Um neun Prozent sind Henkel-Aktien binnen wenigen Stunden gestiegen, weil die Zahlen viel besser waren als erwartet. Vor allem das China-Geschäft schrumpft keineswegs, wie von Pessimisten befürchtet. Kein Wunder, Ausgaben für den täglichen Konsum sind ziemlich unabhängig von allgemeinen Konjunkturschwankungen; auch in China.
Die heftige Reaktion an der Börse auf die Henkel-Zahlen ist nicht nur ein Beleg dafür, dass die Stimmung in vielen Fällen schlechter ist als die Lage. Es ist auch ein Beleg dafür, dass – wie vor einer Woche geschrieben – es an der Börse auch wieder um fundamentale Fakten geht und nicht nur um Krisenangst oder Notenbankpolitik.
Für den Gesamtmarkt ist diese Tendenz heilsam. Sie führt dazu, dass Anleger erfolgreiches Wirtschaften von Unternehmen honorieren – und damit diesen Unternehmen auch finanzielle Perspektiven geben: Wer einen hohen Aktienkurs hat, ist nicht nur mehr wert, der kann auch gegebenenfalls über neue Aktien sich frische Finanzmittel herein holen. (Das Gegenbeispiel ist hier die in den vergangenen Jahren unternehmerisch ziemlich erfolglose Deutsche Bank, deren niedriger Aktienkurs wirklich nicht zu Kapitalerhöhungen einlädt.)
Amerikanischer Zinsvorsprung und schwacher Euro
Während sich die Fed immer entschiedener auf die erste Zinserhöhung seit fast zehn Jahren vorbereitet, baut die EZB ihre expansive Geldpolitik weiter aus. Ein solches Auseinanderklaffen der Notenbankpolitik hat es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Zieht man dazu noch die unterschiedliche Wirtschaftsleistung in Betracht, ist es fast verwunderlich, dass ein Euro überhaupt noch mehr wert ist als ein Dollar.
Dabei geht es für die Märkte nicht nur um den jetzt schon bestehenden Zinsunterschied. Der beträgt bei zehnjährigen Staatsanleihen aktuell 1,7 Prozentpunkte. Da die EZB nicht nur klassisch am kurzen Zinsende, sondern über Anleihekäufe am langen Zinsende die Renditen drückt, dürfte sich der amerikanische Zinsvorteil weiter vergrößern. Das erhöht den Druck auf den Euro. Nachdem die EU-Währung das Juli-Tief unterschritten hat, kann es in den nächsten Wochen in Richtung 1,05 Dollar gehen, das wäre dann der Tiefpunkt vom März.
Eine leichte Zinserhöhung verträgt der Markt durchaus
Der Zinsanstieg am US-Kapitalmarkt fiel in den vergangenen Tagen ziemlich deutlich aus. In einem Zug kletterten die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen von 2,0 auf 2,36 Prozent. Damit haben sie den Abwärtstrend seit Juni nach oben durchbrochen und können in den nächsten Wochen bis auf 2,5 Prozent klettern.
Ob es danach dann schnell in die Zone 2,5 bis 3,0 Prozent geht, wird sich nach dem Fed-Entscheid Mitte Dezember zeigen. Wenn die Notenbank dann zum Beispiel nur eine verhaltene Erhöhung um 25 Basispunkte vornimmt und auch nicht gleich weiteren Bedarf signalisiert, könnten sich die Renditen um das Niveau von 2,5 Prozent einpendeln. Wenn Janet Yellen aber wegen starker Wirtschaftszahlen gleich die nächste Erhöhung vorbereitet, kann es schnell auf 3,0 Prozent gehen.
Für die Aktienmärkte ist eine leichte Zinserhöhung kein Drama, da dies einerseits von der wirtschaftlichen Gesundung zeugt, andererseits bedeutet es nicht gleich eine substanzielle Geldverknappung. Wie schon bisher wird es darauf ankommen, ob die Notenbank das richtige Gespür entwickelt zwischen den Bedürfnissen der Realwirtschaft und den Konsequenzen, die ihre Geldpolitik hat. Bisher hat Janet Yellen hier keineswegs einen schlechten Job gemacht.
In Europa kommt die wichtigste Volkswirtschaft, die deutsche, weiter voran. Mit plus 0,3 Prozent war das Wachstum im dritten Quartal etwas schwächer als erhofft, angesichts der vielfachen Belastungen so schlecht aber auch nicht.
Wichtig ist, dass die Schwäche in den Schwellenländern offensichtlich nicht so stark auf die europäischen Kernwirtschaften zurückschlägt, wie befürchtet. Die deutsche Ausfuhr etwa hat sich im September merklich erholt, weil die Nachfrage aus den anderen EU-Ländern so lebhaft war. Die von der Bundesregierung angepeilten 1,7 Prozent Wirtschaftswachstum sind für dieses Jahr ein realistisches Ziel.