Rechnet man die eine Milliarde mehr Nettogewinn auf jede der 1,07 Milliarden Daimler-Aktien um, ergibt das rund einen Euro je Aktie mehr Gewinn. Bei einer achtfachen Kurs-Gewinn-Bewertung (die ohnehin ziemlich günstig ist) ergäbe das einen rechnerischen Kurseffekt von plus acht Euro.
Jenseits der normalen Marktbewegungen sind Daimler-Aktien in den vergangenen Wochen aber nicht in auffälliger Weise gestiegen. Mit anderen Worten: Den Steuereffekt haben Anleger noch gar nicht angemessen honoriert.
USA sind wichtigster Einzelmarkt
Und er ist keineswegs auf 2017 beschränkt. Daimler macht ein Viertel seines Umsatzes allein in den Vereinigten Staaten. Weit vor Deutschland und China ist die USA für Daimler das Land mit dem wichtigsten Einzelmarkt. Daimler ist hier mit Abstand die Nummer eins bei den Lastwagen. Und diese Branche würde ganz besonders von einer ansteigenden Konjunktur und damit verbundenen Transportvolumina profitieren. Nicht umsonst wurden in der klassischen Dow-Theorie zur Bestätigung des Industrie-Index die Railroads herangezogen. Natürlich spielt die Eisenbahn diese Rolle nur noch rudimentär. In Amerika sind dies heute die Lastwagen – und damit Daimler.
Eine weitere, wichtige fundamentale Verbesserung für Daimler kommt hinzu: Weltweit zieht die Wirtschaft in den Schwellenländern an, und das sind klassische Lkw-Märkte. Die Börsen haben dies in vielfacher Weise vorweggenommen. Zahlreiche Indizes von Schwellenländern laufen in stabilen Hausse-Bewegungen oder drehen nach einer längeren Korrektor wieder nach oben; vom Merval in Argentinien bis zum RTS in Russland, vom Shanghai Composite bis zum türkischen ISE.
Unter dem Druck des Diesel-Desasters haben Daimler-Aktien seit zwei Jahren zwischen 55 und 73 Euro eine große Bodenformation gebildet. Gelingt der Aktie der Ausbruch über die obere Begrenzung, wäre dies ein langfristiges Kaufsignal. Letztlich könnte dies Daimler den Weg bis zum alten Hoch um 90 Euro ebnen. Ein Kursniveau, das fundamental angesichts der starken Daimler-Gewinne problemlos möglich wäre. Wenn aber Daimler Luft bis 90 Euro hat, wohin kann dann der Dax gehen?
Die gesamte Autobranche vor dem Start eines großen Rennens
Daimler ist kein Einzelfall. Bei Volkswagen ist die Aufholjagd in vollem Gang. Continental hat, beflügelt von den Megatrends neue Mobilität und autonomes Fahren, schon vor Wochen ein langfristiges Kaufsignal gegeben, das noch merklich Potenzial birgt. Und dann wäre da ja auch noch BMW.
Wie weit kann der Dax klettern?
BMW wird in diesem Jahr wahrscheinlich weit mehr als 150.000 Fahrzeuge mit Elektroantrieb produzieren – und im Gegensatz zu Tesla dank Rekorden bei klassischen Fahrzeugen richtig gutes Geld verdienen. Schafft BMW den Anstieg über 90 Euro, eröffnet das wie bei Daimler langfristig erhebliches Kurspotenzial.
Die Autobranche, die je nach Kursniveau ein Viertel bis ein Drittel im Dax ausmacht, hat den deutschen Aktienmarkt im Zuge der Dieseldebatte zwei Jahre lang belastet. Doch in den vergangenen Monaten hat sich das Blatt gewendet und aus der gebashten Branche ist für den Dax ein wichtiger Wachstumstreiber geworden.
Bezeichnenderweise geht das Comeback der deutschen Autoindustrie einher mit der Entzauberung des großen Protagonisten Tesla, dem technisch wie finanziell die Zeit davonläuft.
Breiter Aktienaufschwung in Amerika
Dem Dax zugutekommt die starke Entwicklung der amerikanischen Aktienmärkte. Der Dow Jones hat mit einem Stand um 25.000 Punkte zwar ein wichtiges Ziel erreicht und könnte insofern eine Korrektur einleiten. Doch nur weil ein Markt gut läuft, muss ein Trend nicht kippen. Ganz im Gegenteil: Gefährlich wird es an den Börsen in der Regel dann, wenn die Kurse mehrere Wochen in einem eigentlich guten Umfeld nur auf der Stelle treten. Genau diese Gefahr aber besteht angesichts der breiten Hausse derzeit nicht.
Alle amerikanischen Aktienbarometer, Dow, S&P, Nasdaq, verlaufen in hochdynamischen Aufwärtstrends. Im Dow Jones hat zwar Intel durch den Chip-Skandal einen Schwächeanfall erlitten, aber getragen wird der Aufschwung von den defensiven Klassikern (3M, Home Depot, McDonald’s), von den Technologie-Schwergewichten (Microsoft, Apple), von den Finanzwerten (Goldman Sachs, American Express) und nun auch von den Ölaktien (Exxon, Chevron) und sogar von Caterpillar. Die Breite dieser Aufwärtsbewegung ist ein Zeichen für die Stabilität des Trends.
Potenzial bis 15.000
Wie weit kann der Dax in diesem Umfeld klettern? Fundamental lassen sich, wie vor zwei Wochen beschrieben, bei guten Unternehmensgewinnen und einer fortgeschrittenen Bewertung Zielzonen bis 15.000 Punkte hochrechnen. Kurstechnisch hat der Dax seit Anfang November zwei Monate Korrektur hinter sich, die er nun, angesichts der zuletzt sehr starken Kurse, mit einem Kaufsignal abschließt.
Bei 13.300 Punkten hat der Dax zunächst das Top-Niveau von Mitte Dezember erreicht. Hier könnte es eine kurze Verschnaufpause geben. Die hohe Dynamik des jüngsten Anstiegs spricht dafür, dass es nach einer kurzen Korrektur dann mindestens wieder bis zum alten Hoch bei 13.500 Punkten geht.
Schafft der Dax, was in einem guten Jahresstart durchaus möglich ist, einen ähnlichen Zugewinn wie in der Hausse-Phase September bis Oktober (plus 1500 Punkte), ergäbe das bei einem Startpunkt der jüngsten Aufwärtsbewegung bei 12.750 ein theoretisches Ziel von 14.250. Zeitfenster wäre die Spanne bis Ende Februar. Dieses positive Szenario würde gut zum klassischen Wende-Monat März passen: Womöglich wie im Jahr 2000 – als der Markt am 6. und 7. März sein Hoch sah und danach schwer abdrehte.