Riedls Dax-Radar

Der Dax setzt auf Europa

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Gesamtmarkt bleibt robust

Natürlich gibt es Argumente, die auch weiterhin für Aktien sprechen. Zuallererst ist das die enorme Geldschwemme und der Anlagenotstand, der – wie eingangs bei Anleihen beschrieben – auf immer mehr Märkten offensichtlich wird: Von Immobilien über Oldtimer bis zu Kunst oder Special Interest (Comics, altes Spielzeug).

Für den Aktienmarkt wirkt diese enorme Liquidität wie ein Netz, in dem selbst Aktien teurer und wenig wachstumsstarker Unternehmen nach Kursrückgängen wieder aufgefangen werden. Dieser Effekt zeigte sich, als der Dax Anfang Mai unter die 10.000er-Marke rutschte und gleich wieder nach oben gekauft wurde. Und es ist spürbar am Dow Jones, der in den vergangenen 15 Monaten zwei veritable Abstürze verkraftet hat und danach eben nicht nach unten gedreht hat.

Faktisch dürfte die Liquidität so groß sein, dass selbst eine moderate Zinserhöhung in den USA an dieser Antriebskraft nichts ändert. Und dass die Fed angesichts der nur langsam wachsenden US-Wirtschaft demnächst mit dem schweren Zinshammer kommt, ist unwahrscheinlich.

Einzelwerte Angeschlagen, Gesamtmarkt dennoch robust

Am deutschen Aktienmarkt sieht die Indexkurve selbst derzeit besser aus als das Bild, das zahlreiche Einzelwerte ergeben. Der Dax hat durch den jüngsten Anstieg nicht nur die Durchschnittslinie der vergangenen 200 Börsentage wieder übersprungen; er hält sich seit Beginn der Konsolidierung (Ende April) auch ziemlich gut in der Spannbreite zwischen 9700 und 10.400 Punkten.

Dass er bei dieser Konsolidierung, die immerhin einer Anstiegsphase von 8700 auf 10.500 Punkte folgt, bisher nicht mehr Terrain verloren hat, ist ein Zeichen innerer Stärke. Je besser sich der Dax in der aktuellen Konsolidierung hält, desto größer sind die Chancen für einen deutlichen Anstieg danach.

von Frank Doll, Anton Riedl, Heike Schwerdtfeger


Wenn man will, kann man in dieser Marktstärke sogar eine Indikation für die Brexit-Entscheidung sehen: Geht es nach dem Dax, bleiben die Briten in der EU.

Bei den Einzelwerten im Dax sieht es wackliger aus. Vor allem klassische, schwere Industriewerte (BASF, BMW, Daimler) sehen kurz- bis mittelfristig angeschlagen aus, Bayer (mit gut 70 Milliarden Euro Börsenwert immer noch die Nummer vier im Dax) hat sogar langfristig nach unten gedreht. Unentschieden sehen Allianz und Telekom aus. Am besten unter den großen Dax-Werten sind derzeit SAP und Siemens.

Für die Gesamttendenz heißt das: Die Gefahr einer großen Abwärtswende im Dax besteht derzeit kaum. Das wäre erst der Fall, wenn der Index unter 8700 Punkte rutschen würde. Dass er sich von dieser gefährlichen Untergrenze deutlich entfernt hat, ist ein gutes Zeichen für die nächsten Monate. Ein Anstieg über 10.500/10.600 würde sogar ein starkes Kaufsignal auslösen. Dazu allerdings braucht der Dax sicherlich ein gutes Umfeld – etwa eine für die EU positive Entscheidung der Briten am 23. Juni.

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