Riedls Dax-Radar
Quelle: imago images

Liebe Börsianer, keine Angst vor Donald Trump!

Die jüngsten Schwankungen an den Börsen sollten Anleger zum Anlass nehmen, Trump-Äußerungen auszublenden. Warum die Aufwärtsdynamik an den Märkten sogar wieder zunehmen könnte.

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Wie ein Spielball springen die Börsen auf und ab, je nachdem, in welche Richtung die Äußerungen des US-Präsidenten deuten. Dabei ändert dieses Hin und Her am großen Umfeld der Kapitalmärkte nichts: Seit den Neunzigerjahren, nach dem Niedergang der alten Sowjetunion und der mühsamen Entwicklung des neuen Russland, sind die USA und China die zwei verbliebenen Weltmächte, um die nun die großen Auseinandersetzungen kreisen. Das gilt für die aktuellen Konflikte im mittleren Osten genauso wie für den wirtschaftlichen Wettlauf – von der neuen Seidenstraße bis zum Zugang zu Rohstoffen in Afrika und Südamerika.

An der Rivalität zwischen den USA und China wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Börsianer müssen also stets damit rechnen, dass es von der US-Regierung Aktionen wie aktuell das Vorgehen gegen Huawei gibt. Auf der anderen Seite kann es, womöglich beim nächsten G-20-Treffen im Juni, auch wieder zu plakativen Versöhnungsgesten kommen.

Es ist wenig sinnvoll, Investments von Trumps Äußerungen abhängig zu machen. Im Augenblick sieht es sogar so aus, dass für kurzfristiges Taktieren das Gegenteil mehr einbringt: Kaufen, wenn Trump donnert; verkaufen, wenn aus Amerika sanfte Töne kommen. Zuletzt machte Trump nach seiner scharfen Zollankündigung wieder einen Rückzieher. Das deutet darauf hin, dass Trump an einer wirklich heißen Auseinandersetzung mit China (wie sie etwa Hedgefonds-Guru George Soros prophezeit) kein Interesse hat.

Die spannendsten Aktien der Woche

Typische Korrekturen, alles im Rahmen

Der Dow Jones machte in den vergangenen zwei Tagen 800 Punkte gut, nachdem die Hoffnung auf eine Entspannung im Handelskonflikt zurückgekehrt ist. Er machte damit die Hälfte der Verluste wett, die er in den zwei Wochen davor eingebüßt hat. Das war eine klassische Marktbewegung, die nicht aus dem Rahmen fiel. Der Rückgang auf 25.200 Punkte ging genau bis zum Tiefpunkt vom März und wurde zugleich aufgefangen in dem Bereich, in dem derzeit die Durchschnittslinien der vergangenen 200 Tage und 100 Tage verlaufen.

Im Dax spielt sich eine ähnliche Entwicklung ab. Die Mai-Verluste von 600 Punkten wurden bei gut 11.800 Zählern aufgefangen. Hier ist mittlerweile eine wichtige Unterstützungszone entstanden, die sich von der Hochspitze im März und den Tiefspitzen im April herleiten lässt. Der Kursbereich um 25.200 Punkte im Dow Jones beziehungsweise 11.800 Punkte im Dax könnte nun die entscheidende Basis für den nächsten größeren Schwung an den Weltbörsen werden. 

Positiver Cocktail für die Aktienmärkte

In beiden Barometern, Dax und Dow, wird es in den nächsten Wochen aller Voraussicht nach ein sehr positives Signal geben: Die Durchschnittslinie der vergangenen 200 Tage (die im Dow schon steigt) wird von der stärker anziehenden 100er-Linie von unten nach oben geschnitten. Das ist ein klassisches Kaufsignal für eine längere Marktbewegung. Im Dax kam es letztmals im Juli 2016 zur positiven Variante dieses Signals, im März 2018 zur negativen (wenn die 100er-Linie die 200er von oben nach unten kreuzt). Beide Signale erwiesen sich für mittelfristige Transaktionen als Volltreffer.

Eine Garantie, dass es dieses Mal wieder klappt, gibt es nicht. Dennoch ist dieses konstruktive Kursbild ein wichtiger Baustein für eine Aktieninvestition – vor allem, wenn sie zur fundamentalen Entwicklung passen könnte. Und hier zeichnet sich ebenfalls ein günstiges Szenario ab.

In den ersten Monaten dieses Jahres verliefen die meisten Konjunkturkurven verhalten, ähnlich wie die Geschäftsentwicklung bei vielen Unternehmen. Nun mehren sich die Anzeichen, dass es wieder zu einer Belebung kommt. Besonders interessant sind hierbei die Rohstoffmärkte. Die haben durch die jüngsten Trump-Eskapaden zwar noch einmal einen Dämpfer bekommen, doch jetzt gibt es Erholungstendenzen: Brent-Öl hat die Untergrenze bei 70 Dollar verteidigt und ist aktuell auf 73 Dollar geklettert. Kupfer, das wichtigste Industriemetall, ist noch einmal unter 6300 Dollar gerutscht, doch solange der Preis nicht unter die mittelfristigen Tiefs bei 5700 Dollar taucht, liegt eine Entspannung in der Luft.

Allianz, Siemens, SAP und Telekom mit innerer Stärke

Die Entwicklung an den Rohstoffmärkten passt zu Konjunkturerwartungen (etwa von der Commerzbank), die im zweiten Halbjahr von einer Stabilisierung der Weltwirtschaft ausgehen. Die Hoffnung darauf könnte die Aktienmärkte schon in den nächsten Wochen beflügeln; umso mehr, da die Wachstumsdynamik nur verhalten ist, also Querschüsse von den Zinsen nicht zu erwarten sind.

Für die Aktienmärkte würde damit ein ausgesprochen positiver Cocktail entstehen: Verhaltenes Wachstum mit der Aussicht auf mehr, extrem niedrige Zinsen mit der Aussicht auf weniger – und das alles bei einer nur verhaltenen Stimmungslage an den Kapitalmärkten. 

Seit Wochen zeigt sich bei führenden deutschen Aktien wie Siemens und SAP eine ausgeprägte innere Stärke. Schwergewicht Allianz liefert gute Zahlen, die von der Börse auch honoriert werden. Dass der Versicherer sogar bei niedrigen Zinsen Rekordgewinne einfährt, zeigt seine Effizienz. Bei Korrekturen zwischen 190 und 200 Euro sind Allianz-Aktien ein Kauf.

Stabile Telekom, starke Beiersdorf

Der Deutschen Telekom gelang die Stabilisierung oberhalb von 14 Euro. Besonders erfolgreich ist die Telekom in den USA. Bei der geplanten Fusion von T-Mobile US mit dem Konkurrenten Sprint stellt sich mittlerweile die Frage, ob es nicht sogar besser wäre, wenn der amerikanische Ableger bei der Telekom bliebe.

Unerwartet stark entwickelt sich Beiersdorf. Der Chefwechsel verläuft erfolgreich, der Zukauf der Sonnenschutz-Sparte von Bayer ist eine gute Ergänzung des Kosmetikgeschäfts. Beiersdorf solide Finanzierung macht solche strategischen Schritte leicht. Bayer-Aktien hingegen bleiben schwer angeschlagen. Immer mehr schält sich die Erkenntnis heraus, wie falsch oder sogar gefährlich die Übernahme von Monsanto gewesen sein dürfte.

Hektik gibt es bei Thyssenkrupp. Das schwierige Stahlgeschäft, die magere Kapitalisierung und das diffuse Bild, das der Industriekonzern mittlerweile abgibt, lassen bei Anlegern kaum Fantasie aufkommen. Auf der anderen Seite stecken in Thyssenkrupp nach wie vor rund 30 Milliarden Euro Industrieumsatz (ohne Metallhandel), für den an der Börse derzeit nur acht Milliarden Euro bezahlt werden. Das ist ohne Frage billig und wird immer wieder die Begehrlichkeit hartgesottener Investoren wecken.

Fazit für den Dax: Der Rückschlag in der ersten Mai-Hälfte war eine scharfe Korrektur, hat aber die grundlegenden Markt-Tendenz nicht gedreht. Im Dax könnte der Bereich um 11.800 Punkte und im Dow Jones die Zone um 25.200 Punkte die Basis für ein positives Szenario für die nächsten Monate werden. Antriebskraft ist der Mix aus leichter Konjunkturerholung, niedrigen Zinsen und der Skepsis an den Kapitalmärkten

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