Riedls Dax Radar

13.600 Punkte im Dax in Reichweite

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Gefallene Engel bewahren den Dax vor der Überhitzung

Wenn ein gefallener Engel wie Bayer, der trotz schwer gesunkener Kurse immer noch 64 Milliarden Euro Börsenwert auf die Waage bringt (vor BASF immerhin der sechsschwerste Titel im Index), ist das für den Dax ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass der Markt weit davon entfernt ist, überhitzt zu sein. Nicht nur die Kurse von Bayer-Aktien sind alles andere als heiß gelaufen, auch andere Klassiker sind langfristig betrachtet eher unten als oben.

Sondereffekte drücken den Daimler-Gewinn, Verkaufszahlen auf Rekordniveau

Ganz besonders gilt das für Daimler-Aktien. Mehr als 10.000 Stellen wird Daimler im Zuge seines jüngsten Kostensenkungsprogramms abbauen. Die Zahl klingt absolut gesehen massiv, ist bei einer Gesamtbelegschaft von 300.000 Mitarbeitern aber kein Drama. Es dürfte den Stuttgartern keine Probleme bereiten, bis Ende 2022 diese Stellen wie geplant abzubauen und damit einen wesentlichen Teil der Einsparungen von insgesamt mehr als einer Milliarde Euro vorzunehmen.

Dazu passt, dass die Geschäftszahlen in diesem Jahr deutlich schwächer ausfallen werden – jedenfalls, wenn es um die Gewinne geht. Banken rechnen hier im Durchschnitt mit einem Rückgang von einem Drittel. Allerdings ist keineswegs eine operative Schwäche im Fahrzeuggeschäft der Grund dafür. Verantwortlich für die niedrigeren Daimler-Gewinne in diesem Jahr sind vor allem milliardenschwere Rückstellungen für juristische Risiken aus dem Skandal um Dieselabgase sowie wahrscheinlich nun auch noch Aufwendungen für das beginnende Sparprogramm.

Bei den Verkaufszahlen der Fahrzeuge hingegen rangiert Daimler auf Rekordniveau. Mit 839.326 Fahrzeugen im dritten Quartal erzielte Daimler einen Top-Wert. Der Umsatz legte dabei sogar noch stärker zu. Das ist ein Indikator, dass Daimler für seine Fahrzeuge gute Preise erzielt. Mit anderen Worten: Wenn Daimler sein Abgasproblem in den Griff bekommt und die vorübergehenden Belastungen aus dem Konzernumbau verarbeitet hat, dürfte sich der Jahresnettogewinn von aktuell fünf Milliarden Euro wieder in den Bereich sieben bis acht Milliarden Euro erhöhen.  

Daimler-Aktien sollten sich kurzfristig weiter zwischen 48 und 54 Euro halten. Wenn dem Unternehmen nächstes Jahr die strukturelle Wende gelingt, könnte es dann zu einem Anstieg über 60 Euro hinaus kommen. Das wäre dann sogar ein starkes Kaufsignal

E.On und Henkel mit Nachholbedarf, Vonovia nicht zu bremsen

Im Vergleich zu den Fahrzeugaktien sind die Energieversorger bei ihrer großen Wende schon weiter fortgeschritten. Bei E.On kommt nun wieder Bewegung in den Kurs, weil sich durch die Innogy-Aufteilung in diesem Jahr ein Umsatzschub abzeichnet. Zudem profitiert die Aktie davon, dass E.On die zuletzt schwierige Situation auf dem britischen Energiemarkt mit Nachdruck angeht. Noch in diesem Jahr könnten E.On-Aktien das wichtige Niveau um 10 Euro erreichen.

Bei Henkel sieht es ähnlich aus. Probleme in den USA und Enttäuschungen beim Wachstum haben die Aktie seit Mitte 2017 gedrückt, obwohl Branchenkonkurrenten wie Beiersdorf oder Procter & Gamble davongezogen sind. Ob es in den nächsten Monaten zu einer Übernahme des Coty-Ablegers Wella kommt und Henkel damit sein Haarpflegegeschäft ausbaut, ist noch offen. Kurzfristig wäre es gut, wenn sich die Aktie zwischen 90 und 95 Euro hält. Dann könnte, vielleicht sogar bis Jahresende, ein Anstieg bis auf 105 Euro möglich sein.

Wenn man von Überhitzung im Dax spricht, trifft das besonders auf Vonovia zu. Sowohl auf dem Immobilien- und Mietmarkt, dem Kerngeschäft von Vonovia, gibt es Anzeichen der Überhitzung, als auch im Aktienkurs, der seit mehr als sechs Jahren steil nach oben zeigt. Aktuell hat Vonovia das Niveau des Allzeithochs erreicht. Dass die Aktie dabei trotz kurzfristiger Kursbewegungen im Bereich um 48 Euro kaum nachgibt, ist ein Stärkesignal. Das bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit, dass Vonovia-Aktien ihren Aufwärtstrend fortsetzen ist größer als die Gefahr einer Wende.

Fazit für den Dax: Die Weltwirtschaft bleibt mit moderaten Wachstumsraten auf Kurs. Zahlreiche Indikatoren deuten darauf hin, dass es im Laufe des nächsten Jahres sogar zu einer leichten Belebung kommen könnte. In diesem Umfeld gibt es zwar weniger Spielraum für neue, expansive Zinsmaßnahmen. Doch da das Zinsniveau insgesamt sehr niedrig beziehungsweise negativ bleiben wird, ist das Umfeld für die Aktienmärkte gut. Dow Jones, Nasdaq 100, Stoxx 600 und seit kurzem auch M-Dax und Tech-Dax haben gerade erst Rekordniveau erreicht. Der Dax ist noch nicht soweit und dank zahlreicher schwer gefallener Engel weit von einer Überhitzung entfernt. Unabhängig von kurzfristigen Korrekturen (die im Dax maximal bis etwa 12.500 Punkte gehen dürften), könnte der Dax noch in diesem Jahr sein Allzeithoch um 13.600 Punkte anlaufen.

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