Riedls Dax-Radar
Läufer Quelle: imago images

Jahresendrally mit Hindernissen

2019 dürfte an den Börsen versöhnlich enden, weil die Geldpolitik expansiv bleibt und es viele starke Unternehmen gibt, die die Konjunktur stützen. Sein bisheriges Hoch um 13.600 Punkte kann der Dax immer noch erreichen.

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Die Angst nimmt zu, die Wirtschaft könnte im nächsten Jahr doch deutlicher abrutschen. Sowohl von internationalen Stimmen wie der OECD als auch von Branchenverbänden – zuletzt vor allem aus der Chemie – kommen warnende Töne.

Und dazu der Unsicherheitsfaktor Donald Trump. Je nachdem, wie seine Äußerungen zum Stand des Handelskonflikts mit China ausfallen, springen die Märkte innerhalb von Sekunden in die eine oder andere Richtung.

Dabei entwickeln sich die Aktienmärkte mit etwas Abstand betrachtet durchaus stabil. Der Dow Jones verläuft mit gutem Sicherheitsabstand oberhalb des Juli-Hochs von 27.400 Punkten, der Technologieindex Nasdaq 100 hat sich deutlich von der mittelfristigen Ausbruchszone um 8000 entfernt. Selbst der Dax konnte zuletzt das Niveau um 13.000 Punkte verteidigen.

Leben Börsianer in einer anderen Welt – oder sind die Ängste und Gefahren, die über die Ticker flimmern, gar nicht so dramatisch wie vielfach befürchtet?

Wahrscheinlich trifft beides zu. Börsianer leben in der Tat in ihrer eigenen Welt. Jeder Marktteilnehmer – vom Kleinanleger, der für 500 Euro seine ersten Aktien kauft, bis zum milliardenschweren Hedgefonds – setzt auf Kursveränderungen, die sich in einem unterschiedlichen Zeitfenster ergeben mögen. Anleger müssen nach vorne schauen, sich Szenarien für den Markt ausdenken, spekulieren im wahrsten Sinne des Wortes. An der Börse ergibt das naturgemäß das Bild einer anderen, zukünftigen Welt.

Bemerkenswert ist, dass die Börse bei ihren Antizipationen meist gar nicht daneben liegt. Als die Aktienmärkte vor gut einem Jahr massiv einbrachen, war dies eine rechtzeitige Warnung für die Wirtschaftsabschwächung, die in Deutschland ihren Tiefpunkt bisher im zweiten Quartal 2019 erreicht hatte. Die Aktienmärkte habe das Tief ausgebügelt, auch das Wirtschaftswachstum hat sich im dritten Quartal wieder leicht erholt.

Die spannendsten Aktien der Woche

Der Kurseinbruch an den Märkten Ende 2018 war heftig, der Rückgang der Wirtschaft nur leicht. Märkte antizipieren also nicht nur, sie übertreiben dabei in der Regel. Was also, wenn sie aktuell nach oben übertreiben und das dicke Ende dann doch noch kommt?

Wenn man genauer hinschaut, bestehen an der deutschen Börse gar keine besonders großen Übertreibungen. Richtig gut gelaufen ist im Dax seit längerem nur ein Teil der Aktien: Die Versicherer Allianz und Münchener Rück (weil ihr operatives Geschäft stabil ist, die Aktien nicht zu hoch bewertet sind und es gute Dividenden gibt), SAP (weil sich milliardenschwere Investitionen in die Cloud auszahlen), Adidas (weil die Expansion vom Sportartikler zum Lifestylekonzern gelungen ist), Vonovia (weil Vermietung und Immobilien weiterhin stabile Einnahmen versprechen), Linde (weil langfristige Verträge zur Gaselieferung nachhaltige Gewinne erschließen) und die Deutsche Börse AG (weil sie als europäische Handelsplattform und Finanzdienstleister für Profis in Europa eine immer zentralere Stellung einnimmt).

Mit anderen Worten: Abgesehen von einigen kurzfristigen Ausschlägen sind die Kurse bei allen starken Dax-Aktien durch eine entsprechende unternehmerische oder fundamentale Entwicklung untermauert.

Am schwachen Ende der Skala sieht das genauso aus. Das Unternehmen Daimler müht sich seit langem um die strategische Wende – und die Aktie kämpft nach fünf Jahren schwerer Kursverluste im Bereich zwischen 40 und 60 Euro um einen Boden. BASF, Henkel und Covestro haben zwei bis drei Jahre rückläufiger Kurse hinter sich, weil sich hohe Erwartungen an die Expansion der Chemiebranche – sowohl in China als auch in Nordamerika – nicht erfüllt haben und die Branche nun auch von der allgemeinen Konjunkturabschwächung erwischt wird.

Diese differenzierte Entwicklung der Märkte spricht dafür, dass die Börsen durchaus die Risiken verarbeiten, die sich aus grundsätzlichen Richtungsentscheidungen der Konjunktur und aus kurzfristigen Hakenschlägen der Politik ergeben. Und es spricht auch dafür, dass das das bisherige Szenario einer sich insgesamt weiter leicht erholenden Wirtschaft auch für 2020 realistisch sein dürfte.

Zu diesem Umfeld würde eine Notenbankpolitik passen, bei der die Fed bei ihrer nächsten Sitzung am 10. und 11. Dezember nicht an der Zinsschraube dreht, allerdings durch fortgesetzte Anleihekäufe ihre Bilanzsumme weiter ausdehnen dürfte, also letztlich ihre sehr expansive Geldpolitik fortsetzt

Fazit für die kurzfristige Entwicklung an den Börsen: Dem Dax könnte das helfen, sich nach seinem jüngsten Schwächeanfall um 13.000 Punkte zu stabilisieren um dann noch einmal das alte Hoch um 13.600 Punkte anzulaufen. Die in der Regel gute Börsenzeit um den Jahreswechsel wäre dafür das klassische Zeitfenster – vor allem, wenn reichlich positive Marktprognosen für 2020 die Runde machen. Sollten die indes sogar sehr optimistisch ausfallen, könnte sich als Gegenreaktion an den Börsen ab Mitte Januar dann doch eine Korrektur durchsetzen. Im Dax wäre dafür Spielraum bis in den Bereich um 12.500 Punkte.

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