Riedls Dax-Radar

Kaufsignale für deutsche Aktien

Obwohl die Konjunktur weltweit nur mühsam vorankommt, zeigen im Dax immer mehr Aktien nach oben. Die Aussichten für die nächsten Monate haben sich deutlich verbessert.

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Deutscher Aktienindex Quelle: REUTERS

Das Klima in der Weltwirtschaft trübt sich ein. Der vom Ifo-Institut errechnete Indikator für die mögliche weitere wirtschaftliche Entwicklung sank auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren. Gründe sind die Angst vor den Folgen des britischen EU-Austritts, die Wachstumsschwäche in Asien und die nur noch verhaltene Entwicklung in Nordamerika. Dabei sieht der US-Arbeitsmarkt noch etwas besser aus, doch in anderen Bereichen der Wirtschaft flaut die Dynamik ab. Auch die Gewinne börsennotierter Unternehmen fallen – wenn man den Durchschnitt nimmt – nicht berauschend aus. Die Erwartungen für das dritte Quartal liegen in Amerika bei minus zwei Prozent.

Federn lassen im zweiten Quartal

Dennoch zeigen die Kurse an immer mehr Weltbörsen nach oben. Der Dow Jones hat mit einem Niveau um 18.600 Punkten das Kaufsignal, das er Anfang Juli bei 18.000 gab, bestätigt. Zugleich dreht die 200-Tagelinie seit zwei Monaten wieder nach oben. Das sind klassische Kaufsignale, und es gibt derzeit keinen Anlass, an ihrer Wirksamkeit zu zweifeln. Im marktbreiten S&P 500 sieht die Konstellation genauso aus, abermals eine Bestätigung. Und sogar der Nasdaq 100, nachdem er schon im Juli gut gelaufen ist, peilt nun neue Höhen an. Würde man die klassische Dow-Theorie (die Bestätigung des Gesamtmarktes durch die stabile Entwicklung einzelner Branchenindizes) auf die Hightechs anwenden, so wäre auch dies ein weiteres Signal für die Stabilität der aktuellen Aufwärtsbewegung.

Und nun macht sogar der Dax mit. Dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal um 0,4 Prozent gegenüber dem ersten Quartal gewachsen ist, passt gut ins Bild: Die Wirtschaft ist weit genug entfernt von einer Rezession, andererseits ist der Zuwachs aber so moderat, dass es weiterhin bei der extremen Zinspolitik bleiben wird.

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Das erste, noch verhaltene Kaufsignal, gab der Dax vor zwei Wochen, als er die 200-Tagelinie nach oben überwand und in einer kurzen Rückreaktion verteidigte. Gleichzeitig kam der Dax über die waagrechte Hürde bei 10.500 Punkten. Dabei nahm er auch den seit Frühjahr 2015 bestehenden Abwärtstrend.

Noch ist dieser Ausbruch nicht mit der klassischen Drei-Prozent-Regel bestätigt, dazu müsste der Dax noch über 10.800 kommen; doch die Wahrscheinlichkeit ist nun ausgesprochen hoch, dass der Dax mit diesen Kaufsignalen die Konsolidierung der vergangenen eineinhalb Jahre abgeschlossen hat und seinen langen Aufwärtstrend fortsetzt. Das an dieser Stelle vor einigen Monaten beschriebene Szenario einer positiven zweiten Halbzeit 2016 wird damit immer realistischer.

Aktienkauf als Protest mündiger Sparer und Anleger

Diese Signale im Dax werden von wichtigen Einzelaktien bestätigt. Die Münchener Rück, deren Geschäft unter der Zinssituation besonders leidet und darunter, dass sogar Investoren-Legende Warren Buffett sie nicht mehr mag, hat nun überraschend starke Quartalszahlen geliefert. Offensichtlich sind die Münchener in der Lage, in einem schwierigen Umfeld gut zu verdienen. Und damit werden sie weiter ihre hohe Dividende zahlen. Deren Rendite liegt derzeit bei mehr als fünf Prozent – noch nie seit mehr als vierzig Jahren hat die Münchener Rück ihre Dividende gekürzt. Solche Qualitäten sind bei Anlegern gefragt. In den nächsten Wochen sollte sich die Aktie der Münchener Rück zwischen 150 und 165 Euro stabilisieren, danach hat sie Potenzial bis rund 180 Euro.

Die Tops und Flops im Dax
Deutsche Konzerne Quelle: DPA
Adidas Quelle: DPA
Daimler-Chef Dieter Zetsche Quelle: DPA
Deutsche Telekom Quelle: DPA
SAP Quelle: DPA
Deutsche BankSchlechter geht immer. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 leiden die Aktionäre des größten deutschen Bankhauses. Die Aktie kostet nur noch 12,60 Euro. Das sind gut 80 Prozent weniger als vor zehn Jahren. Im zweiten Quartal 2016 brach das Ergebnis vor Steuern um 67 Prozent auf nur noch 408 Millionen Euro ein. Nicht nur die extrem niedrigen Zinsen setzen der Deutschen Bank zu. Hinzu kommen Rechtsstreitigkeiten und der langwierige Konzernumbau. Quelle: AP
Commerzbank Quelle: dpa

Regelrecht nach oben geschossen ist Siemens. Schon allein die Dynamik, wenn ein klassischer Blue Chip so kräftig anzieht, ist ein Zeichen für solvente Investoren – und die steigen nach solchen Käufen nicht gleich wieder aus. Müssen sie auch nicht, denn Siemens bietet etwas, das Anleger immer seltener finden: Ein verlässliches, durchaus erfolgreiches Geschäftsmodell, das stabile Gewinne auch in widrigen Zeiten abwirft­ und das seine Anleger daran auch teilhaben lässt. Je mehr sich Meldungen häufen, dass Anleger nichts mehr für ihr Erspartes bekommen oder sogar Strafzinsen zahlen müssen, desto eher werden sie sich an guten Unternehmen beteiligen.

An dieser Stelle sei die These gewagt, dass substanziell verlässliche und dividendenstarke Aktien nicht nur von der Strafzinspolitik der EZB profitieren, sondern auch davon, dass einige Investoren die politische Linie in manchen Staaten nicht mehr teilen und ihr Geld bei soliden Unternehmen besser aufgehoben sehen: Aktienkauf als Protest mündiger Sparer und Anleger.

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Natürlich müssen die Unternehmen dafür etwas bieten. Betrugsaffären wie bei Volkswagen, jahrelange Enttäuschungen wie bei der Deutschen Bank und stures Festhalten an verblichenen Geschäftsmodellen wie bei den Versorgern kommt bei Anlegern gar nicht gut an. Es wird Jahre dauern, bis diese Unternehmen den Schaden, den sie für sich und ihre Anteilsinhaber verursacht haben, wieder gutmachen­; wenn überhaupt. Mehr als vorübergehende Kursreaktionen sind hier nicht drin – womit diese Aktien bis auf weiteres nur etwas für Zocker sind und nicht für Anleger, die ein verlässliches Investment suchen.

Kurze Korrektur sollte zwischen 10.500 und 10.100 aufgefangen werden

Auch wenn die Signale an den Märkten positiv sind, bruchlos wird es in den nächsten Monaten nicht nach oben gehen. Dafür gibt es zu viele Unwägbarkeiten. Die reichen von einer neuen Eskalation in der Ukraine bis hin zu einem Schlussspurt des umstrittenen Kandidaten Donald Trump, der nach wie vor unberechenbar ist – wenngleich die Chancen von Hillary Clinton unterm Strich besser sein dürften.

Seit dem Brexit-Crash ist der Dax sieben Wochen gestiegen und hat dabei bisher 17 Prozent gut gemacht. Mittelfristige Bewegungen im Dax haben oft ein Zeitfenster von fünf bis acht Wochen. So gesehen wäre es kein Wunder, wenn sich die Kurse trotz langfristig positiver Signale zunächst etwas schwer tun. Im Grunde ist dies eine klassische Konfliktsituation an der Börse, die es weder Optimisten noch Pessimisten leicht macht.

1580 Punkte hat der Dax in den vergangenen sieben Wochen gewonnen. Wenn er davon in einer klassischen Reaktion bis zu 600 Punkte verliert, ginge er etwa auf 10.150 Punkte zurück. Just hier dürften in den nächsten Wochen die alte, seit Frühjahr bestehende Abwärtstrendlinie und auch etwa die 200-Tagelinie verlaufen. Damit wäre die Zone um etwa 10.100 Punkte der maximale Spielraum, bis zu dem eine kurze Korrektur in den nächsten Wochen gehen könnte, ohne dass das oben beschriebene langfristig positive Szenario aufgehoben wird.

Sollte der Dax bei seiner Reaktion in den nächsten Tagen schon bei 10.500 halten, umso besser.  Je weniger ein Markt in einer Korrektur an Boden verliert, desto stärker kann die nachfolgende positive Trendbewegung ausfallen.

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