Riedls Dax-Radar

Wo der Ausverkauf im Dax enden könnte

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SAP-Aktien noch nicht billig, es bleibt Rückschlagpotenzial

Mit Kursen um 88 Euro liegen SAP-Aktien um 38 Prozent unter ihrem Allzeithoch aus dem Jahr 2020. Ein Schnäppchen sind sie deshalb aber nicht. Sollte SAP in diesem Jahr zum Beispiel 3,5 Milliarden Euro Nettogewinn erzielen, wäre das umgerechnet auf jede der 1,17 Milliarden Einzelaktien 3,0 Euro. Eine in kritischen Zeiten angemessene zwanzigfache Bewertung ergäbe dann einen theoretischen Zielkurs um 60 Euro. Das wäre immer noch ein Rückschlagpotenzial von 30 Prozent. Zuletzt notierte die Aktie in den Jahren 2013 bis 2015 auf einem solchen Niveau. 

Es gibt keinen Automatismus, der SAP jetzt noch so tief drücken muss. Dennoch zeigt diese Rechnung, dass selbst Aktien von Topunternehmen im Dax durch die Kursrückgänge der vergangenen Monate nicht einfach billig geworden sind. Kurstechnisch hat SAP den seit 2002 bestehenden langjährigen Aufwärtstrend mittlerweile deutlich gebrochen und zudem in den vergangenen sechs Jahren eine riesige obere Trendwende ausgebildet. Deren untere Begrenzung verläuft derzeit bei 95 Euro. Mit 88 Euro notiert die Aktie also schon ein Stück tiefer, das ist ein Warnsignal. SAP-Aktien stecken schon mitten im Kampf um den großen Trend, der sich wahrscheinlich zwischen 80 und 95 Euro entscheiden dürfte. Aus der Gefahrenzone wäre die Aktie erst wieder bei einem Anstieg auf deutlich über 100 Euro. Die schwierige Situation des Paradeunternehmens SAP zeigt, wie tief die Krise im Dax geht und dass sie wahrscheinlich erst nach langen Monaten, wenn nicht sogar erst nach Jahren, überwunden sein dürfte. 

Fazit für den Dax: Inflation, Zinswende, Schuldenkrise, Energie- und Rohstoffknappheit, Rezessionsgefahr, die geopolitische Verhärtung und nun auch noch eine mögliche Rückkehr der Pandemie: Angesichts dieser Ballung an Risiken ist ein Dax von 13.000 Punkten – das entspricht immerhin dem oberen Niveau von 2020 – alles andere als eine Katastrophe. Die Abschläge, die es im Dax seit Januar gibt, sind zwar heftig, aber sie haben bisher noch nicht das Ausmaß in den Abwärtsphasen der Hightechbaisse 2002/03, der Finanzkrise 2008 und des Coronacrashs 2020 erreicht. 

Besonders sichtbar ist das am Angstbarometer V-Dax, der aus den erwarteten Schwankungen am Optionsmarkt errechnet wird. Derzeit pendelt der V-Dax um einen Wert von 30, in Panikphasen des Aktienmarktes schnellt er aber auf 50 bis 80 hoch. Einfach gesagt bedeutet das: Am Aktienmarkt herrscht zwar eine deutlich erhöhte Nervosität, es besteht aber noch keine Ausverkaufspanik. 

Bei jeder großen Dax-Baisse der vergangenen Jahrzehnte kam es am Ende des Kursrückgangs zu einer Ausverkaufsphase mit Werten von über 50 im V-Dax. Angesichts der Masse der aktuellen Probleme wäre es verwunderlich, wenn es dieses Mal anders ablaufen sollte. Eine endgültige Bereinigung des Marktes steht damit weiterhin aus. 

Wo dies stattfinden könnte, dafür gibt es zumindest Anhaltspunkte. Bisher verlief die Abwärtsbewegung seit Januar in zwei Phasen: Einem ersten dynamischen Abschwung bis Anfang März und dann einer Seitwärtsbewegung bis Anfang Juni. Die erneut heftigen Abschläge in den vergangenen Tagen sind das Zeichen einer neuen, dynamischen Abwärtsphase. Sollte diese dritte Phase eine ähnliche Dimension wie die erste Phase annehmen, ergäbe das rechnerisch eine Rückschlaggefahr bis in den Bereich um 11.500 Punkte. Geht es nach den typischen Jahresschwankungen des Dax, könnte sich dieser Rückgang unter heftigen, kurzfristigen Schwankungen bis in die statistisch schwachen Monate August und September hinziehen.

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Licht am Ende des Tunnels könnte dann ausgerechnet von der Inflationsseite kommen. Schon erste Anzeichen dafür, dass die Dynamik der Preissteigerungen ihren Hochpunkt erreicht, vielleicht im Spätsommer, dürfte an den Aktienmärkten eine heftige Erleichterungsrally entfachen.

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