Riedls Dax-Radar
Börsenindex Dax Quelle: Fotolia

Keine Angst vorm Dax!

Aktionäre von Continental und Bayer erleben regelrechte Kurskatastrophen. Doch die Aussichten für den Gesamtmarkt sind besser, als vielfach befürchtet. Hilfe könnte dabei sogar aus China kommen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Der Crash des Dax-Werts Continental, der mittlerweile unter das 2016er-Tief bei 160 Euro gerutscht ist, offenbart die Schlagseite, die der deutsche Aktienmarkt hat: Industriewerte im Allgemeinen und Autowerte im Besonderen sind zu einer dauerhaften Belastung geworden. Bei den vier Aktien der Fahrzeugbranche Daimler, BMW, Volkswagen und Continental, die immerhin ein Fünftel des Dax ausmachen, ist noch keine Stabilisierung in Sicht.

Das Geschäft mit Neuwagen ist wegen neuer Abgasvorschriften teilweise völlig zum Erliegen gekommen. Das schlägt, wie nun bei Continental, stärker auf die Zahlen durch als erwartet. Wahrscheinlich wird das Neuwagengeschäft erst wieder Anfang 2019 in gewohnten Bahnen verlaufen. Bis dahin können die vier Auto-Werte noch weitere fünf bis zehn Prozent verlieren.

Auch bei den anderen großen Industrieaktien drängt sich derzeit kein Investment auf. Bayer, mit 80 Milliarden Euro Börsenwert ein Schwergewicht im Dax, ist extrem angeschlagen. Das desolate Bild des Kursverlaufs, der beim Unterschreiten der Marke von 90 Euro soeben ein langfristiges Verkaufssignal gegeben hat, passt zu der Befürchtung, dass sich Bayer über Monsanto neue Milliardenrisiken hereingeholt hat. Klagen aus Amerika gehören zu den unangenehmsten und langwierigsten Problemen, die ein Unternehmen haben kann. Selbst hartgesottene Anleger machen um betroffene Firmen lieber einen Bogen.

Die spannendsten Dax-Aktien der Woche

So kalt erwischt wie Conti oder Bayer hat es BASF und Siemens nicht, doch auch hier ist vorerst nur mit einer durchwachsenen Entwicklung zu rechnen. Bei Siemens mag die Aussicht auf Stellenstreichungen und höhere Effizienz sicher den einen oder anderen Aktionär anlocken. Allerdings entwickelt sich das Unternehmen langsam zu einer Dauerbaustelle – und das wiederum passt wenig zu einem nachhaltigen Investment.

Bei BASF befürchten Anleger ein Abflauen der bisher guten Chemiekonjunktur. Zudem hat die Aussicht auf einen moderaten Konzernumbau Investoren bisher eher verunsichert als begeistert. Konstanz war früher einmal ein Wert, auf den sich Anleger bei BASF verlassen konnten.

Aus dem Ruder gelaufen ist die Entwicklung bei Thyssenkrupp. Der Grundgedanke, dass einige attraktive Unternehmensteile letztlich zu einem höheren Börsenwert führen sollten, ist zwar nachvollziehbar. In dem ganz eigenen Problemgeflecht von Thyssenkrupp allerdings lassen sich diese Werte wohl nicht so heben, wie sich das die Großaktionäre Cevian & Co. ausgemalt haben. Auch Hedgefonds können sich verrennen.

Favoriten stützen den Gesamtmarkt

Zum Glück für den Dax gibt es eine ganze Reihe aussichtsreicher Einzelaktien. Ein Drittel der Dax-Werte befindet sich kurstechnisch in einer robusten Verfassung und weist einen dynamischen Geschäftsverlauf auf.

von Frank Doll, Anton Riedl, Heike Schwerdtfeger

Adidas-Aktien notieren am Top und es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis sie in Richtung 230 Euro bis 250 Euro klettern. Adidas ist derzeit in allen großen Absatzmärkten erfolgreich. Dazu ist dem Unternehmen der Dreh vom Sportartikler zum Luxus- und Lifestyle-Konzern gelungen – und zwar weltweit. An der Börse geht damit eine dauerhafte Höherbewertung einher.

Beiersdorf überzeugt mit guten Zahlen, verlässlichen Geschäftsaussichten und soliden Finanzen. Ein ideales Langfristinvestment im Dax. Wieder in Schwung kommt nun Konkurrent Henkel, der vorübergehend unter Lieferschwierigkeiten in den USA gelitten hat.

Die Deutsche Börse AG hat sich zu einem Gewinner in hektischen Marktzeiten gemausert und liefert Anlegern stabile Ergebnisse in wackligen Zeiten. Der Kurstrend stimmt.

Konjunktur, Zinsen und Währungen sprechen gegen einen Crash

Die Deutsche Telekom vollzieht zwischen 13 und 14 Euro eine aussichtsreiche Stabilisierung. In Verbindung mit der hohen Dividende wird sie immer mehr zum Renditeinvestment. In Zeiten praktischer Nullzinsen ist das ein wichtiger Kaufgrund.

E.On und RWE haben sowohl geschäftlich wie im Kursverlauf ihre jahrelange Baisse beendet und arbeiten an ihrem Comeback. Diese eigene Entwicklung, die sich seit zwei bis drei Jahren abzeichnet, haben Skeptiker den ehemaligen Monopolisten nicht zugetraut. Für den weiteren Anstieg in den nächsten Jahren ist das ein gutes Fundament.

Merck und FMC profitieren davon, dass Pharma- und Gesundheitswerte weltweit wieder im Kommen sind und dass die Angst, die Branche könnte von Donald Trump abgewürgt werden, wohl unbegründet ist. FMC-Mutter Fresenius sieht schlechter aus, weil hier erst die fehlgeschlagene Akorn-Übernahme verdaut werden muss.

Unspektakulär stabil entwickelt sich Vonovia. Der Immobilienmarkt läuft auf vollen Touren, Signale der Überhitzung sind unübersehbar – doch automatisch zu Ende gehen muss der Boom deshalb nicht. Die Nachfrage nach Wohnraum ist ungebrochen, die Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen ebenfalls. Mit dem jüngsten Anstieg über 42 Euro haben Vonovia-Aktien sogar wieder ein mittelfristiges Kaufsignal gegeben.

Ein wesentlicher Teil der Dax-Aktien ist angeschlagen, ein ebenso großer Teil ist in einer robusten Verfassung. Das Ergebnis ist, dass der Gesamtmarkt weder nach unten wegbricht noch nach oben durchstartet. Kurzfristig angeschoben oder gedrückt wird der Dax natürlich von äußeren Einflüssen. Hier sind die Aussichten für die nächsten Monate aber nicht einmal schlecht:

Der amerikanische Aktienmarkt entwickelt sich weiter stabil in einem langfristigen Trend. Die US-Wirtschaft wächst in der erwarteten Bandbreite. Die US-Zinsen haben zwar ein erhöhtes Niveau erreicht, heftige Aufschläge aber sind vorerst wenig wahrscheinlich.

In Europa gibt es Anzeichen einer nachlassenden Wirtschaftsdynamik. Dafür aber werden die Zinsen auf extrem niedrigem Niveau bleiben. Die Aussicht, dass die nächste EZB-Führung wohl aus Frankreich kommt und nicht aus Deutschland, passt zu diesem Szenario.

Auf der Währungsseite ist der Euro von seinen Frühjahrsspitzen zurückgekommen, kann sich derzeit aber gut um 1,15 Dollar behaupten. Der Bereich 1,10 bis 1,20 Dollar wäre ein verträgliches Niveau, mit dem die Unternehmen in Europa gut leben könnten.

Die amerikanische Aggressivität im internationalen Handel bleibt eine Belastung für die Märkte. Doch beim Hauptbetroffenen, dem chinesischen Markt, könnte eine Gegenbewegung starten: Der Shanghai Composite Index hat die wichtige Untergrenze um 2600 Punkte verteidigen können. Nach der scharfen Baisse der China-Aktien in den vergangenen Monaten liegt eine Gegenbewegung in der Luft.

Für die Entwicklung des Dax ergibt sich damit folgendes Bild: Auch wenn der mittelfristige Trend angeknackst ist und sich der Index ein gutes Stück unterhalb der 200-Tage-Linie befindet, sollte es ihm gelingen, die weite Zone um 12.000 Punkte zu halten. Im optimalen Fall gelingt schon kurzfristig die Stabilisierung oberhalb von 12.200 Punkten. Notfalls könnte der Markt sogar noch einen Absacker bis 11.700 Punkte verkraften. Spätestens dann aber müsste er nach oben drehen. 

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%