Riedls Dax-Radar
Daimler im Sinkflug: Der Konzern rechnet 2018 mit deutlich weniger Gewinn - die Aktie ging prompt in den Sinkflug über. Quelle: REUTERS

Machtlos gegen schwache Nerven

Die Angst an den Börsen steigt, das erhöht das Risiko für weitere Kursrückschläge. Umso wichtiger ist es, dass die Geschäftsentwicklung führender Unternehmen stabil bleibt. Daimler gelingt das leider nicht.

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Auf so etwas reagieren Anleger derzeit besonders empfindlich: Daimler gibt am Freitagnachmittag eine herbe Gewinnwarnung heraus. Hier drückt nicht nur die Dieselproblematik, zunehmend bekommt auch das Nutzfahrzeuggeschäft Schwierigkeiten. Stärker als BMW oder VW ist Daimler hier abhängig vom konjunkturellen Verlauf und vom Wohlergehen in den Schwellenländern. Die bisher auffallend günstige Bewertung von Daimler wird sich deshalb ein Stück weit relativieren. Nach dieser Enttäuschung dürfte es mehrere Wochen dauern, bis sich Daimler-Aktien wieder stabilisieren, womöglich zwischen 45 und 50 Euro.

Ähnliche Entwicklung, ganz anderer Hintergrund: Die Zahlen von SAP waren keineswegs schlecht. Dass die Einnahmen im klassischen Lizenzgeschäft weiter sinken, ist seit Jahren bekannt. Das ist ein großer Trend, der wird sich fortsetzen. Auf der anderen Seite wächst dafür das Cloud-Geschäft umso stärker, die Vermietung von Programmen via Internet. Hier, bei der wichtigsten Entwicklung für SAP, legt der Softwarekonzern deutlich zu. Bei den Margen siegt es einen Tick schlechter aus, eine operative Schwäche ist das aber nicht. Im Cloud-Geschäft entstehen Einnahmen und Gewinne nicht gleich am Anfang. Dafür wird der gesamte Einnahmeprozess verstetigt. Das ist letztlich ein Vorteil, weil ein solches Geschäft weniger Schwankungen aufweist und langfristig planbar ist.

In der ersten Reaktion sind SAP-Aktien deutlich unter 100 Euro gefallen. Dieser Rückgang offenbart die aktuelle, allgemeine Marktverfassung an den Börsen: große Nervosität und im Zweifel eher Verkauf als Kauf. Bei 94 Euro hat die SAP-Aktie kurzfristige Tiefpunkte gebildet. Bereinigt dürfte der Markt damit noch nicht sein. Gut möglich, dass es noch zu einem Rückschlag bis in den Bereich von 85 bis 90 Euro kommt.

So glimpflich wie SAP kommen andere Dax-Werte derzeit nicht weg. Vor allem, wenn es substanzielle Einschnitte gibt wie bei Fresenius Medical Care (FMC) und der Muttergesellschaft Fresenius. Eigentlich sind Investoren hier an Bord, weil sie auf den langfristigen Gesundheitstrend setzen. Das ist ein stetiger, und angesichts der weltweiten Bevölkerungsentwicklung nachhaltiger Trend. Dennoch erweist er sich mittlerweile als ziemlich risikoreich – zumindest für Fresenius.

Die einst geplante Übernahme des amerikanischen Arzneimittelherstellers Akorn ist mittlerweile vor Gericht gelandet. Fresenius muss Akorn nicht übernehmen; ein Vorteil, weil sich die Deutschen getäuscht fühlen. Dagegen legt Akorn nun Berufung ein. Der juristische Streit geht in die nächste Runde.

Der Fall Akorn offenbart, wie problematisch mittlerweile Wachstum via Übernahmen im Gesundheits- und Pharmasektor geworden ist. Dazu stecken in der Fresenius-Bilanz wegen der bisherigen Übernahmen ohnehin schon reichlich Firmenwerte. Das sind Risiken, wenn sich Übernahmen als nicht so lukrativ erweisen, wie gedacht. Die jüngste Enttäuschung bei Fresenius Medical Care fiel so heftig aus, weil sie zeigt, dass nun auch das operative Geschäft an Grenzen stößt.

Aktien von Fresenius und FMC müssen sich nach dem jüngsten Schock erst einmal auspendeln. Langfristig ist Gesundheit im allgemeinen und Dialyse im besonderen ein Wachstumsmarkt. Davon dürfte übrigens auch Warren Buffett überzeugt sein, der immerhin 23 Prozent am direkten Fresenius-Konkurrenten DaVita hält.

Die spannendsten Dax-Aktien der Woche

Schwer eingebrochen ist HeidelbergCement. Überraschend ist das nicht, denn die Heidelberger werden an ihrer bekannten Schwachstelle erwischt: Bei den hohen Energiepreisen. Die Herstellung von Zement - hier ist das Unternehmen weltweit führend - ist ein sehr energieaufwendiger Prozess. Und wenn die Preise für Öl, Gas, Kohle und Strom steigen, können die Heidelberger nicht ausweichen. Als zweites Problem kommt die Verschuldung dazu. Sie ist zwar nicht mehr so heftig wie in den Zeiten der großen Übernahmen vor gut zehn Jahren; doch angesichts steigender Zinsen nehmen auch hier die Risiken zu. Kurzfristige Kurserholungen sind möglich. Wahrscheinlich aber wird der Markt in den nächsten Wochen das Kursniveau um 50 Euro anlaufen.

Zu den stabilsten Werten im Dax gehört derzeit die Deutsche Telekom. Mittlerweile hat sie das Niveau um 14 Euro übertroffen, mittelfristig ein Kaufsignal. Weltweit werden die Telekom-Aktien von den Investoren wiederentdeckt, weil sie ein stabiles Geschäft, planbare Einnahmen und in der Regel gute Dividenden bieten.

Das gilt auch für die Pharma-Branche. Im Dax hilft das derzeit vor allem Bayer bei seiner Erholung nach der Monsanto-Übernahme. Ebenfalls stabil ist Merck. Beides sind zwar keine reinen Pharma-Aktien, bieten aber im Dax die beste Möglichkeit auf diese Branche zu setzen.

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