktes aber ist der Anstieg nicht angekommen: Derzeit verläuft bei 14 Dax-Aktien der aktuelle Kurs oberhalb der 200-Tage-Linie. Das sind nur 47 Prozent. Obwohl der Gesamtmarkt in den vergangenen sechs Wochen gut gelaufen ist, ist dies weit entfernt von einer gesunden Hausse-Quote, die mindestens bei 70 bis 80 Prozent liegt.

Seit dem jüngsten Tiefpunkt am 26. März sind 33 Tage vergangen. Das entspräche etwa einem Sechs-Wochen-Intervall, in dem sich kurzfristige Schwünge im Dax oft abspielen. Gemessen an den Schlusskursen hat der Dax dabei mehr als 1200 Punkte gewonnen. Wenn er davon typischerweise wieder 400 bis 500 Punkte abgäbe, würde er etwa bei 12.500 bis 12.600 landen. Das liefe dann auf einen abermaligen Test der 200-Tage-Linie hinaus.

Die klassischen Angstbarometer VDax und VStoxx haben sich zuletzt deutlich abgebaut und sind tief in den sorglosen Bereich unter 15 Prozent gesunken. Für den Markt bedeutet das: Die Stimmung ist gut, faktisch herrscht wenig Nachfrage nach Absicherung. Beides macht einen Markt verwundbar.

Fazit zum Dax: 13.000 Punkte im Dax sind ein wichtiges Ziel gewesen. Sie zeigen, dass die Erholung kein Strohfeuer war, sondern eine erste Phase zur echten Stabilisierung der Märkte. In den nächsten Wochen steht nun die zweite Phase an, in der die Aktienmärkte die erreichte Erholung verteidigen müssen. Im Dax wäre es wichtig, wenn dabei das Niveau um 12.600/12.700 hält, also der Bereich der 200-Tage-Linie. Sollte wider Erwarten die Abwärtsdynamik erneut zunehmen, wird sich sehr schnell wieder die Frage nach der großen Trendwende stellen.

Bei den Einzelwerten hat Merck im Zuge der moderaten Pharmaerholung das Niveau um 75 Euro verteidigt und nun Spielraum bis 85 oder 90 Euro. Die große Tendenz zeigt allerdings immer noch nach unten.

Thyssenkrupp hat im ersten Anlauf das Niveau um 21 Euro verteidigt. Im mühsamen Anstieg bis 23 Euro zeigen sich die ganzen Schwierigkeiten der geplanten Stahlfusion. Unterm Strich ist die Aktie nach wie vor eine Enttäuschung.

Verbessert hat sich BASF. Hier hat der Kurs das Niveau um 80 Euro verteidigt, die Aussicht auf den geplanten Konzernumbau kommt an der Börse an. Bei 87 Euro dürfte es zäh werden. Mittelfristig sind 95 Euro möglich.

FMC kann seine moderate Aufwärtstendenz fortsetzen. Wie in der aktuellen WirtschaftsWoche (Ausgabe 20) zu lesen, birgt das Unternehmen durch die Übernahmepolitik der vergangenen Jahre allerdings hohe Abschreibungsrisiken.

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