Die neue Schwäche der Autoaktien, ausgelöst durch Trumps Zolldrohungen und eine abermalige Enttäuschung durch schwache Zahlen von Daimler, sowie die Angst vor negativen Folgen des Coronavirus haben die Kletterpartie des Dax um 13.600 Punkte erst einmal gestoppt. Ein neues Verlaufshoch bei 13.640 Punkten wurde nur für wenige Stunden erreicht. Dennoch ist eine solche Marktbewegung keine Enttäuschung. Anders gesagt: Hätte der Dax im Kampf um neue Kursrekorde seinen bisherigen Höchststand nicht einmal touchiert, wäre das ein sehr negatives Signal gewesen.
Das größte, neue Risiko, das derzeit auf die Märkte zukommt, dürften mögliche Folgen einer unkontrollierten Ausbreitung des Coronavirus sein. Der Virus ist mit dem Auslöser der Sars-Krankheit verwandt, die 2003 für große Verunsicherung sorgte und der etwa 800 Menschen zum Opfer fielen. Obwohl Sars die medizinische Welt damals ziemlich unvorbereitet traf, hat er an den Märkten insgesamt nur zu einer vorübergehenden Volatilität gesorgt. So gesehen könnte auch die aktuelle Verunsicherung durch den Coronavirus eine Episode bleiben und keine Neuorientierung für den Gesamtmarkt.
Einen Effekt dürfte es allerdings auf die Hersteller von Impfstoffen geben. Weltweite Marktführer sind hier die britische GlaxoSmithKline, Merck & Co aus Amerika sowie die französische Sanofi. Alle drei erzielen übrigens mit ihren Impfstoffsparten schon seit längerem zweistelliges Wachstum. Die Debatte um den Coronavirus dürfte die Entwicklungen in der Branche hier noch einmal intensivieren – egal, ob und wer eines Tages womöglich einen Impfstoff gegen diese Krankheit auf den Markt bringt.
Auf der Zinsseite gibt es für den Dax nach der jüngsten EZB-Sitzung kein Umdenken. Im Kern gibt es für Anleger zwei Folgerungen: Erstens soll die EZB-Politik von Grund auf neu geprüft werden. Weil dieser Prozess mehrere Monate in Anspruch nehmen wird, dürfte es zweitens auf absehbare Zeit keine Änderung der Nullzinspolitik geben.
Mit minus 0,30 Prozent liegt die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen weiter unterhalb des jüngsten Tops vom Jahresende bei minus 0,18 Prozent. Der Kapitalmarkt rechnet also auf absehbare Zeit nicht mit einer Verschärfung der Geldpolitik. Bei den zehnjährigen US-Bonds sieht es ähnlich aus. Mit 1,75 Prozent liegen die Renditen ebenfalls unter ihren jüngsten Hochpunkten.
Hoffen auf Einigung mit Bayer
Neue Spekulationen gibt es um Bayer. Im Zusammenhang mit dem umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat geht es um mögliche außergerichtliche Einigungen. Da Anleger hier bisher von sehr hohen Milliardenbelastungen ausgingen, wäre schon eine Einigung im mittleren Bereich (um schätzungsweise zehn Milliarden Euro) ein Erfolg. Für die Entwicklung des Aktienkurses wäre die klare Höhe der Belastung ohnehin besser als wilde Vermutungen.
Seit Wochen entwickeln sich Bayer-Aktien ziemlich stabil. Weil die Aktie schon einen heftigen Kursverfall hinter sich hat, werden die Leverkusener mittlerweile immer weniger als Krisenunternehmen eingeschätzt, sondern als möglicher Turnaround. Im Herbst hatte die Bayer-Aktie den mittelfristigen Abwärtstrend und die 200-Tage-Linie überwunden. Mit dem Anstieg über 70 Euro gab es ein weiteres Kaufsignal. Die nächsten Ziele liegen nun um 85 Euro. Allerdings, solange keine konkreten Zahlen über eine mögliche Einigung vorliegen, bleibt die Aktie hochspekulativ, Anleger müssen heftige Schwankungen einkalkulieren.
Gut läuft es für Merck KGaA. Bei der Aktie mehren sich die Anzeichen, dass die alte Top-Zone zwischen 110 und 115 Euro bald nachhaltig überwunden werden könnte. Merck ist wegen der starken Stellung der Familie kein Übernahmekandidat, kurstreibende Abspaltungen sind auch nicht in Sicht. Dennoch bietet der Mix aus Pharmageschäft, Laborzulieferungen und Spezialchemie die Basis für eine stabile Geschäftsentwicklung. Dass Merck durch seinen jüngsten Zukauf in das neue Geschäftsfeld Chemikalien für Halbleiter expandiert, ist angesichts des weltweiten Chip-Booms vielversprechend.
Deutsche Bank kann kaum noch enttäuschen, MTU trotzt Boeing-Krise
Hoffnungen keimen wieder einmal bei der Deutschen Bank. Nächste Woche werden die vorläufigen Zahlen veröffentlicht. Gut dürften die wahrscheinlich nicht ausfallen. Allerdings sind die Erwartungen an die Deutsche Bank mittlerweile so gering, dass sogar das Ausbleiben neuer, großer Enttäuschungen für die Kurse von Vorteil sein dürfte.
Gut voran mit der großen Wende kommt E.On. Die neuralgische Obergrenze bei 10 Euro hat der Kurs schon leicht überschritten. Dass in Großbritannien mit dem jüngsten Wahlsieg der Tories die Verstaatlichungspläne der Labour-Partei vom Tisch sind, spielt E.On genauso in die Hände wie der Ausbau der Windenergie, für den ein leistungsfähiges Netz notwendig ist. Dass auch RWE-Aktien derzeit zu den Überfliegern im Dax gehören, ist eine Bestätigung für die Chancen der Energietitel.
Nicht zu bremsen Überflieger MTU. Zwar ist die Flugzeugbranche wegen der akuten Boeing-Probleme verunsichert, doch MTU zählt mit seinen leistungsfähigen und energieeffizienten Antrieben zu den Top-Lieferanten weltweit. Die Auftragslage ist ausgesprochen gut und sichert damit das Wachstum langfristig.
Fazit für den Dax: Natürlich ist der Aktienmarkt nach der starken Kletterpartie der vergangenen Monate anfällig für Rückschläge. Dass er sein Hoch um 13.600 Punkte nicht gleich im ersten Zug überwunden hat, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine gängige Entwicklung um solche entscheidenden Kursmarken. Der Dax verläuft in einem klaren Aufwärtstrend, die aktuellen Kurse liegen deutlich, aber nicht übertrieben weit, oberhalb zentraler Durchschnittslinien. Die Einzelwerte bestätigen das positive Bild: Bei 21 der 30 Dax-Aktien verlaufen die aktuellen Kurse oberhalb ihrer 200 Tage-Linie, das ist eine Quote von 70 Prozent, also eine stabile Hausse-Verfassung des Marktes. Kurzfristig wäre es gut, wenn der Dax bei seinen Schwankungen nicht unter 13.400 Punkte fällt, mittelfristig liegt die nächste Auffangzone bei rund 13.000 Punkten. Auf der Oberseite liegen die nächsten Ziele um 14.000 Punkte.