
Der große Aufwärtstrend an den Börsen, in dem wir uns immer noch befinden, hat seine Wurzeln Anfang der Achtzigerjahre. Damals begannen zwei entscheidende Megatrends, die – zum Teil - heute noch anhalten: die Entfesselung wirtschaftlicher Kräfte durch Deregulierung, Globalisierung und mehr Marktwirtschaft, sowie der Rückgang der Zinsen. Selbst große Industriestaaten zahlten damals zweistellige Jahresrenditen für ihre Anleihen.
Von überzeugten Aktienanlegern wird der Anstieg an den Anleihemärkten gern belächelt. Dabei ist die langfristige Performance im RexP, in den Kurse und Kupons deutscher Staatsanleihen einfließen, durchaus auf der Höhe des Dax. Mehr noch: Im großen Bild sind beide Trends Bestandteile ein und derselben Hausse an den Wertpapiermärkten. Noch nie in der bundesrepublikanischen Geschichte kam es zu einem nachhaltigen Börsenaufschwung ohne stabilen Anleihemarkt. Wenn nun aber die Hausse bei den Anleihen zu Ende geht, wächst automatisch für den Aktienmarkt das Risiko.
Erstes Risiko: Steigende Zinsen
Die für internationale Investoren wichtigste Zinskurve, die Rendite zehnjähriger US-Treasuries, zeigt gefährliche Anzeichen einer Trendwende nach oben: Mit 2,5 Prozent haben die Treasuries (T-Notes) den Abwärtstrend der vergangenen dreieinhalb Jahre nach oben durchbrochen. Gut möglich, dass sich der Markt in den nächsten Monaten zwischen 2,2 und 2,7 Prozent zunächst auspendelt. Dass angesichts der Geldpolitik der Fed und der robusten US-Konjunktur die Renditen aber wieder deutlich nachgeben, ist wenig wahrscheinlich.
Auch bei zehnjährigen Bundesanleihen, die erst bei 0,5 Prozent rentieren, sind erste Wendemanöver sichtbar. Zwar sollte der Renditeanstieg hier in den nächsten Monaten nicht über die Ein-Prozent-Marke hinausgehen, doch die alte Mechanik stets sinkender Renditen ist dahin.
Ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor sind die Notenbanken: In den USA könnte es zu einem Konflikt zwischen Fed und Trump kommen. In Europa stellt sich die Frage, welche Richtung die EZB verfolgt in der Zeit nach Draghi. Und was passiert mit der Notenbankpolitik, wenn sich die divergierende Entwicklung in Europa noch verschärft?
Zweites Risiko: Gewinnenttäuschungen bei Unternehmen
Die amerikanische Caterpillar-Aktie gehört seit Monaten zu den Favoriten der Anleger. Zunächst profitierte sie vom Comeback der Bergbauunternehmen, die schweres Gerät brauchen. Dann von der Hoffnung auf den neuen Infrastruktur- und Bauboom. Der Haken daran: Bisher macht sich dies in den Unternehmenszahlen nicht bemerkbar – im vierten Quartal 2016 sind sogar hohe Verluste entstanden.
Die Gleichung: Megatrend gleich Geschäftsausweitung gleich Gewinnschub gleich steigende Kurse, funktioniert in der Realität nicht immer wie gewünscht. Und selbst wenn sich diese Entwicklung einstellt, dauert es in vielen Fällen länger als erwartet.
Auch bei erfolgreichen Unternehmen wachsen die Bäume oft nur langsam. Im Dax gehört der Konsumchemiker Beiersdorf zu den klassischen Langfristfavoriten, die seit Jahren Umsatz und Gewinn erhöhen. Dennoch kommt Beiersdorf nur mit kleinen Schritten voran – schließlich muss dieses Wachstum ja gegen potente Konkurrenten wie Henkel, L’Oreal oder Procter & Gamble erkämpft werden. Und L’Oreal etwa erzielt zwar überdurchschnittlich hohe Margen, kann die aber seit Jahren nicht mehr ausdehnen.
Mit anderen Worten: Selbst die besten Unternehmen der Welt erleben zwischenzeitlich immer wieder Phasen der Stagnation – und das kann bei hoch bewerteten Kursen schnell zu empfindlichen Korrekturen führen. Paradebeispiele außerhalb des Dax sind derzeit die Schweizer Klassiker Novartis und Nestlé, die Anlegern seit vielen Monaten keine Freude machen, obwohl beide fraglos von Megatrends (Gesundheit, Nahrungsmittel) profitieren.