Riedls Dax-Radar
Dax: Gute Aussichten für Anleger dank kaum drohenden Krisen Quelle: dpa

Schwere Krisen sind im Dax weit entfernt

Die Deutsche Bank kommt mit dem Turnaround voran, Siemens holt Rekordaufträge herein, BASF bietet Anlegern Substanz zum Schnäppchenpreis. Kaum einem Dax-Unternehmen droht eine Krise, die Aussichten für Anleger sind gut.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Erstmals seit vier Jahren macht die Deutsche Bank unter Strich wieder einen Mini-Gewinn. Das kann der Beginn des Turnarounds werden, auch wenn die Fortschritte wacklig sind. Auf der Kostenseite kommt die Bank gut voran, ebenso im Geschäft mit Zahlungsverkehr, bei Handelsfinanzierungen und in der Privatkundensparte. Bei den Rechtsrisiken gibt sich die Bank optimistisch, die Rückstellungen für juristische Streitigkeiten werden sogar gesenkt. Die harte Kernkapitalquote geht mit 13,6 Prozent in Ordnung, auch wenn sie im Vergleich zu 2017 marginal gesunken ist.

Enttäuschend allerdings ist, dass die Deutsche Bank ausgerechnet bei den Geschäften, die eng mit dem Kapitalmarkt verbunden sind, schwach abschneidet. Das gilt für den Anleihehandel genauso wie für die Fondstochter DWS, die unter milliardenschweren Mittelabflüssen leidet. Auch andere große Banken haben in den vergangenen Monaten die Turbulenzen an den Kapitalmärkten zu spüren bekommen, konnten dies aber durch ihr höheres Gewinnniveau viel leichter wegstecken.

Die Kommentarlage zur Deutschen-Bank-Aktie ist rundum negativ. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass 16 Milliarden Euro Marktkapitalisierung für eine Bank mit 1,35 Billionen Euro Bilanzsumme eine riesige Unterbewertung darstellen Selbst das harte Kernkapital liegt mit 47 Milliarden Euro fast dreimal so hoch wie der Börsenwert. Diese Relation zeigt, wie dramatisch hoch das Misstrauen der Finanzgemeinde gegenüber der Deutschen Bank immer noch ist.

Die spannendsten Aktien der Woche

Auch die Diskussion über eine Fusion mit der Commerzbank helfen dem Kurs nicht. Zum einen sind beide Banken angeschlagen, zum anderen dürften die Modalitäten eines Zusammenschlusses zulasten der bisherigen Altaktionäre gehen. Zwischen 6,50 Euro und 8,50 Euro sollte sich die Bodenbildung, die im Dezember begonnen haben dürfte, erst einmal fortsetzen.

Chemische Reaktionen in beide Richtungen

Enttäuschende Perspektiven vom amerikanischen Chemiekonzern DowDuPont drücken BASF-Aktien. Seit Wochen leiden Chemiepapiere hierzulande darunter, dass sich die Aussichten in der Branche eintrüben. Im Dax trifft das neben BASF vor allem Covestro. Auch hier hat die Aktie einen außergewöhnlichen Rückgang hinter sich.

Doch sind die Perspektiven in der Chemie wirklich so schlecht? Das Grundproblem ist ein Dilemma: Einerseits ist der Aufwand für Rohstoffe und Vorprodukte immer noch hoch; andererseits lässt sich dies angesichts der eingetrübten Wirtschaftsaussichten nicht mehr ohne weiteres über die Preise auf die Kunden abwälzen. Die Angst vor einem Abdriften Chinas, die wichtigste Triebkraft im asiatischen und damit größten Chemiemarkt, kommt dazu.

Wie schnell der Wind drehen kann, zeigt das Beispiel Covestro. Weil die Preise für wichtige Schaumstoffprodukte in der Branche nun doch wieder anziehen, hat die Aktie seit Jahresanfang um ein Fünftel zugelegt. Auch wenn damit nur ein kleiner Teil der Verluste ausgeglichen ist, die Covestro seit Herbst erlitten hat, dürften die Kurse letztlich zwischen 40 und 50 Euro einen Boden finden.

Bei BASF sind Gewinnsteigerungen in diesem Jahr erst einmal wenig wahrscheinlich. Dafür ist die Aktie durch den schweren Rückgang der vergangenen Wochen günstig geworden. Dazu gibt es fünf Prozent Dividendenrendite, eine solide Bilanz im Rücken – und die Chance, beim nächsten Branchenanstieg wieder mit dabei zu sein.

Siemens mit Potenzial, Zurückhaltung bei Wirecard und SAP

Dass die Angst vor einem schweren Konjunkturrückschlag unbegründet ist, zeigt sich besonders gut an Siemens. In der wichtigen Kraftwerkssparte hat Siemens noch Probleme, die Entwicklung über den gesamten Konzern betrachtet ist aber durchaus gut. In den vergangenen Monaten kamen reichlich neue Aufträge herein, Siemens hat ein Auftragspolster von 137 Milliarden Euro – so viel, wie noch nie. Vor allem in der Bahntechnik sind die Aussichten gut. Für Siemens ist das ein besonderer Vorteil. Sollte die EU die geplante Fusion des Bahngeschäfts mit den Bahnaktivitäten des Konkurrenten Alstom nicht erlauben, könnte Siemens sein Bahngeschäft allein an die Börse bringen und einen schönen Milliardenerlös erzielen.

Aktuell notiert die Aktie deutlich unter der 100-Euro-Marke. Grund dafür ist der Dividendenabschlag von 3,80 Euro. Kurzfristig könnte sich die Abwärtsentwicklung der Aktie fortsetzen, bei Kursen um 90 Euro sollten dann wieder verstärkt Käufer kommen.

Wertvolle Hinweise von hartgesottenen Spekulanten

Schwer eingeschlagen hat es bei Wirecard; ausgerechnet kurz nach passabel ausgefallenen Zahlen. Nun ermitteln Staatsanwaltschaft und BaFin nach auffallend hohen Kursverlusten. Egal, wie die Ergebnisse ausfallen, Anleger sollten hier sehr vorsichtig sein. Shortseller, in deren Visier Wirecard schon mehrmals geraten ist, nehmen in der Regel ja nicht unterbewertete Substanzunternehmen aufs Korn, sondern Aktien, in denen reichlich Luft und Hoffnung stecken. Genauso ein Fall ist Wirecard. Gemessen an vergleichbaren Papieren der Branche sind Wirecard-Aktien eindeutig überbewertet. Und die hohen Erwartungen der Analysten, den Nettogewinn 2019 um fast 40 Prozent zu steigern, muss Wirecard erst einmal schaffen.

Eine Enttäuschung machten Skeptiker bei SAP aus, weil die Neubestellungen im wichtigen Cloud-Geschäft nicht mehr ganz so dynamisch zulegten wie im vorangegangenen Quartal. Dazu dürften Extrakosten für Restrukturierungen anfallen, die das erste Quartal 2019 etwas schwächer ausfallen lassen können. Insgesamt dürfte sich die Margenerholung bei SAP etwas weiter hinauszögern. Im Kurs dürfte das dazu führen, dass zwischen 85 und 90 Euro eine weitere Schleife ansteht.

Insgesamt deuten die Zahlen der Dax-Unternehmen darauf hin, dass die einst optimistischen Hochrechnungen von großen Gewinnsteigerungen 2019 nicht aufgehen. Allerdings stecken die meisten Dax-Unternehmen die Abschwächungen der vergangenen Monate besser weg, als es einem Rezessionsszenario entspricht. Von großer Krise kann bei der überwiegenden Mehrheit der Dax-Unternehmen überhaupt keine Rede sein.

Das spiegelt sich in der Entwicklung des Index wider. Zwar ist der Dax noch nicht bis an das mittelfristige Ziel 11.600 Punkte gekommen, doch zur wichtigen Untergrenze 10.900 bis 11.000 Punkte ist genug Sicherheitsabstand. Wenn der Dax im Februar dieses Niveau weiter verteidigt, könnte danach im Frühjahr eine neue Phase der Kletterpartie beginnen. Auslöser dafür könnten Fortschritte im Handelsstreit zwischen USA und China werden. Immerhin, bis 1. März wollen beide Parteien hier spätestens eine Lösung präsentieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%